Wann wollen Sie eigentlich die anderen Einsätze beenden? Weil wir jetzt ja mal grundsätzlich darüber nachdenken müssen. Zum Beispiel im Kosovo: 20 Jahre, 50 Jahre, 100 Jahre? Nie beziffern Sie ein Ende der Einsätze. über 17 Milliarden Euro sinnlos ausgegeben, das Leben und die Gesundheit von Soldatinnen und Soldaten geopfert, den Tod von afghanischen Frauen, Männern und Kindern in Kauf genommen. Man kann mittels Krieg nicht die soziale, religiöse, staatliche Entwicklung eines Landes umstülpen, auch nicht zum Guten. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Krieg in Afghanistan war von Anfang an falsch. Die einzige konsequente Gegenstimme, schon zu Beginn, kam von der PDS, später auch von der Linken. Allerdings räume ich ein, dass wir beim Antrag der Regierung auf Abzug der Bundeswehr und Rettung von Menschenleben absolut daneben entschieden haben, nämlich mit Ja, Nein und Enthaltung – absurd! Wir hatten 20 Jahre lang recht, und dann das. Na schön! Dieser Krieg hatte zu keiner Zeit die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung unseres Landes – zu keiner Zeit! Sie haben 20 Jahre lang die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung ignoriert, Die Taliban sind heute stärker denn je. Nichts von dem, was die Bundeswehr dort schaffen wollte, hat Bestand. Das Streben der deutschen Außenpolitik seit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien, das internationale Gewicht Deutschlands durch immer neue Militär- und Kriegseinsätze der Bundeswehr zu erhöhen, hat sich mit dem fluchtartigen Ende in Afghanistan endgültig als gescheitert erwiesen. Am schlimmsten aber ist, dass Sie nicht daraus lernen. In Mali wiederholt sich das Desaster. Die zweite Putschregierung dort lehnt Wahlen ab, Frankreich zieht seine Truppen zurück, aber der Bundestag soll morgen die Verlängerung beider Einsätze beschließen. Umso dringender wäre eine gründliche und schonungslose Aufarbeitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Versprochen wurde dies noch von Bundeskanzlerin Merkel. Auch im Koalitionsvertrag ist von einer Enquete-Kommission, einem Untersuchungsausschuss und einer interministeriellen Arbeitsgruppe die Rede. Aber selbst ein Dreivierteljahr nach dem Ende des Krieges gibt es nichts davon. SPD, Grüne und FDP bieten im Verein mit der Union nun ausgerechnet der Rechtsaußenseite des Hauses die Gelegenheit, die große Aufarbeiterin zu geben – tja –, jener Partei, der es mit der Abschiebung von Menschen nach Afghanistan trotz des Krieges nie schnell genug gehen konnte und die auch heute kein Problem damit hat, Menschen in die Talibanherrschaft zu schicken, jener Partei, die mit der gewaltsamen Abwehr von Flüchtlingen überhaupt keine Probleme hat, jener Partei, die gerade versucht, sich als Friedensbewegung zu inszenieren. Sie können niemals Teil der Friedensbewegung sein, weil Sie eine Partei des Unfriedens, der Diskriminierung, des Hasses, des Rassismus und des Antisemitismus sind. Schon deshalb muss man Ihren Antrag ablehnen, und zwar durch alle anderen Fraktionen des Hauses. Aber das ändert nichts daran, dass man der Ampelkoalition offensichtlich auf die Sprünge helfen muss, damit das Afghanistan-Desaster endlich aufgearbeitet wird. Wir werden einen besseren Antrag einreichen. Es bleibt eine dringende Aufgabe, den Menschen zu helfen, die der Bundeswehr geholfen haben, die sich zu demokratischen Werten und Frauenrechten bekannten und bekennen. Doch die Bundesregierung hat es bisher nicht einmal geschafft, wenigstens alle Menschen in Sicherheit zu bringen, die unmittelbar mit Bundeswehr, GIZ und anderen deutschen Einrichtungen zusammengearbeitet haben. Dieser hartherzige, abwehrende Umgang ist eine Schande für uns. So wie wir Menschen helfen, die aus der Ukraine vor den russischen Angriffen fliehen, so ist es auch unsere Pflicht, den Menschen zu helfen, die vor den Taliban fliehen. Es darf keine Geflüchteten erster, zweiter und dritter Klasse geben. Regierungsfraktionen und Union wollen die gigantischste Aufrüstung in der bundesdeutschen Geschichte beschließen. Russland wird Deutschland nicht angreifen. Und wenn doch, wäre es ein Bündnisfall. USA, Großbritannien, Frankreich und viele andere müssten eingreifen, und wir hätten den dritten Weltkrieg. Deshalb umgekehrt: Nach dem Krieg Russlands gegen die Ukraine brauchen wir Deeskalation, Abrüstung, viel mehr Diplomatie, Interessenausgleich – auch das Gegenüber hat ja Interessen – und endlich die strikte Wahrung des Völkerrechts von allen Seiten.