Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Union – und ich danke Ihnen dafür, dass Sie das Thema heute aufgebracht haben, weil das ein sehr wichtiges Thema ist – hat wirklich interessante Anknüpfungspunkte, und insbesondere in der Analyse gibt es große Übereinstimmungen. Zur Bedeutung der Innenstädte schreiben Sie – ich zitiere das mal wörtlich, weil es wirklich gut zusammengefasst ist –: Vollkommen richtig; vollkommene Übereinstimmung! Auch der zitierte Handelsverband hat mit seiner Einschätzung einer existenzbedrohenden Lage für viele Geschäfte vollkommen recht. Die Haltung des HDE geben Sie ebenfalls sehr passend wieder. Ich zitiere: Soweit d’accord. Doch das, was die Coronapandemie jetzt verschärft und beschleunigt hat, ist doch Ausdruck einer jahrelangen Entwicklung, und wir haben immer wieder darauf hingewiesen. Jetzt schreiben Sie in Ihrem Antrag: Wir müssen umdenken. – Das ist nach 16 Jahren Regierungszeit etwas spät. Jetzt kommen Sie hier mit einem Notizzettel voller Ideen, so ähnlich wie gestern beim Entlastungsgesetz. Mein Kollege Felix Banaszak hat das da so zusammengefasst: Das klingt so ein bisschen nach den Superhits der 80er- und 90er-Jahre. – Aber immerhin: Sie haben als Opposition mit diesem Antrag an einer Stelle hinzugelernt. In der Vergangenheit haben Sie es immer versäumt, auf die Finanzierung einzugehen. Diese haben Sie hier aufgenommen und immerhin die Bedeutung erfasst. Jetzt schreiben Sie, das, was Sie mit Ihren 20 Punkten fordern, soll sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bewegen. Also bitte: Dann müssen Sie auch den ersten Schritt gehen und sagen, wo dann an anderer Stelle eingespart werden soll. Noch ein Satz zu Ihrem Gang in die Opposition: In den ersten Wochen haben Sie versucht, Ihre Versäumnisse uns als Ampel anzukreiden. Jetzt gehen Sie einen neuen Schritt. Sie haben gute Ideen Ihrer Vorgängeropposition zusammengefasst, als Prüfauftrag eingebracht und obendrüber „Wir denken um“ geschrieben. Das ist mal ein interessanter Move. Ich bin gespannt, was da noch so kommt. In der letzten Wahlperiode haben wir als Grüne mit Drucksache 19/23116 einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Situation von kleinen Gewerbemieterinnen und Gewerbemietern eingebracht. Da geht es um ein Verlängerungsrecht, einen besseren Kündigungsschutz. Das hätten Sie damals einfach so durchwinken können. Dann wäre heute vieles einfacher für die Einzelhändler/-innen in den Straßen. – Ich komme dazu, was wir als Koalition schon umgesetzt haben; wir haben schon reagiert. Wir haben schon reagiert und die Mittel des in der letzten WP angestoßenen Programms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ auf nun 250 Millionen Euro mehr als verzehnfacht. Das ist das, was diese Koalition bereits auf den Weg gebracht hat. Außerdem haben wir die Überbrückungshilfe IV als zentrales Coronahilfsinstrument bis Juni 2022 verlängert, und wir ergänzen das durch Kredite, Garantien und Bürgschaften. Das ist auch eine ganz wesentliche Erleichterung für die Händler/-innen in den Innenstädten. Auch für Digitalisierungshilfen, Kleinbetriebe und Geschäfte sind Mittel im Haushalt eingestellt – die Digitalisierung sprechen Sie ja auch an –, alleine 25 Millionen Euro für das Programm „go-digital“. Jetzt möchte ich auf einen Punkt konkret eingehen, nämlich Punkt 10; den hat mein Vorredner von der SPD auch aufgegriffen. Da verlässt Sie dann nämlich doch der Mut. Sie schreiben, Sie wollen „prüfen, inwieweit das Konzept autofreier Innenstädte und … gebührenpflichtiger Parkplätze … zur Belebung und Steigerung der Aufenthaltsqualität … beiträgt“, schränken aber gleich ein, man müsse auch gucken, dass die Besucherfrequenz nicht darunter leidet und dass das die Bedeutung des Autos nicht schmälert. – Da kommt wieder die alte Autopartei CDU hervor. Herr Linnemann, Sie haben ja eben Freiburg und Münster als Positivbeispiele angeführt. Ausgerechnet da haben wir viel Straßenraum in Lebensraum umgewandelt, und da finden Sie besonders viele Radfahrende. Das wäre der richtige Weg. Übrigens: Auch die Metastudie des Difu „Mit dem Fahrrad zum Einkaufen“ stellt in internationalen Vergleichen fest: Überall dort, wo mehr Radfahrende in die Einkaufsstraßen kommen, steigen die Umsätze des Einzelhandels. – Das ist ein ganz zentraler Punkt, um die Innenstädte zu beleben. Es gibt viele weitere Beispiele: aus New York, aus Wien, aus Hamburg, aus Barcelona. Sie können sich wirklich überall umgucken. Bei der Umsetzung der Maßnahmen sind die Kommunen vielfach weiter als wir hier auf Bundesebene; da können wir das natürlich gerne unterstützen. Ich nenne mal ein Beispiel: In meiner Heimatstadt Bergisch-Gladbach wurde im Stadtrat schon 2020 parteiübergreifend beschlossen – damals auch mit meiner Stimme –, die Sondernutzungsgebühren für Außengastronomie und Geschäfte auszusetzen, damit sie den Platz draußen nutzen können. Das wird vielfach genutzt, und das ist eine ganz unbürokratische, schnelle Hilfe. Da sind die Kommunen manchmal wirklich schon sehr weit, und das sollten wir auch weiter unterstützen. Ich komme zum Schluss. – Sie sehen also: Kommunen in Deutschland und weltweit sind längst weiter. Die Koalition hat bereits gehandelt, und wir werden das Ziel der klimagerechten menschenfreundlichen Innenstädte mit hoher Aufenthaltsqualität und besseren Bedingungen für den Handel weiter verfolgen. Danke.