Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute steht auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion die Situation der Menschen in unserem Land hier auf der Tagesordnung. Die Preise schießen seit Monaten in den Himmel. Diese Entwicklung begann, lange bevor der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine begonnen hat. Aber die Auswirkungen dieses Krieges beschleunigen die Entwicklung. Die Menschen erleben tagtäglich an der Supermarktkasse, wie die Lebensmittelpreise nach oben gehen. Die Menschen erleben das an der Tankstelle bei den Energiepreisen. Ich will den Hinweis geben, dass viele für Strom und Gas Lieferverträge mit Festpreisen haben, die irgendwann enden werden. Das heißt, wir sehen aktuell noch nicht die volle Wirkung der Inflation; ein Teil der Wirkung wird für die Menschen erst in den kommenden Monaten spürbar werden. Es ist unabänderlich, dass das geschieht. Viele Menschen in unserem Land haben für die Zukunft vorgesorgt, haben eine Altersversorgung außerhalb der gesetzlichen Rente aufgebaut und müssen jetzt erleben, dass durch die Inflation das, was sie an Vorsorge für das Alter aufgebaut haben, entwertet wird. Wenn ich die Teuerungsraten sehe, aktuell 7,4 Prozent, dann muss ich sagen, dass das etwas ist, was über meinen Erfahrungshorizont – ich bin jetzt 28 Jahre Mitglied dieses Parlaments – hinausgeht. Seit 40 Jahren haben wir keine solche Entwicklung in Deutschland erlebt. Deshalb müssen wir dringend dagegenarbeiten, meine Damen und Herren. Nun ist es richtig, dass die Verantwortung für die Geldpolitik zunächst einmal bei der Zentralbank liegt. Die Unionsfraktion respektiert die Unabhängigkeit der Zentralbank. Die Zentralbank hat aber ein Mandat, und wir erwarten, dass die Zentralbank dieses Mandat in dieser außergewöhnlichen Situation entschlossen, kraftvoll und zeitnah wahrnimmt, meine Damen und Herren. Es gibt jenseits der Geldpolitik der Zentralbank aber auch eine Verantwortung der Finanz- und Wirtschaftspolitik, und über die Finanz- und Wirtschaftspolitik in diesem Land müssen wir hier diskutieren. Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, auf diesem Gebiet die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Das Thema der Finanz- und Wirtschaftspolitik hat zwei Dimensionen. Die eine Frage ist: Was können wir tun, um die Ursachen der Inflation zu bekämpfen? – Herr Brandner, Sie haben auch Gelegenheit, sich einzubringen. Bringen Sie sich sachkundig ein, dann brauchen Sie keine wilden Zwischenrufe zu machen. Neben der Frage der Ursachen gibt es die andere Frage der Auswirkungen. Ich glaube, wir stehen in der Verantwortung, dass wir uns um beide Dimensionen des Themas kümmern. Wir müssen die Ursachen bekämpfen, damit die Inflation keine dauerhafte Wirkung ausübt, und wir müssen die Auswirkungen auf die Menschen bekämpfen. Es hat mich gestern sehr gefreut, Herr Bundesfinanzminister Lindner, dass Sie ein Strategiepapier zur angebotsorientierten Politik vorgelegt haben. Ich glaube, dass solche Gedanken einen Beitrag leisten können, um gegen die Ursachen etwas zu tun. Ich erwarte allerdings, dass es nicht ein Papier des Bundesfinanzministers bleibt, sondern dass die Bundesregierung sich dieses Papier umgehend zu eigen macht und dann nicht nur ein Papier auf den Tisch legt, sondern dass die Maßnahmen, die darin zur angebotsorientierten Politik genannt werden, auch zeitnah umgesetzt werden. Da will ich mal ein Beispiel nennen. Wir hätten heute die Chance gehabt, Handelsschranken abzubauen, indem wir über CETA entscheiden. Sie haben das leider von der Tagesordnung genommen, und wir können nicht entscheiden. Das wäre ein Beitrag zur angebotsorientierten Politik – nicht in einigen Monaten, sondern heute, hier aus diesem Haus. Wir stehen vor der Frage: Kommen wir aus einer temporären Inflation in eine dauerhafte Entwicklung hinein, nämlich in eine Lohn-Preis-Spirale? Bisher haben wir sie nicht. Und ich erwarte jetzt von der Bundesregierung, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tut, um gegen eine solche Lohn-Preis-Spirale anzukämpfen; denn es kann nicht sein, dass wir uns dauerhaft in eine Inflationssituation hineinbegeben. Dort stehen Sie in der Verantwortung. Handeln Sie jetzt! Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Themen. Ich will einmal das Thema Staatsschulden herausgreifen. Die Bundesregierung beabsichtigt, im Laufe dieses Jahres Ermächtigungen für neue Kredite in Höhe von 300 Milliarden Euro einzuholen. Darüber werden wir an anderer Stelle diskutieren. Aber ich erwarte, dass wir die Schuldenbremse ab dem 1. Januar 2023 wieder einhalten. Das wäre ein Signal an den Markt, das wäre ein Signal an andere Länder in Europa, und das gäbe der Zentralbank den Spielraum, den sie dringend braucht, um eine vernünftige Geldpolitik zu machen. Zum Abschluss, weil mir die Redezeit, Frau Präsidentin, etwas davonläuft – ich hätte noch viel zu sagen –: Auf europäischer Ebene haben wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt außer Kraft gesetzt. Es wäre dringend notwendig, dass auch er am 1. Januar 2023 wieder in Kraft tritt. Ich erwarte, dass man sich als Bundesregierung nicht hinter der Formulierung „Wir warten die Prüfung der Kommission ab“ versteckt. Nein, hier sind klare Signale an den Markt und an die anderen Mitgliedstaaten im Euroraum notwendig. Wir werden die Diskussion an anderer Stelle weiterführen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.