- Bundestagsanalysen
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeden Morgen geht mein erster Blick zu den Eilmeldungen: Was ist passiert in der Welt? Natürlich ist gerade der Angriffskrieg gegen die Ukraine im medialen und in unser aller Fokus; aber wir dürfen die anderen Krisen dieser Welt nicht vergessen. Auch aus Afghanistan kommen stetig besorgniserregende Meldungen. Ich will exemplarisch nur zwei nennen:
Rund 95 Prozent der Menschen in Afghanistan haben nicht genug zu essen. Gerade Kinder und Jugendliche sind besonders betroffen. Es kommt laut Medienberichten sogar immer häufiger vor, dass Eltern eines ihrer Kinder verkaufen, um die übrigen ernähren zu können.
Vor nicht einmal zwei Wochen war überall zu lesen: Die Taliban haben verordnet, dass Frauen sich in der Öffentlichkeit wieder vollkommen zu verschleiern haben.
Die Meldungen zum Leid in Afghanistan scheinen sich immer mehr zu verdichten. Darum möchte ich an dieser Stelle zuerst ganz klar sagen: Wir werden unser Engagement für die Bevölkerung vor Ort fortsetzen. Es ist schwierig – ja –, aber das darf uns nicht abhalten.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Des Weiteren müssen wir Lehren aus der Vergangenheit, aus dem 20‑jährigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan ziehen, aufklären und aufarbeiten – und das ganz selbstkritisch mit einer am Ende ehrlichen Bilanz. Dafür haben wir uns als Koalitionsfraktionen vorgenommen, sowohl einen Untersuchungsausschuss als auch eine Enquete-Kommission einzusetzen, um unabhängig Missstände in der Exekutive aufzudecken und das Fehlverhalten von Verantwortlichen zu überprüfen. Beide Untersuchungsgremien werden eigene Schwerpunkte setzen und sich doch ergänzen. Damit geht unser Aufklärungsvorhaben noch weit über die Forderung der Oppositionsfraktion AfD hinaus, ist präziser und aus meiner Sicht auch logischer.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich frage mich ohnehin – das ist hier schon mehrfach angeklungen –, wozu die AfD einen Untersuchungsausschuss beantragen will, wenn sie schon im Antragstext unterstellt, das Ergebnis bereits zu kennen,
Das Ergebnis ist doch bekannt! Das ist ein Desaster!)
weil es dann keinen Untersuchungsausschuss mehr bräuchte. Somit hat die AfD ihren eigenen Antrag überflüssig gemacht.
Uns als SPD ist eine unabhängige und umfassende Aufklärung hingegen wichtig. Wir Abgeordnete tragen gegenüber den Einsatzkräften eine besondere Verantwortung, sie künftig besser zu schützen und keinen unnötigen Gefahren auszusetzen. Als Verteidigungspolitikerin ist mir das ein besonderes Anliegen.
Der Einsatz in Afghanistan war eine Zäsur. So beschreibt es die Wehrbeauftragte in ihrem aktuellen Bericht. 59 Soldaten starben in Afghanistan, viele weitere müssen bis heute mit körperlichen und psychischen Folgen leben. Ich sehe es als meine Aufgabe an, dass wir im Parlament aufklären, welche Fehler es bei diesem Auslandseinsatz gegeben hat, damit wir sie in Zukunft bei anderen Einsätzen vermeiden können.
Es wäre besser gewesen, die Fehler erst gar nicht zu machen!)
Die Bundeswehr hat allerdings in Afghanistan auch gezeigt, was sie zu leisten imstande ist. In kürzester Zeit, nämlich in nur 11 Tagen, ist es ihr gelungen, mehr als 5 000 Menschen nach Deutschland in Sicherheit zu bringen. Diese Evakuierungsmission war schwierig und extrem gefährlich. Es war eine enorme Leistung unserer Streitkräfte. Aus Gesprächen mit der Truppe, mit einzelnen Soldatinnen und Soldaten, weiß ich, dass sie alles ihnen Mögliche getan haben, um so viele Menschen wie möglich zu retten. Ich bin fest davon überzeugt: Sie hätten gerne noch mehr getan.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der letzte A400M mit dieser Rettungsaktion auf dem Fliegerhorst in Wunstorf landete. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nicht Abgeordnete, sondern Bürgerin im Nachbarort von Wunstorf, welches heute zu meinem Wahlkreis zählt. Durch diese örtliche Nähe kenne ich einige Soldatinnen und Soldaten, auch Piloten, und habe diese Zeit sehr emotional miterlebt. Mir ist es jetzt als Parlamentarierin ein Bedürfnis – und ich bin froh über diese Gelegenheit –, hier heute noch einmal unserer Parlamentsarmee für diesen Einsatz herzlich Danke zu sagen. Ein besonderer Gruß und Dank geht natürlich an das Lufttransportgeschwader 62 nach Wunstorf.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zum Abschluss noch einmal ganz ausdrücklich: Wir werden diesen Einsatz aufarbeiten und unsere Schlüsse daraus ziehen. Dafür braucht es keinen unlogischen Antrag der AfD-Fraktion, den wir natürlich ablehnen werden.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)