Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit mehr als dem ohnehin gebotenen Interesse habe ich mir Ihren Antrag angesehen. Ich muss doch sagen, dass mich die klare Verurteilung des russischen Angriffs durch viele Politiker der Linken beeindruckt hat, so auch – Kollege Schraps hat darauf hingewiesen – in den ersten beiden Sätzen dieses Antrags. Was dann aber folgt, Frau Kollegin Nastic, ist eine krasse Verdrehung der Realität, mit der sie zurückfinden in ihre ideologischen Gräben. Da ist zu lesen, Sie fürchten sich, dass – Zitat – „eine Unterstützung durch NATO-Staaten die militärische Entwicklung außer Kontrolle geraten lassen kann.“ Was für ein verdrehter Blick auf die Realität! Die alleinige Verantwortung für den Krieg liegt bei Russland und seinem Machthaber Putin. Einzig und allein von ihm geht die Gefahr für unseren Kontinent aus. Meine Damen und Herren, wir müssen doch vom Opfer her denken. Das Opfer braucht unsere Unterstützung. Das lehrt die deutsche Geschichte. Grundlos, aus purem Eroberungstrieb hat Russland sein Nachbarland überfallen. Und mehr: Putin negiert die Existenz der ukrainischen Nation. Mir ist völlig rätselhaft – völlig rätselhaft! –, wie Sie von den Linken aus der deutschen Geschichte ableiten wollen, es sei richtig, einem überfallenen Opfer bei der Verteidigung gegen einen brutalen Aggressor nicht zu helfen. Eine solche Haltung ist doch ein Schlag gegen die Menschen, die in der Ukraine um ihr Leben und um ihre Heimat kämpfen. Nein, unsere Geschichte verpflichtet uns, Partei für das Opfer zu ergreifen. Es ist gut, dass wir ukrainische Soldaten ausbilden. Es ist gut, dass Deutschland endlich schwere Waffen liefert. Wir müssen noch viel mehr ausbilden und noch viel mehr liefern. Wir müssen zeigen, wo wir stehen. Ich bin froh, dass nach der Reise unseres Partei- und Fraktionsvorsitzenden die Gesprächskanäle zwischen Kiew und Berlin wieder funktionieren. Ja, gerne. Sie irren in jedem Wort, das Sie gerade gesprochen haben. Sie irren in jedem Wort. Lassen Sie sich von einem Erstsemester des Völkerrechts erklären, wie die Lage ist. Es ist nämlich so: Es gibt ein Richtig und Falsch hier. Putin hat das Völkerrecht auf brutalste Weise gebrochen. Das ist klar; das ist nicht emotional, das ist Völkerrecht. Ich bin jetzt wieder bei den Gesprächskanälen. Das war doch interessant: In Kiew wird genau verfolgt, was wir diskutieren, was wir sagen und was wir eben auch manchmal nicht sagen. Wir haben die Bundesregierung viel zu lange um die Positionierung ringen sehen. Das Ansehen Deutschlands in vielen Teilen Ostmitteleuropas ist doch mächtig ramponiert. Es gab Demonstrationen vor unseren Botschaften im Baltikum, in Ostmitteleuropa. Wenn das Vertrauen erst mal weg ist, ist es unglaublich schwer, es wieder aufzubauen. Dazu, dass das Vertrauen wieder wächst – und das möchte ich Frau Staatsministerin deutlich sagen –, hat die Bundesaußenministerin mit klaren und deutlichen Worten in Kiew viel beigetragen; das war richtig gut. Aber neben den Worten braucht es Taten. Die Ausbildung der rund 100 ukrainischen Soldaten ist eine solche Tat, die uns verlorene Glaubwürdigkeit zurückbringt. Wir müssen insgesamt viel deutlicher sagen und zeigen, was Deutschland für die Ukraine tut, aus voller Überzeugung und in Konsequenz unserer Geschichte. Unser bestes Gegenmittel ist aber ein politisches: der Ukraine eine Perspektive auf eine EU-Mitgliedschaft anzubieten. Hier können wir Deutschen jetzt das politische Heft des Handelns in die Hand nehmen und entschlossen für diesen Weg werben. Der Weg wird nicht leicht, und er wird lang sein. Dennoch: Bereits die EU-Perspektive bringt Orientierung und Stabilisierung, weil jedem klar wird, wo die Zukunft der Ukraine liegt: in der EU; um es noch mal zu sagen: in der EU und nicht in irgendeiner europäischen Wartekammer von rein symbolischen Wert oder einem Klub der schwierigen Nachbarn. Bekäme die Ukraine diese Perspektive nicht, wären die Folgen absehbar schlimm; niemand möchte nach dem Krieg seine Zukunft in einer grauen Zone in einem irgendwie europäisch dekorierten Puffer gestalten. Ein Junktim zum Westbalkan, meine Damen und Herren, ist nicht fair und nicht sachgerecht. Jedes Kandidatenland muss seinen eigenen Weg in die Europäische Union gehen können. Hier kann und muss die Bundesregierung Führungswillen zeigen. Je länger die russische Armee in der Ukraine wütet, desto schwieriger wird das Nachkriegsszenario. Dessen Eckpunkte sollten uns heute schon beschäftigen, insbesondere die Frage nach wirksamen und zuverlässigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Klar ist auch, dass die Kriegsverbrechen untersucht und die Täter verurteilt werden müssen. Russland wird in erheblicher Höhe zum Wiederaufbau des von ihm verwüsteten Nachbarlandes beitragen müssen. Vor all dem verblasst der überflüssige und falsche Antrag der Linken, den wir natürlich ablehnen werden. Danke schön.