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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viel Richtiges ist gesagt worden, was den Befund angeht. Ich will versuchen, ihn noch ein bisschen deutlicher und pointierter herauszustellen. In der Tat ist es aktuell so, dass es zahllose Immobilien in Deutschland gibt, bei denen wir nicht wissen, wer die wirtschaftlichen Eigentümer sind. Das ist schlicht und ergreifend inakzeptabel. Darüber sind wir uns hoffentlich alle einig.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN und des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])
Die grundlegenden Zusammenhänge will ich noch ein bisschen breiter darzulegen versuchen. Es geht in der Tat nach allen Schätzungen, die wir kennen – so viele Untersuchungen gibt es dazu nicht –, um etwa 100 Milliarden Euro, die jedes Jahr hier kriminell erwirtschaftet und potenziell gewaschen werden. 100 Milliarden Euro? Da könnte es bei der einen oder dem anderen klingeln: Das ist exakt das Sondervermögen, das wir hier beschlossen haben. Es würde also ausreichen, wenn es uns ein Jahr lang gelänge, alle kriminellen Erlöse einzuziehen; dann könnten wir uns die ganzen Debatten über die Bundeswehr jetzt gerade sparen. Ich sage das, um die Themen in ihrer Dimension mal zueinander ins Verhältnis zu setzen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dabei geht es um handfeste Drogenkriminalität, Rauschgiftkriminalität. Aber bei Rauschgiftkriminalität geht es nicht nur um Rauschgift. Wie wir aus den Encrochats wissen, geht es dabei um Mordaufträge, um Folter, es geht um Waffen, auch Kriegswaffen, die dort gehandelt werden, es geht um Tonnen von Rauschgift, es geht um große Kriminalitätsfelder wie Produkt- und Markenpiraterie – es wird gefälscht vom Airbag bis zur Kettensäge –, es geht um das riesengroße Kriminalitätsphänomen der Umweltkriminalität – das drittgrößte –, es geht um Menschenhandel zur Ausbeutung der Arbeitskraft, es geht um Betrug, um Cyberkriminalität; ergänzen Sie selbst. Etwa zwei Drittel der Kriminalität wird nur deswegen begangen, weil es die Täter auf Eigentum oder Vermögen ihrer Opfer abgesehen haben. Der entscheidende Zusammenhang ist, dass die Ermittlungsbehörden bisher nur 1 Prozent dieser Vermögen – maximal – überhaupt zu Gesicht bekommen. Transparency International sagt in einer Studie – das ist der entscheidende Zusammenhang –: 15 bis 30 Prozent dieser Erlöse landen in Immobilien. – Das ist der eine Begründungszusammenhang, warum wir uns intensiv um diese Fragen kümmern müssen.
Der zweite ist richtig aufgemacht worden: In der Tat geht es natürlich um die Sanktionen und die Frage, wie gut wir sie durchsetzen könnten. Uns liegen, ehrlich gesagt, schon seit vielen Jahren gute Erkenntnisse vor, welche Rolle hier russische Vermögenswerte spielen. Es hat einen Sonderausschuss im Europäischen Parlament gegeben, den Krim-Ausschuss, der sich mit organisiertem Verbrechen, Korruption und Geldwäsche beschäftigt hat. Der TAX3-Ausschuss insbesondere hat wirklich handfeste Befunde zutage geliefert. Es gibt in Teilen anekdotische Evidenz aus dem Freistaat Bayern: Da hat es 2013 durch Finanzminister Söder den Verkauf von 33 000 Wohnungen mit 85 000 Mieterinnen und Mietern gegeben. Da wussten die Mieter nicht, wem ihre Wohnungen tatsächlich gehören. Im Umfeld gab es Geldwäscheverdachtsmeldungen, die einschlägig bekannte russische Personen enthielten. Am Ende ermittelte allerdings niemand, obwohl es die Ermittlungsbehörden eigentlich wollten. – Das alles müsste tatsächlich nicht sein, wenn wir uns mit dem Rat aus der Fachwelt intensiver befassen und Transparenz herstellen würden, weil Transparenz zum einen den Ermittlungsbehörden helfen würde, auch bei den aktuellen Sanktionen, und zum anderen der größte Feind der Geldwäscher ist.
Allerdings – an der Stelle reißt Ihr Antrag ein bisschen ab – sind wir in den Debatten schon 3 Meter weiter. Erstens sind wir intern weiter, weil sich die Taskforce mit diesen Fragen beschäftigt, und zweitens führen wir auf europäischer Ebene schon Debatten darüber, dass wir uns – in der Zielsetzung jedenfalls – auf den Weg machen müssen, die verschiedenen Registerlösungen, die es gibt, miteinander zu verknüpfen. Das Stichwort lautet „Vermögensregister“. Das ist es, was wir eigentlich brauchen, erst recht aus der Perspektive der Ermittlerinnen und Ermittler. Das heißt, wir müssen uns in der Zielsetzung darüber einig werden, dass wir hier ein besseres Transparenzregister benötigen und dass die Register auf europäischer Ebene miteinander vernetzt werden müssen. Wir müssen uns darüber einigen, dass wir in der Tat zentral abfragbare Immobilienregister benötigen. Und wir brauchen die Kontenabrufinformationen. Mindestens diese drei Bausteine gehören zueinander.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das sind nicht die einzigen Bausteine. Ich freue mich darüber, dass die SPD-Fraktion, glaube ich, die einzige Fraktion ist, die sich ausschussübergreifend schon seit Februar mit diesen Fragen befasst. Wir gucken tatsächlich breiter auf die Fragen, die mit schmutzigem Geld zu tun haben, nicht nur aus der Perspektive der Transparenz, sondern durchaus auch vor dem Hintergrund der Frage: Wie gehen wir in Deutschland eigentlich mit verdächtigen Vermögenswerten um? Dazu gibt es einen ganz guten legislativen Vorschlag von drei klugen Professoren, die sagen: Es gibt bestimmte Kriterien, die der Rechtsstaat hier definieren kann. Weil schmutziges Geld eine Gefahr für unsere Rechtsordnung ist, darf die Eigentumsgarantie hier nicht gelten. Und sie sagen: Wenn wir bestimmte Kriterien für schmutziges Geld und schmutziges Vermögen haben, dann muss der Staat ab einer bestimmten Größenordnung einen Auskunftsanspruch generieren können, um dann zu sagen: Wenn der nicht befriedigt wird, dann zieht der Staat dieses Vermögen ein. – Das ist eine Debatte, die wir zumindest in der Fraktion aktuell führen, von der ich mir wünsche, dass wir hier auch breiter voranschreiten.
Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
– Applaus von der Fraktion der Linken, immerhin.
Da würde ich mir mal Gedanken machen! Das sollte zu denken geben!)
– Ich weiß noch nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll. In der Tat mache ich mir darüber Gedanken.
Aber der entscheidende Punkt ist – und da sollten wir uns alle einig sein: Wir müssen diese ganzen Anonymisierungsstrategien tatsächlich aufhellen, und deswegen ist Transparenz ein Kernelement, das Ermittlerinnen und Ermittlern nicht nur bei Sanktionen, sondern auch bei schmutzigem Geld, bei Parteienfinanzierung – wenn ich hier in manche Richtung gucken darf – durchaus sehr helfen würde; wir hätten dann viel mehr Erkenntnisse als in der Vergangenheit. Also, diskutieren Sie das mit uns so, wie wir das in der Fraktion jetzt schon voranzutreiben versuchen!
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Der nächste Redner: Matthias Hauer, CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)