– Da klatschen Sie sogar noch. – Aber Sie beschließen hier ein Gesetz, mit dem Sie die Sanktionen nicht komplett abschaffen. 80 Prozent der Sanktionen werden ja beibehalten, weil sich 80 Prozent der Sanktionen auf Meldeversäumnisse beziehen. Da frage ich Sie: Was gilt denn jetzt? Sind Sanktionen schlecht, oder sind sie nicht schlecht? Wenn sie schlecht sind, dann hätten Sie sie komplett abschaffen müssen. Das tun Sie offensichtlich nicht. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen, Kollegen! Es geschehen noch Zeichen und Wunder hier im Plenum. Vor zwei Wochen habe ich exakt an dieser Stelle kritisiert, dass Sie bisher noch nicht einmal Ihr so einfaches Gesetz für ein Sanktionsmoratorium vorgelegt haben, sodass man schon die Befürchtung haben musste, dass das Jahr schneller vorbei sein wird, als Sie mit diesem Gesetz hier um die Ecke kommen. Aber offensichtlich hat die Kritik Wirkung gezeigt; denn Sie legen heute Ihr Gesetz vor. Es ist aber ein seltsames Pflaster, was Sie hier vorlegen. Ich möchte das an drei Punkten kritisieren. Es gibt einmal Meldeversäumnisse – das betrifft diejenigen, die nicht zum Termin erscheinen –, und dann gibt es Pflichtverletzungen; das betrifft diejenigen, die sich zum Beispiel hartnäckig weigern, eine zumutbare Arbeit zu machen. Was Sie mit diesem Gesetz vorsehen, ist, dass die Meldeversäumnisse weiterhin sanktioniert werden sollen, die Pflichtverletzungen aber nicht mehr. Auf Deutsch: Die Kleinen hängen Sie, und die Großen lassen Sie laufen. Das verstehe, wer will. Ich weiß nicht, wie Sie einer Aldi-Kassiererin, die hart arbeitet, ihr Geld sauer verdient, Steuern zahlt, erklären wollen, dass mit ihrem Steuergeld solche Menschen subventioniert werden, die sich hartnäckig der Solidargemeinschaft verweigern. Wir halten das für falsch. Das zerstört das Vertrauen in den Sozialstaat. Ganz ehrlich: Da verstehe ich auch die Grünen nicht. Sie haben uns acht Jahre lang hier – zum Teil zusammen mit den Linken – immer wieder gesagt: Sanktionen sind Drangsaliererei. Sie verheddern sich in Widersprüchen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Dass Sie vielleicht nicht auf die Opposition hören wollen, ist zwar unverständlich, aber nachvollziehbar. Aber dann hören Sie doch wenigstens auf den Chef der Bundesagentur für Arbeit, der wiederholt gesagt hat, dass Sanktionen notwendig sind, um mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. Verweigern Sie sich doch nicht den Expertinnen und Experten der Bundesagentur für Arbeit. Ein kleines Detail ist wirklich spannend. Bisher wollten Sie die Geltungsdauer dieses Gesetzes bis zum 31. Dezember 2022 begrenzen, weil Sie ab dem 1. Januar 2023 das Bürgergeld einführen wollen. Jetzt reden Sie davon, dass die Geltungsdauer dieses Gesetzes zwölf Monate ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens betragen soll. Offensichtlich brauchen Sie also doch etwas mehr Zeit, um Ihre Megareform „Bürgergeld“ durchzuführen. Das zeigt, dass Sie sich heillos verzetteln. Da muss man schon fragen: Warum ist das so? Wir finden, dass Sie sich mit dem Thema Sanktionen viel zu stark beschäftigen. Das betrifft nämlich wirklich nur 3 Prozent, also 3 von 100 Leuten im SGB‑II-Bezug. Das ist eine absolute Minderheit. Die wirklichen Probleme gehen Sie nicht an. Und Sanktionen sind keine Drangsaliererei; sie sind Alltag in unserem Leben. Wenn der Schüler seine Hausaufgaben nicht macht, dann gibt es eine Strafarbeit. Wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit kommt, dann gibt es eine Abmahnung, bis hin zum Gehaltsverzicht. Wenn Sie falsch parken, dann müssen Sie einen Strafzettel bezahlen. Warum soll es dann auf einmal Drangsaliererei sein, wenn ein Arbeitsloser seinen Pflichten nicht nachkommt? Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Kümmern Sie sich um die wahren Probleme! Es geht um Suchtprobleme, es geht um finanzielle Probleme, es geht um familiäre Probleme, die zusammen mit den Kommunen zu lösen sind. Da wäre das Geld besser eingesetzt. Herzlichen Dank.