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Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Insbesondere Herr Kollege Kraft! Ich möchte gerne für die Koalition feststellen: Schrott ist hier nicht der erneuerbare Strom, sondern Schrott ist Ihre energiepolitische Analyse, die Sie gerade getätigt haben.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Aber ich will nicht nur eine Meinung dazu haben, ich will Ihnen das auch erklären: Dass Sie es hier seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine geschafft haben, in all Ihren energiepolitischen Reden überhaupt gar nicht zu erwähnen, dass Russland in Europa einen Krieg begonnen hat,
Damit muss man ja rechnen, oder? Sie haben nicht damit gerechnet!)
das ist so beschämend. Das ist so beschämend für dieses Hohe Haus, dass mir persönlich dazu alle Worte fehlen.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kraft?
Ja, nach dem jetzt folgenden Applaus auf meinen Kommentar.
Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Kruse, ich weiß nicht unbedingt, ob das Erwähnen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands etwas mit Ihrer oder mit der vergangenen Energiepolitik zu tun hat. Aber um hier meine Rede, die ich gerade gehalten habe – vielleicht waren Sie nicht da –, zu zitieren: Ich habe selbstverständlich die russische Invasion der Ukraine als Tatbestand genannt. Selbstverständlich wurde sie erwähnt. Selbstverständlich habe ich auf die Situation hingewiesen, die in Bulgarien und in Polen existiert, die dringend auf Gas angewiesen sind, das Sie hier lieber verstromen, anstatt unsere eigenen heimischen Energieträger – die Braunkohle, die am 15. Mai in Jänschwalde mit 2 Gigawatt Leistung abgeschaltet wird, und die noch existierenden Kernkraftwerke – anzuschalten, um den Gasmarkt zu entlasten. Selbstverständlich wurde das hier angesprochen, Herr Kruse.
Beifall bei der AfD)
Zunächst einmal haben Sie es jetzt genauso wiederholt, wie Sie es hier, wenn überhaupt, maximal vortragen: Sie versuchen nämlich systematisch, das Wort „Krieg“ zu vermeiden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Ich habe bei einem Ihrer Kollegen schon mehrfach dazwischengerufen, dass er das Wort doch einfach einmal in diesem Zusammenhang erwähnen möge.
– Das ist ja keine Rede, was Sie jetzt machen. – Jetzt müssten Sie es noch in den richtigen Zusammenhang stellen und dann noch die richtigen Analysen daraus tätigen, dann wären Sie eine geeignete Fraktion für dieses Haus.
Beifall bei der FDP
Wir schauen mal ins Stenografische Protokoll rein!)
Was ich Ihnen zu Polen und Bulgarien sagen möchte – ich bin noch bei der Beantwortung –, ist das Folgende: Auch da ist Ihre Analyse nicht richtig; denn das sind die beiden Länder, die es als Allererste geschafft haben, klar zu erkennen, wer hier der Aggressor ist, und zwar schon, bevor der Krieg ausgebrochen ist. Deswegen haben diese Länder sehr kluge Entscheidungen getroffen, sich unabhängig zu machen. Polen hat eine Pipeline Richtung Norwegen gebaut, sie ist in Fertigstellung. Polen hat die richtigen Entscheidungen im Bereich der Energieterminals an der Küste getroffen. Bulgarien hat sich sehr klug diversifiziert Richtung Süden; die Pipeline aus Griechenland – Sie wissen das – ist fast fertig. Das bedeutet: Die Länder, die hier kluge Entscheidungen getroffen haben, die stehen besser da. Weil Sie diese Analyse nicht haben tätigen können und weil Sie diesen Sachverhalt nicht haben erkennen können, sind auch Ihre Schlussfolgerungen aus Ihrer – wie ich sagte – Schrottanalyse falsch.
Nein, Ihre Regierungspolitik ist falsch!)
