Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vor wenigen Tagen titelte ein Blatt: „Agrarminister Özdemir einer der drei beliebtesten Politiker“. Dazu erst mal herzlichen Glückwunsch! Doch wie kommt man zu dieser Ehre? Immer schön im Allgemeinen bleiben, nichts konkretisieren, immer schön Verständnis für die Landwirte äußern, aber auch hier ja nicht konkret werden. Und: Bei einer Ernährungs- und Versorgungskrise in Europa und Deutschland – ebenfalls Fehlanzeige. Sorry, Herr Minister, Ihre Beliebtheit stellt leider kein Zeugnis für Ihre Handlungsfähigkeit dar. Sie sind und bleiben Ankündigungsminister! Nun aber ganz konkret zum Thema. Wir reden heute über die 4 Prozent Flächenstilllegung, die ab dem nächsten Jahr geplant sind. Wir als Union fordern ganz klar, diese Stilllegung auszusetzen. Sie als Ampel wollen jedoch auf die nachhaltige Wirkung dieser Maßnahme nicht verzichten. Das ist der politische Spannungsbogen. Die Idee, 4 Prozent der Fläche aus der landwirtschaftlichen Produktion zu nehmen, stammt aus der Zeit einer guten Versorgungslage. Durch den schrecklichen Angriff Putins auf die Ukraine hat sich die Lage jedoch völlig verändert. Wir brauchen diese Flächen dringend, um die Lebensmittelversorgung in Europa und Deutschland zu sichern. Nun argumentieren Sie, dass Sie eine Krise nicht gegen eine andere Krise ausspielen wollen. Okay! Aber wie tragfähig ist diese Argumentation denn überhaupt? Sie sprechen hier immer wieder vom Klimaschutz, und Sie sprechen auch immer wieder die Artenvielfalt an. Daran ist uns als Union im Übrigen genauso gelegen; das will ich hier einmal vorwegnehmen. Schauen wir uns die Sache mal konkret an. Was für eine klimarelevante Bedeutung hat denn die Schwarzbrache? Es geht um die Schwarzbrache; Sie wollen Flächen brach liegen lassen. Worauf kommt es beim Klimaschutz aber an? Kaum Aufwuchs – das ist bei der Schwarzbrache der Fall – bedeutet auch kaum CO2-Bindung; denn wo keine Pflanzen sind, da kann auch kein CO2 gebunden werden. Also schießen Sie komplett am Ziel vorbei. Im Übrigen gilt dasselbe auch für die Insekten und beim Thema Artenvielfalt. Wo Sie keine Pflanzen haben, haben Sie eben auch keine Insekten. Also: Bei Licht betrachtet ist auch das hier ein Trugschluss. Für Insekten ist eine unbewirtschaftete Fläche in etwa genauso langweilig wie ein Kaleidoskop für einen Blinden. Liebe Ampel, Sie erreichen durch diese fragwürdige Maßnahme der Stilllegung überhaupt nicht Ihr Ziel; stattdessen zünden Sie wieder Nebelkerzen. Dabei, Herr Minister, fing der Tag doch so gut an. Heute Morgen lautete die erste Meldung, die ich wahrgenommen habe: „Özdemir will mehr Weizenanbau ermöglichen – EU-Regeln aufschieben“. Ich habe gedacht: Jawohl, endlich! Er hat es verstanden. – Aber wahr ist mal wieder eins: Überschrift erzeugt, aber nichts erreicht. Ist es wirklich Ihr Ernst, dass das Aufheben der Regelungen zur Fruchtfolge im GLÖZ‑7-Standard tatsächlich etwas bringt? Selbst wenn Sie jetzt etwas mehr Weizen produzieren, steht diese Fläche doch anderen Pflanzen und anderen Produktionsrichtungen überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Das ist eine Nebelkerze. Das ist wirklich Schaufensterpolitik. Das ist typisch Özdemir. Das können wir Ihnen an dieser Stelle einfach nicht durchgehen lassen. Dann komm ich noch zu Ihnen, Frau Künast. Sie können es ja auch nicht lassen, immer wieder zu betonen, dass die 4 Prozent im Grunde genommen gar keinen Beitrag leisten würden und könnten, um dieser Krise etwas zu entgegenzusetzen. Ich sage Ihnen: Wir haben in Deutschland 11 Millionen Hektar Ackerland. Wenn Sie davon 4 Prozent nehmen, dann reden wir hier immerhin über 440 000 Hektar. Wenn Sie auf diesen 440 000 Hektar 50 Tonnen Kartoffeln ernten, was nicht ungewöhnlich ist, dann reden wir hier über 22 Millionen Tonnen Nahrungsmittel. Bitte nähern Sie sich diesen Realitäten an, und erkennen Sie an, dass das ein relevanter Beitrag ist, um dieser Krise etwas entgegenzusetzen. Übrigens kriege ich auch nicht zusammen, Herr Özdemir, was Sie in haushaltspolitischen Debatten immer wieder vorbringen. Aus regionalen Gründen ist es verständlich, dass Sie sich hier auf die schwäbische Hausfrau konzentrieren. Aber die käme nicht auf die Idee, wenn das Portemonnaie leer ist, trotzdem noch mal 4 Euro auszugeben, weil es dann ja nicht mehr darauf ankomme. Daher, glaube ich, ist es sinnvoll, dass Sie sich untereinander noch mal austauschen. In der jetzigen Situation zählt jeder Hektar. Deswegen appelliere ich noch einmal: Werden Sie aktiv! – Sie haben bisher leider nichts auf den Weg gebracht. Sie sind fast ein halbes Jahr im Amt: kein Gesetz, keine Verordnung. Sie haben zwar immer viel Verständnis und halten schöne Reden, aber am Ende kommt nie etwas Konkretes dabei rum. Wir sind in einer ernsten Situation. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, und dann unterstützen wir Sie auch dabei. Vielen Dank.