Nein, vielen Dank. – Das bringt mich zu meinem letzten Punkt, und da geht es darum, dass wir hier nicht nur notwendigerweise, sondern sehr gerne über Probleme in der Pflege sprechen Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Pflegende, die heute hier diese Debatte verfolgen! Ich war vor zwei Tagen zu Besuch in Münster bei einem Streikposten von Verdi, wo Pflegende für einen Tarifvertrag „Entlastung“ auf die Straße gehen. Sie haben dort eine für mich besondere Aktion gemacht, und zwar haben sie sich nicht dafür entschieden, uns Politikerinnen und Politiker, die zu Besuch gekommen sind, erst mal reden zu lassen, sondern dafür, dass Menschen aus der Pflege, aus verschiedenen Professionen dort an der Klinik uns von ihren Erfahrungen berichtet haben. Sie haben davon erzählt, warum sie sich für diesen Beruf entschieden haben und warum sie auch immer noch davon überzeugt sind, dass es ein schöner und ein unfassbar wichtiger Beruf ist. Aber sie haben auch von Überforderung gesprochen, von Situationen, wo man Ängste hatte, wo man alleingelassen war, wo die Kollegin gefehlt hat und man alleine für mehrere Patienten zuständig war, und von Momenten, wo sie das Gefühl hatten, dass sie dem Anspruch, warum sie mal in diesen Beruf gegangen sind – Menschen in Krankheit, im Altern Würde zu erhalten –, nicht mehr gerecht werden können. Damit haben sie natürlich nicht nur ihre eigenen Geschichten erzählt, sondern sie haben auch die Geschichten ihrer Patientinnen und Patienten erzählt. Es ist, glaube ich, unfassbar wichtig, dass wir uns immer in Erinnerung rufen – da bin ich auch solidarisch mit den Menschen, die gerade in der Pflege streiken –: Wenn Pflegekräfte streiken, dann tun sie das niemals nur für sich selbst, sondern sie tun es immer auch für ihre Patientinnen und Patienten. Sie tun es für ein menschenwürdiges Gesundheitssystem, und damit tun sie es für uns alle. Gleichzeitig reicht es natürlich nicht, als Politikerin nur solidarisch mit Streiks zu sein, sondern wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, die es Menschen ermöglichen, dauerhaft in diesem Job zu bleiben; denn der Beruf ist für viele Menschen nach wie vor attraktiv. Wir haben erst heute wieder Zahlen gesehen, dass sich im Jahr 2022 mehr Menschen für eine Ausbildung in der Pflege entscheiden, als es 2021 der Fall war. Das ist ein gutes Signal, aber wir sehen auch, dass immer wieder Menschen diesen Beruf nach nur ein paar Jahren verlassen, weil sie mit der Überforderung und mit der Überarbeitung nicht klarkommen. – Nicht so aufregen! Das ist nicht gut für den Puls. Nach einem großen Stillstand, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, müssen wir es jetzt angehen, diese Rahmenbedingungen zu verbessern. Das tun wir mit ganz vielen Maßnahmen, die schon genannt wurden. Das tun wir mit familienfreundlichen Arbeitszeiten, damit es für Menschen auch wirklich besser und einfacher wird, in diesem Beruf zu arbeiten. Das tun wir mit einer Anhebung der Löhne, gerade im Bereich der Altenpflege. Das tun wir mit der Professionalisierung dieser Berufe, und das tun wir selbstverständlich auch, indem wir endlich eine gute Personalbemessung auf den Weg bringen. Mit der PPR 2.0 sorgen wir dafür, dass der Ausnahmezustand nicht die Normalität ist, sondern dass die Normalität eine gute Ausstattung mit Personal ist. – Wir freuen uns über den Koalitionsvertrag und über Ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag; das ist ja auch sehr schön. Klar ist aber auch: Wir schauen auf die Pflege, aber die Pflege ist immer nur so gut wie das ganze System, in dem sie arbeitet. Auch das war eine Message, die mir die Menschen, die gestreikt haben, noch mal mitgegeben haben: Verbessert unsere Arbeitsbedingungen, aber denkt auch an die Physiotherapeutin, an die Menschen, die in verschiedenen Therapieberufen mit uns zusammenarbeiten, an die Reinigungskräfte in unseren Kliniken und an die Menschen, die hier als Hilfskräfte arbeiten! All diese Menschen brauchen bessere Arbeitsbedingungen; denn das Gesundheitssystem wird in einem Gegeneinander von Ärzten und Pflegekräften nicht funktionieren, sondern es wird nur funktionieren, wenn wir all die Professionen in dem unterstützen, was sie können, und wenn sie all das mit guten Arbeitsbedingungen tatsächlich ausüben können. und dass es auch wichtig ist, über die Fehler, die in den letzten Jahren gemacht wurden, und über Lösungsansätze zu sprechen. Ich würde mir aber wünschen, dass nicht immer – und das kursiert häufig – über die Pflege gesprochen wird, als ob diese Menschen in einer Opferposition seien; denn diese Menschen sind keine Opfer, – – sondern sie sind ganz im Gegenteil Menschen mit einer großen Expertise, mit einem großen Wissen. Deshalb sollten wir Pflegekräfte in Zukunft auch als genau das behandeln, was sie sind: Experten für die Zukunft unseres Gesundheitssystems. In diesem Sinne: Vielen Dank.