Ich will auch mal in aller Deutlichkeit sagen: Wenn Sie in dieser Lage diese Ernährungskrise instrumentalisieren, um den Schutz von Natur und Umwelt zurückzudrehen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Unionsfraktion, ehrlich gesagt, habe ich auf den Antrag auf diese Aktuelle Stunde schon gewartet, weil ich mir schon gedacht habe, dass Sie der Versuchung nicht widerstehen können, diese populistische Forderung hier ins Plenum zu tragen. Der andere Grund, weswegen ich eigentlich schon darauf gewartet habe, dass Sie diesen Tagesordnungspunkt aufsetzen, ist, dass mir das mal die Gelegenheit gibt, Ihnen aufzuzeigen: Ihre Rechnung geht schlicht und einfach nicht auf, weil Sie letztendlich eine Maßnahme ohne wirklich signifikante Wirkung für globale Ernährungssicherheit vorschlagen; das sagt Ihnen übrigens auch das Welternährungsprogramm. Es ist angesprochen worden: Wir haben in erster Linie ein Verteilungsproblem. Sie schlagen diese Maßnahme ohne echte Wirkung unter Inkaufnahme starker Naturzerstörung vor, meine Damen und Herren. Deswegen ist das schlicht und einfach untauglich, was Sie hier vorschlagen. dann werden Sie auf Dauer beides verlieren. Es ist gefährlich, wie Sie hier handeln, weil Sie damit auf Dauer Ernährungssicherheit und die intakte Natur verlieren werden. Das ist keine seriöse Politik. Denn das hängt ganz eng zusammen. Es sind doch die intakten Ökosysteme, die unsere Böden fruchtbar halten, die das Wasser sauber und verfügbar halten und die die Bestäubung sicherstellen. Diese Ökosystemleistungen können Sie auch technisch nicht ersetzen. Ich will das wiederholen: Diese wertvollen Ökosystemleistungen sind technisch nicht ersetzbar. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir Klima- und Biodiversität schützen. Deswegen stärken wir den Klima- und Artenschutz: weil das eben ernährungsrelevant und auch sicherheitsrelevant ist. Schon heute sehen wir die Folgen der kurzsichtigen Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre: Millionen Menschen sind durch die ökologische Krise und Hunger ganz konkret bedroht. Wir haben Hunderttausende Klimaflüchtlinge, kollabierende Ökosysteme. Und in dieser Situation geben wir 60 Prozent der Ernte in die Fleischerzeugung. Das ist doch absurd, meine Damen und Herren! Das kann doch nicht angehen! Dazu kommt das, was in den Tank geht. Ihre Reden heute stehen in der Tradition dieser fatalen und global ungerechten Landwirtschaftspolitik, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Was wir stattdessen, statt solcher ideologischen Symbolanträge, jetzt wirklich brauchen, ist akute Nothilfe – das hat der Minister vorhin angedeutet –, indem wir beispielsweise mehr Flächen freigeben, die für die Futtermittelerzeugung genutzt werden, indem wir aber vor allem mehr Mittel für die Welternährung bereitstellen, jetzt ganz konkret zum Beispiel über den Ergänzungshaushalt, und indem wir dieses Problem nicht nur kurzfristig angehen, sondern indem wir vor allem Ernährungssouveränität auch auf Dauer absichern. Da spielt zum Beispiel die Entwicklungszusammenarbeit eine ganz wichtige Rolle. Wir brauchen eine starke, eine wirkungsvolle Entwicklungszusammenarbeit, um die Wertschöpfung vor Ort zu stärken. Es war ganz viel von Afrika insgesamt die Rede. Das kann man doch nicht verallgemeinern; das ist sehr differenziert zu betrachten. Aber was wichtig ist, ist, dass wir die Ernährungssouveränität weltweit stärken, und da spielt Entwicklungszusammenarbeit eine ganz, ganz starke Rolle. Nothilfe könnten wir auch leisten, indem wir den globalen Schutz der Lebensgrundlagen sicherstellen. Auch das ist ernährungs- und sicherheitsrelevant; ich habe es angesprochen. Aber damit müssen wir dann auch konkret hier bei uns anfangen, und genau das ist das, was der Landwirtschaftsminister hier vorgeschlagen hat. Lassen Sie mich abschließend noch eine ganz grundsätzliche Anmerkung machen. Wir sind nach wie vor in der Situation: Die Ukraine wird angegriffen, übrigens auch gerade die Bäuerinnen und Bauern in der Ukraine; auch die sind gezielt Angriffen ausgesetzt. Dass sie in dieser Situation trotzdem alles tun, um Nahrungsmittel anzubauen, und auch versuchen, diese zu exportieren, dafür gebührt ihnen unser größter Respekt und Dank, meine Damen und Herren. In so einer Situation ist solch ein Antrag schlicht und einfach unangemessen. Ich will an Sie appellieren: Überlegen Sie wirklich noch mal, ob „Zeitenwende“ nicht auch bedeutet, alte Glaubenssätze mal infrage zu stellen. Es wäre ein Anfang, wenn Sie Ihre nachgewiesenermaßen schädlichen Glaubenssätze in der Landwirtschaftspolitik infrage stellen würden. Tun Sie es nicht für mich. Tun Sie es im Interesse von mehr globaler Gerechtigkeit! Vielen Dank.