Herzlichen Dank. Das war jetzt das Ende meiner Antwort.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe mit großer Freude vernommen, dass es hier demokratische Fraktionen gibt, die zum Beispiel gerade nicht in der Regierung sitzen und die trotzdem verstanden haben, was die Stunde geschlagen hat; denn dieser Krieg hat für jeden von uns in diesem Hause eine neue Realität geschaffen, für viele Menschen in diesem Land, für viele Menschen in Europa. Deswegen bedeutet das für uns alle auch, dass wir das Set an Maßnahmen, das wir grundsätzlich hier im Raum am liebsten vorschlagen, überprüfen müssen und auf diese neue Realität schnellstmöglich anpassen müssen. Ich freue mich deshalb besonders, dass mindestens eine Fraktion hier im Hause schon sehr deutlich erklärt hat, diese Beratungen konstruktiv begleiten zu wollen. Ich kann für uns zusagen, dass wir konstruktiven Vorschlägen sehr offen gegenüberstehen und dass wir uns insbesondere freuen, dass hier auch im Verfahren Zugeständnisse gemacht worden sind. Das ist nicht selbstverständlich, aber es zeigt, dass in einer so schweren Stunde wie der, in der wir uns jetzt gerade befinden, in diesem Haus klar zu unterscheiden ist zwischen den Fraktionen, die bereit sind, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen, und den Fraktionen, die nicht bereit sind, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen. Die, die es nicht sind, die sollten dann für dieses Land bitte auch niemals Verantwortung übernehmen dürfen.
Beifall bei der FDP
Lassen Sie doch Jänschwalde weiterlaufen am 15. Mai!)
Wir regeln mit diesem Gesetz viele wichtige Maßnahmen. Wir nehmen erstmals die Gasspeicher in die kritische Infrastruktur auf; wir haben das Gasspeichergesetz schon vor einigen Wochen beschlossen. Es ist sehr wichtig, dass die Gasspeicher jetzt auch in die kritische Infrastruktur hineinkommen. Es ist zudem wichtig, dass wir endlich auch mit der Digitalisierung Schritt halten. 1975 konnte man noch nicht sehen, was man heute an Daten generieren kann und auch braucht, um kluge Entscheidungen zu treffen.
Wir alle hier zusammen sind für den Energiemarkt der Schiedsrichter. Der Schiedsrichter ist der, der das Spiel am Laufen hält. Er ist derjenige, der dafür sorgt, dass zum Beispiel Wettbewerb auch in schwierigen Zeiten funktionieren kann. Genau diesen Wettbewerb schützen wir mit diesem Instrument. Deswegen ist es für uns als Freie Demokraten selbstverständlich: Jeder, der kritische Infrastruktur in Deutschland gegen die deutschen und europäischen Interessen missbraucht, der kann nicht weiter Eigentümer dieser kritischen Infrastruktur sein, meine Damen und Herren.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dazu gibt es zwei ganz konkrete Maßnahmen: Das eine ist die Treuhänderschaft, und das andere ist die Ultima Ratio – die Enteignung. Glauben Sie mir: Als liberaler Volkswirt war es im letzten Jahr, als wir um diese Mandate hier gestritten haben, nicht meine Vorstellung, dass ich hier vorne stehen und Ihnen vorschlagen würde, dass in Deutschland möglicherweise Enteignungen notwendig sein würden.
Nicht einmal Herrn Kühnert!)
Die Tatsache, dass wir uns diesem Instrument trotzdem nähern, zeigt, was die neue Realität in diesem Land ist. Insbesondere die Kollegen auf der Rechten sollten sich selbst sehr kritisch überprüfen, ob sie eigentlich schon verstanden haben, was diese neue Realität für unser Land, für unsere Sicherheit ganz genau bedeutet.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für uns ist aber auch eines klar: Wenn eine solche Ultima Ratio angewendet wird, dann ist es zwingend erforderlich, dass Unternehmen, die die Eigentümerschaft wechseln, später auch wieder in private Hand kommen. Unsere Fraktion wird an dieser Stelle darauf dringen, dass eine Privatisierung an entsprechender Stelle folgen muss. Ich glaube, das gehört zur Fairness mit dazu: Wir wollen hier kein neues Instrument schaffen, um Staatswirtschaft zu betreiben, sondern wir schaffen hier ein Instrument, um den Wettbewerb und den Markt zu schützen. Deswegen freuen wir uns sehr auf die konstruktiven Beratungen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und ich erteile das Wort Dr. Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)