Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vierten Staffel der Serie „Stromberg“ wird deren Hauptfigur aus der Zentrale in die Außenstelle der Capitol Versicherung in Finsdorf versetzt. Ähnlich ergeht es heute Nacht dem Nationalen Normenkontrollrat, nur dass der nichts, aber auch rein gar nichts für seine Degradierung kann. Im Gegenteil, der NKR war ein Erfolg. Die Bürokratiekosten in der Wirtschaft hat er allein in den ersten sechs Jahren um ein Viertel reduziert, die Bürokratiebremse „One in, one out“ eingeführt und erstmalig Gesetze systematisch evaluiert. Dass dem NKR all das gelungen ist, hat maßgeblich damit zu tun, dass er 2006 als unabhängiges Gremium nicht irgendwo in der ministerialen Peripherie, sondern unmittelbar beim Bundeskanzleramt angesiedelt worden ist. Das entsprach einerseits der Logik; denn eine ressortübergreifende Aufgabe wie Bürokratieabbau kann nur mit ressortübergreifendem Personal bewältigt werden, also im Kanzleramt. Andererseits war damit ein klares und eindeutiges politisches Signal verbunden: Bürokratieabbau ist nicht Aufgabe eines einzelnen Ressorts, sondern Aufgabe der gesamten Bundesregierung, sie ist Chefinnen- bzw. Chefsache. Gründe, diese Zuordnung nunmehr zu ändern, gibt es nicht. Bezeichnenderweise fallen auch der Bundesregierung keine Gründe ein. Blickt man in den Gesetzentwurf: Fehlanzeige! Der verweist allein auf den Organisationserlass des Bundeskanzlers. Blickt man da rein: Fehlanzeige! Und fragt man die Bundesregierung: Fehlanzeige! In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage verweist sie lapidar auf eine interne Organisationsentscheidung. Daraus kann man nur eines folgern: Es gibt keine sachlichen Gründe. Der Rauswurf des NKR aus dem Kanzleramt ist einzig und allein dem Posten- und Zuständigkeitsgeschacher Ihrer Koalition geschuldet. Ausgerechnet die FDP erweist dem Bürokratieabbau damit einen Bärendienst. Ja, das Thema ist bei Ihnen zweifellos besser aufgehoben als bei Ihren Koalitionspartnern. Aber glauben Sie denn – bei allem Respekt – im Ernst daran, dass sich regelungswütige Ministerien und Minister wie die für Arbeit, für Umwelt oder für Landwirtschaft auch nur irgendetwas von einem Gremium, das dem BMJ nachgeordnet ist, sagen lassen? Und viel schlimmer, der Rauswurf des NKR aus dem Kanzleramt zeigt doch eines ganz eindeutig: Die Spitze dieser Regierung hat alles, aber sicher kein Interesse an Normenkontrolle. Auch das verwundert nicht; denn Sozialdemokraten haben immer viel mehr von Normen als von Normenkontrolle gehalten. Wer gerne und viel reguliert, der möchte dafür kein Preisschild haben. Die heutige Nacht zeigt schließlich auch eines wieder ganz deutlich: Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei dieser Bundesregierung meilenweit auseinander. Noch im Januar kündigten die Minister Habeck und Lindner an, durch gezielten Bürokratieabbau alte Zöpfe abzuschneiden und unser Land zu entfesseln. Und passiert ist seitdem: nichts. Statt schleunigst ein Bürokratieentlastungspaket auf den Weg zu bringen, schmeißt man lieber den NKR aus dem Kanzleramt und legt damit die Schere aus der Hand, um alte Zöpfe überhaupt abschneiden zu können. So werden Sie alles, aber sicherlich nicht dieses Land entfesseln.