- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir reden ja heute in einer ganz besonderen Situation über den Europäischen Rat, in einer Situation, die ich jedenfalls noch nicht erlebt habe. Wir reden in Deutschland und Europa über einen brutalen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, mit schon jetzt Tausenden und Abertausenden von Opfern.
In Hunderten von Jahren war Europa stets ein Kontinent des Krieges. Durch die Europäische Union, durch die europäische Einigung, durch den europäischen Zusammenhalt ist Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Kontinent des Friedens geworden. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns immer vor Augen halten, wenn wir hier über das eine oder andere innenpolitische Scharmützel reden; das ist aus meiner Sicht nämlich auch nicht angemessen bei dem, was hier diskutiert wird.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nachdem diese Friedensordnung vor 30 Jahren durch die Balkankriege im ehemaligen Jugoslawien zerstört wurde, wird sie jetzt durch Putin und seinen brutalen Angriffskrieg zerstört. Ich halte es für die richtige, die angemessene Reaktion, wenn der Bundeskanzler sagt, er fährt mit klaren Zielen auf diesen Gipfel: mit dem Ziel, Europa zu stärken; mit dem Ziel, Europas Sicherheitspolitik zu stärken; mit dem Ziel, Europas Demokratie zu stärken. Für diesen Kurs, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben der Bundeskanzler und die Bundesregierung die Unterstützung der gesamten SPD-Bundestagsfraktion.
Beifall bei der SPD)
Worauf kommt es denn in der Europäischen Union an? Es kommt auf Handlungsfähigkeit und Zusammenhalt an. Ich finde, die häufig zu Unrecht viel gescholtene Europäische Union hat in den letzten zehn, zwölf Wochen ihre Handlungsfähigkeit an den Tag gelegt: mit Wirtschaftshilfen, mit humanitärer Hilfe, mit der Aufnahme von Flüchtlingen, mit Waffenlieferungen, mit unzähligen Initiativen für Diplomatie in Richtung Waffenstillstand und auch mit mehreren Sanktionspaketen, die ihresgleichen suchen und die wirken.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es richtig, dass wir auf dem Europäischen Rat über Dinge reden, über die wir früher nie geredet hätten; der Bundeskanzler und die Bundesregierung werden das machen. Ich finde es richtig, dass ein Ölembargo gegen Russland auf der Tagesordnung des nächsten Rates steht. So schwer einem das auch fällt: Es gibt dazu wenig Alternativen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich finde es auch richtig, dass ein Gasembargo nicht auf der Tagesordnung steht; denn bei allen Sanktionen – das hat der Bundeskanzler betont – geht es darum, dass sie vor allen Dingen Putin, vor allen Dingen Russland schaden und nicht uns selbst. Deshalb ist das, was der Bundeskanzler hier vorgetragen hat, genau der richtige Kurs, der die volle Unterstützung des gesamten Hauses verdient.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich finde es richtig und klug, dass auf dem Gipfel darüber geredet wird, wie die europäische Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden können. Schweden und Finnland wurden hier angesprochen. Schweden war 200 Jahre lang neutral. Finnland gehörte länger zum russischen Zarenreich, als es eigenständig ist. Diese beiden Länder unter der Führung zweier Regierungschefinnen und Ministerpräsidentinnen haben in zehn Wochen gezeigt, was eine Zeitenwende bedeutet: Sie haben nämlich all das, was sie 100 oder 200 Jahre für richtig gehalten haben, über Bord geworfen, weil es eine völlig neue Bedrohung in Europa gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen: Auf diesem Rat muss und wird auch darüber geredet werden, wie es eigentlich mit der Beitrittsperspektive für die Länder des westlichen Balkans aussieht und was aus den Versprechen geworden ist, die die Europäische Union und viele Regierungen in Europa den Ländern des westlichen Balkans seit vielen Jahren machen. Ich bin dafür, dass man die Versprechungen in Realitäten umsetzt und diese Länder Schritt für Schritt in die Europäische Union integriert. Ich glaube, es ist allerhöchste Zeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wenn wir über Europa und die Ukraine reden: Es ist doch klar – ich sehe hier gar nicht so viele Unterschiede –, dass wir den Weg der Ukraine in die Europäische Union tatkräftig unterstützen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn man darüber redet, Weichen richtig zu stellen – und das muss man heute machen, damit Europa auch morgen weiter stark ist –, dann ist es gut, dass wir eine EU-Zukunftskonferenz haben. Die vielen guten Vorschläge werden wir uns alle anschauen, und zwar so schnell wie möglich; denn ich glaube, dass es notwendig ist, dass es geboten ist, dass es zeitgemäß ist, in der Europäischen Union einige Dinge zu verbessern, auch für mehr Integration zu sorgen. Wenn das innerhalb der Verträge geht – wunderbar –, dann machen wir das innerhalb der Verträge. Wenn es nötig ist, es außerhalb der Verträge zu machen, dann machen wir das außerhalb der Verträge und organisieren über einen Konvent neue Möglichkeiten für das weitere Zusammenwachsen der Europäischen Union, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zusammengefasst: Es steht viel auf dem Spiel, und jeder Oppositionsführer, jede Oppositionsführerin kann hier zum Glück sagen, was er oder was sie will; denn das ist ein freies Land, ein freies Parlament. Aber jeder muss auch wissen, was er hier in einer Situation sagt, wo mehr auf dem Spiel steht als die nächste Kommunalwahl irgendwo in Deutschland.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es stehen Frieden und Sicherheit in Europa auf dem Spiel.
Schönen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Alexander Dobrindt.
Beifall bei der CDU/CSU)