Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als anti-rechtsgeschwurbel-politischer Sprecher meiner Fraktion habe ich ja das große Glück, hier regelmäßig den Debattenplatz nach Ihnen zu belegen. Ich muss wirklich sagen, dass Sie es hier heute zum zweiten Mal geschafft haben, sich selber zu toppen: indem Sie unser westliches Verhalten hier als ursächlich für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine dargestellt haben. Das macht mich wirklich fassungslos, macht mich einfach nur fassungslos. Wir beschließen hier die erste Novelle des EnSiG, und das ist dringend notwendig, weil das EnSiG in eine neue Zeit überführt werden muss. Der brutale russische Angriffskrieg in der Ukraine zwingt uns alle in eine neue Realität. Manche sind mitgekommen – die meisten hier im Haus –, einige nicht. Das Gesetz ist von dem Gedanken geleitet, dass niemand kritische Infrastruktur in Deutschland gegen die deutschen und europäischen Interessen missbrauchen darf. Deswegen ergreifen wir wichtige Maßnahmen. Einige sind erwähnt worden, etwa dass die Gasspeicher jetzt erstmalig auch Teil der kritischen Infrastruktur sind. Wir haben im Bereich des Gases bereits in diesem Winter erlebt, dass Russland gezielt aus deutschen Speichern ausgespeichert hat. Wir haben erlebt, dass Russland parallel dazu am Spotmarkt sehr wenig Gas angeboten hat und damit, durch diese beiden Maßnahmen, de facto schon einen wirtschaftlichen Angriff auf unser Land verübt hat. Parallel dazu gab es Hacking-Angriffe, etwa auf große Windparkbetreiber, auf Verteilstationen von Öl. Wer das alles im Zusammenhang sieht, der stellt fest: Nicht nur der Angriffskrieg in der Ukraine ist von Russland verübt worden, sondern auch der gezielte Versuch, im Westen Europas den wirtschaftlichen Schaden parallel dazu möglichst groß zu machen. Eine solche Abhängigkeit und eine solche Gefahr, die damit einhergeht, darf es nie wieder geben! Marktmacht ist immer gefährlich. Aber Marktmacht von autokratischen Regimen ist nicht nur gefährlich, sie ist lebensgefährlich. Wir haben als Ampel die Regierung übernommen in einer Zeit, in der Deutschland in diesem Alptraum mittendrin war. Aus diesem Alptraum der Energieversorgung holen wir das Land jetzt raus, und zwar mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen: mit dem Gasspeichergesetz, das wir schon verabschiedet haben; mit der Änderung des Energiesicherungsgesetzes, die wir jetzt gleich verabschieden werden; mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz, das wir hoffentlich nächste Woche verabschieden können; und selbstverständlich auch mit der größten marktwirtschaftlichen Reform der erneuerbaren Energien, die dieses Land je erlebt hat. Als Ultima Ratio sind in diesem Gesetz auch Maßnahmen angelegt, die nicht zum kleinen Einmaleins des politischen Liberalismus gehören, die lediglich als Ultima Ratio angewendet werden dürfen. Aber Europa ist durch diesen Krieg in eine neue Realität gezwungen, und Teil dieser neuen Realität ist es eben auch, dass wir uns Instrumenten nähern müssen, deren Einsatz wir grundsätzlich sehr kritisch sehen. Sie sind nur Ultima Ratio, aber auch die Möglichkeiten der Treuhand und der Enteignung von in Händen ausländischer Staaten befindlichen Unternehmen, die gegen die deutschen Interessen missbraucht werden, sind hier auf dem Tisch. Wir haben dafür gesorgt, dass, wenn diese Instrumente angewendet werden, sie unter klaren Leitlinien angewendet werden. Enteignete Unternehmen müssen wieder reprivatisiert werden. Die Rechtsverordnung, die das Ganze regelt, muss nicht nur durchs ganze Kabinett, sondern sie muss auch vom Deutschen Bundestag beschlossen werden, innerhalb von drei Sitzungswochen. Über den Stand der Privatisierung muss das zuständige Ministerium dann regelmäßig berichten. Die Reprivatisierung muss erfolgen, wenn und sobald die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Dieses Gesetz bringt Deutschland die Energiesouveränität zurück. Selbst mit diesen Instrumenten sorgen wir kurzfristig genau dafür. Und mittelfristig stärken wir damit sogar den Wettbewerb; denn wir bauen die Marktmacht ab, die an fataler Stelle entstanden ist in den letzten Jahren. Wir sorgen mit einer digitalen Plattform dafür, dass wir guten Überblick darüber bekommen, wer welche Gasmengen verbraucht, um mit den Unternehmen, die große Verbraucher sind, auch ins Gespräch zu kommen. Wir behalten, und das ist ganz wichtig, hier auch Preissignale intakt. Da habe ich mich etwas über die Ausführungen der Union gewundert; denn selbstverständlich müsste es auch in Ihrem Interesse sein, dass gerade bei einer großen Knappheitssituation Preissignale bestehen bleiben, damit die entsprechenden Anpassungsprozesse möglichst effizient im marktwirtschaftlichen Sinne erfolgen können. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.