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Sehr geehrter Herr Präsident! Manchmal ist es nötig, von dieser Stelle aus zu erklären, was der Unterschied zwischen einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 unserer Verfassung und einer Enquete-Kommission ist: Ein Untersuchungsausschuss arbeitet explizit mit dem Mittel der Beweisaufnahme. So steht es in Artikel 44. Er ist ein Mittel zur Aufarbeitung politischer Verantwortung und von Schuldfragen. Eine Enquete-Kommission arbeitet auf wissenschaftlicher Basis. Hier wird mit den Erkenntnissen und den Erfahrungen aus der Vergangenheit an der Zukunft gearbeitet.
Die antragstellende AfD verteufelt den Bundeswehreinsatz in Afghanistan in Gänze. Dabei verschweigt sie, dass die Bundeswehr im Jahr 2001 im Rahmen von NATO-Beschlüssen aufgrund der Bündnisverpflichtung im Artikel 5 zusammen mit allen NATO-Partnern am Einsatz teilnehmen musste.
Das war aber Enduring Freedom!)
Wären wir damals nicht mitgegangen, wären wir heute nicht mehr in der NATO.
Das war Enduring Freedom!)
Offensichtlich ist dies die Intention der antragstellenden AfD. Wladimir Putin ist dieser Partei immer wieder zu großem Dank verpflichtet.
Das ist falsch! Inhaltlich falsch!)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Afghanistan-Einsatz begann zehn Jahre vor der Gründung der AfD.
Abg. Jan Ralf Nolte [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Müller, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Nein, erlaube ich nicht. – Trotzdem will uns diese Fraktion hier erklären, dass man schon immer gewusst habe, dass unsere Teilnahme am Einsatz schon immer ein grundlegender Fehler gewesen sei. Wie anmaßend ist diese Einstellung? Mit dem Wissen von heute wollen Sie diejenigen verurteilen, die vor 20 Jahren in einer akuten Lage brutalster Terroranschläge eine Entscheidung treffen mussten.
Osama Bin Laden und seine Schergen von al-Qaida lebten in Afghanistan und wurden von der damaligen Talibanregierung toleriert und protegiert. Von dort aus haben sie in der ganzen Welt hochkomplexe und blutigste Terroranschläge auf Zivilisten geplant und exekutiert. Die U-Bahn-Anschläge von Madrid und London, der unvorstellbar brutale Anschlag auf das World Trade Center, die Tausenden von getöteten unschuldigen Zivilisten, all das wollte die AfD offensichtlich dauerhaft in Kauf nehmen, um die Terrorbanden in Afghanistan nicht dabei zu stören. Wie zynisch ist es, wenn Sie in Ihrem Antrag behaupten – Zitat –, „der westliche Eingriff in Afghanistan“ sei eher „friedenshemmend als ‑förderlich gewesen“? Diese üble Geschichtsklitterung sagen Sie den Waisenkindern und Witwen des 11. September 2001 ins Gesicht. Es ist wirklich zum Schämen!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Große Koalition hat die Mission Resolute Support auch aus meiner Sicht viel zu wenig evaluiert. Sie hat sie immer wieder unverändert verlängert, ohne sich einmal selbst zu hinterfragen,
Das macht ihr in Mali jetzt auch!)
ohne Erfolge, Misserfolge und Auswirkungen gründlich auszuwerten und die eigene Strategie einmal zu überprüfen. Ich selbst habe daher in den letzten vier Jahren nur ein einziges Mal einer Verlängerung von Resolute Support zugestimmt, danach nie mehr, weil auch ich nicht mehr von diesem Einsatz überzeugt war.
Deswegen bin ich besonders dankbar, dass unsere Koalition eine gründliche Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes vornimmt, und zwar so, wie es geboten ist: die Klärung der Verantwortung für die damalige Situation der Ortskräfte, der fatalen Lagefehleinschätzung im August 2021, des Evakuierungschaos in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wo Sie Ihre Fragen alle stellen können. Und nebenbei erfolgt parallel die wissenschaftliche Aufarbeitung der Lehren aus dem Einsatz, also was man mit einem Auslandseinsatz grundsätzlich erreichen kann und was nicht, im Rahmen einer Enquete-Kommission. Das ist genau der richtige Ansatz, und so haben wir es im Koalitionsvertrag auch vereinbart.
Beide Gremien, Enquete-Kommission und Untersuchungsausschuss, starten in diesem Sommer mit ihrer Arbeit. Wir freuen uns daher auf eine breite Zustimmung für dieses Vorgehen in diesem Haus.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Die AfD-Fraktion hat eine Kurzintervention beantragt. Das ist die letzte, die ich zu diesem Themenkomplex zulassen werde von der AfD-Fraktion. Der Kollege Wundrak hat das Wort.