Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den demokratischen Fraktionen! Werte Zuschauer/-innen! – Ja, es ist witzig, dass Sie sich aufregen. Sie wissen schon, dass Sie gemeint sind, auch wenn ich es nicht gesagt habe. Sie wissen selbst am besten, welches fragwürdige Verhältnis Sie zur Demokratie haben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen wir die sogenannte Arbeitsbedingungenrichtlinie der Europäischen Union um. Diese Richtlinie setzt für alle Staaten der EU Standards für vorhersehbare und transparente Bedingungen am Arbeitsmarkt. Wenn Arbeitgeber/-innen und Beschäftigte über einen Arbeitsvertrag verhandeln, geht es natürlich in erster Linie ums Gehalt. Aber später spielen noch ganz andere wichtige Dinge eine Rolle: Arbeits- und Ruhezeiten, Überstunden oder Probezeiten. Wer dringend einen Job braucht, denkt an diese Fragen vielleicht nicht zuerst. Wir alle kennen das: Wenn wir im Internet etwas kaufen, bestätigen wir mit einem Klick die AGB. Wenn es später Probleme gibt, denken wir uns vielleicht: Hätte ich die mal besser gelesen. – Das ist ärgerlich, wenn ich eine neue Jacke nicht mehr umtauschen kann. Aber es ist mehr als ärgerlich, wenn es um meine Beschäftigung geht, von der mein Lebensunterhalt und der meiner Familie abhängt. Deshalb ist es richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Beschäftigten über ihre Arbeitsbedingungen informiert werden müssen – und zwar schriftlich, lieber Kollege Mörseburg –, damit sie die Informationen in der Hand halten und nicht schnell wegklicken können. Lieber Kollege Cronenberg, wenn wir jetzt alles digital machen, freue ich mich, dass wir bald auch die digitale Arbeitszeiterfassung hinbekommen. Insbesondere, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beschäftigten in Plattform- und Digitalunternehmen – Crowdworker, Clickworker, Gigworker –, die in sich schnell wandelnden Beschäftigungsverhältnissen stecken, haben das Recht darauf, zu wissen, unter welchen Bedingungen sie eigentlich einen Job annehmen. Deshalb wollen wir auch für sie heute Rechtsklarheit und Rechtssicherheit durch mehr Transparenz schaffen. Drei Punkte möchte ich kurz anreißen. Erstens. Bald müssen die Arbeitgeber/-innen alle Beschäftigten über ihre Arbeitsbedingungen informieren. Die Arbeitnehmer/-innen, die weniger als einen Monat angestellt sind, bilden dann keine Ausnahme mehr. Das ist gut so. Zweitens. Der Katalog der Informationspflichten wird erweitert. Arbeitgeber/-innen müssen ihre Beschäftigten bald unter anderem auch informieren über Arbeitszeiten, Überstunden, Abrufarbeit, Probezeit und die Befristung von Arbeitsverträgen. Und drittens. Wer eine Kündigung erhält, ist davon natürlich erst mal geschockt. Bis man sich berappelt hat, sind häufig wichtige Fristen verstrichen. Deshalb müssen Beschäftigte wissen, wann und wie sie gekündigt werden können und welche Rechte sie dann haben, um rechtzeitig gegen die Kündigung vorzugehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht uns bei der Umsetzung dieser Richtlinie insbesondere um bessere Arbeitsbedingungen. Beschäftigte müssen ihre Rechte kennen. Sie müssen ihnen verständlich erklärt werden, damit sie sie wahrnehmen können. Das ist nicht nur im Interesse der Beschäftigten, sondern auch im Interesse der Unternehmen, die ihre Beschäftigten fair behandeln. Deshalb ist es richtig, dass die Unternehmen, die ihre Nachweispflichten verletzen und damit gesetzeswidrig handeln, bald auch Geldbußen bekommen können. Am Ende ist es auch in unserem gesellschaftlichen Interesse, weil Beschäftigte, die ihre Rechte kennen und wahrnehmen, besser gemeinsam für eine sozial gerechte Entwicklung unserer Gesellschaft sorgen können, und das wollen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen. Vielen Dank.