Vielen Dank. – Herr Präsident! Lieber Minister Buschmann, liebe Ministerin Paus, wir haben zusammen den Koalitionsvertrag im Bereich Gleichstellung verhandelt. Nichts war so schnell klar wie der Punkt, dass wir in dieser Koalition den § 219a ersatzlos streichen, und das ist gut so. In der gleichen Verhandlung haben wir verabredet, dass wir zum § 218 und zur Reproduktionsmedizin eine Kommission einsetzen werden, die sich mit diesen Dingen befasst. Sehr geehrte Frau Kollegin Bär, wenn Sie Ihre Rede heute nach Einsetzung der Kommission gehalten hätten, hätte sie gepasst. Aber zu § 219a hat sie wirklich nicht gepasst. Die CDU/CSU spricht in ihrem Antrag und auch in der Debatte heute von der Banalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und von fehlender Ernsthaftigkeit in der Debatte. Und Sie von der Union sagen, dass das ungeborene Kind bei uns ausgeblendet werde. Das ist einfach dummes Zeug. Schauen Sie nicht durch Ihre konservative Brille! Schauen Sie die Realität von Frauen an, die sich in einer solchen Konfliktsituation befinden und die eventuell vor einem Schwangerschaftsabbruch stehen! Weil wir heute wieder so viel zum geschichtlichen Abriss gehört haben, habe ich noch mal nachgeschaut: In der Weimarer Republik wurde die Strafe bei Schwangerschaftsabbrüchen von Zuchthaus auf Gefängnis gesenkt. 1933 wurden dann wieder erhebliche Verschärfungen bis zur Todesstrafe vorgenommen. Auch die Anpreisung wurde wieder unter Strafe gestellt. Das ist der Fakt. Wir diskutieren seit fast 100 Jahren darüber, und ich bin froh, dass wir den § 219a jetzt endlich streichen. Wir haben das Problem in der letzten Legislaturperiode leider nicht lösen können. In unserer „Vorschwangerschaft“ zur Koalition sind wir der Union da ziemlich weit entgegengekommen, das Problem haben wir aber nicht gelöst; denn auf der Liste der Bundesärztekammer finden sich längst nicht alle Kliniken und Praxen, die Abtreibungen vornehmen. Für Baden-Württemberg mit 11 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sind gerade mal 16 Kliniken und Praxen aufgeführt, für eine Unistadt wie Freiburg oder Ulm nicht eine einzige. Das heißt, die Frauen finden eben nicht die Informationen, die sie brauchen. Zu dem, was Ärztinnen und Ärzte auf ihren Homepages schreiben, gehören ja auch Informationen zur Möglichkeit von Narkose und Betäubung, zur Kostenübernahme, zur Nachsorge, zu mitzubringenden Unterlagen usw. Das alles steht eben nicht auf der Homepage der Bundesärztekammer; das ist das Problem. Es geht nicht darum, dass hier für Schwangerschaftsabbrüche geworben werden soll. Das ist eine böse Unterstellung. Es geht doch nicht darum, zu sagen: „Bekomme drei, zahle zwei!“, „Sammeln Sie Punkte!“ oder „Auf diese Praxis können Sie bauen!“. Es geht darum, dass wir den Frauen die Informationen zukommen lassen wollen, die sie brauchen. Wir wollen das ungeborene Leben schützen, und zwar nicht durch Strafandrohung. Was wir für das ungeborene Leben brauchen, das ist bezahlbarer Wohnraum in entsprechender Größe, ein ordentliches Entgelt für die Frauen. Wir brauchen gute Kinderbetreuung usw. usf. Dadurch schützen wir ungeborenes Leben, nicht durch Strafandrohung. Um was es mir auch noch geht: Diese Debatte heute steht im Kontext mit Debatten, die auf der ganzen Welt geführt werden. In Polen streiten die Frauen um ihr Recht auf Selbstbestimmung, in den USA streiten sie um ihr Recht auf Selbstbestimmung. Aber hier streiten wir aktuell nur darum, ob Ärzte ihre Patientinnen informieren dürfen, um sonst nichts. Deshalb ist es gut, dass wir den § 219a streichen. Den Kampf als solchen werden wir weiterführen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.