Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne auf einen Punkt eingehen, der mich in dieser Debatte echt geärgert hat. Es hat mich echt massiv geärgert, dass alle Redner von der Ampel der Union hier Parteipolitik vorgeworfen haben. Ich will Ihnen mal den Spiegel vorhalten: Was haben Sie denn in den letzten zwei Wochen gemacht? Sie haben uns, dem Deutschen Bundestag, in Sachen Corona einen Entwurf vorgelegt, der absolut unzureichend war. Sie haben sich von der FDP in Geiselhaft für ein falsch verstandenes Freiheitsdogma nehmen lassen, das nicht sieht, dass Freiheit immer auch Verantwortung bedeutet, auch Verantwortung, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Sie haben auf die FDP Rücksicht genommen, und zwar aus rein parteipolitischem Kalkül, weil Sie die Ampel nicht gefährden wollten, weil Sie die Koalitionsverhandlungen nicht gefährden wollten. Jetzt kommen Sie uns hier bitte nicht mit Parteipolitik. Das Gegenteil ist der Fall. Sie wissen ganz genau, dass das so ist. Deswegen haben Sie Ihren Entwurf ja auch ganz hektisch nachgebessert. Aufgrund des massiven Drucks, den wir als Union hier im Parlament gemacht haben, und aufgrund des massiven Drucks, den die Öffentlichkeit gemacht hat, haben Sie Ihren Gesetzentwurf auf Basis des konkreten Vorschlags, den wir als Union im Hauptausschuss unterbreitet haben, nachgebessert. Aber ich sage Ihnen mal was: Das reicht immer noch nicht aus. – Und diese Feststellung, dass Ihr Entwurf nicht ausreicht, ist keine Parteipolitik. Hören Sie sich mal an, was der Chef vom RKI, was Herr Wieler sagt. Er sagt: Bars und Klubs sind die Hotspots, das sind die Pandemietreiber, die müssen geschlossen werden können. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird das zukünftig nicht möglich sein. Er sagt: Großveranstaltungen müssen abgesagt werden können. – Nach Ihrem Gesetzentwurf wird das nicht möglich sein. Das, was Sie uns hier präsentieren, sorgt dafür, dass der Instrumentenkasten zukünftig kleiner sein wird als das, was wir bei einer epidemischen Lage zur Verfügung hätten. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren. Wenn Sie schon dem Chef des RKI, Herrn Wieler, keinen Glauben schenken wollen, der nun wirklich unverdächtig ist, Parteipolitik machen zu wollen, dann glauben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, vielleicht Ihrem Gesundheitsexperten Karl Lauterbach; ich habe ihn ja schon vor einer Woche hier adressiert. Herr Lauterbach hat gestern noch einmal gesagt: Wenn 2 G nicht wirken sollte, dann werden wir einen Lockdown benötigen. – Und Herr Drosten hat uns in der Anhörung am Montag gesagt, 2 G werde aus seiner Sicht nicht ausreichen. – Das möchte ich mal feststellen. Ich möchte das gerne noch ausführen. – Das sind Ihre Experten, Herr Lauterbach. Herr Drosten, den Sie in die Anhörung gerufen haben, sagt Ihnen, Ihr Gesetzentwurf werde nicht ausreichen, weil nämlich genau das, was ich ausgeführt habe, alles nicht möglich sein wird. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird es nicht möglich sein, Restaurants zu schließen. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird es nicht möglich sein, die Gastronomie zu schließen. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird es nicht möglich sein, Bars und Klubs zu schließen. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird es nicht möglich sein, Veranstaltungen zu untersagen. All das wird nicht möglich sein. Sie wissen ja auch selbst, dass es nicht ausreicht. Im Hauptausschuss haben Sie schon angekündigt, dass Sie in zwei, drei Wochen wahrscheinlich werden nachbessern müssen. Das, was Sie an dieser Stelle machen, hat doch mit seriöser Politik nichts zu tun, meine Damen und Herren. In welcher Reihenfolge ist mir egal, aber sehr gerne. Lieber Herr Kollege Buschmann, ich kenne Sie ja schon seit Langem, wir schätzen uns auch gegenseitig, und Sie sind auch ein sehr guter Jurist. Deswegen wundert es mich schon ein bisschen, dass Sie ganz offensichtlich Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht richtig gelesen haben. In § 28a Absatz 8 steht nämlich genau das drin, was ich hier referiert habe: Wenn wir keine epidemische Notlage hier im Bundestag feststellen, dann haben die Länder zukünftig die Möglichkeit, in den Parlamenten bestimmte Maßnahmen zu beschließen. Ausgenommen, und zwar ausdrücklich ausgenommen, ist genau das, was ich gesagt habe. Es ist ausgeschlossen, dass Restaurants geschlossen werden, es ist ausgeschlossen, dass Veranstaltungen abgesagt werden. – Dann lesen Sie doch bitte schön Ihren Gesetzentwurf. Genau so ist es. Und zu Ihrem Lockdown: Ich sage nicht, dass wir einen Lockdown wollen, ich weiß auch nicht, ob wir einen Lockdown brauchen – ich bin Jurist, ich bin kein Virologe –; aber ich kann Ihnen sagen: Wenn wir in zwei oder drei Wochen feststellen, dass die Inzidenzen noch weiter hochgegangen sind, dann brauchen wir dieses Instrumentarium. – Wir haben eine Inzidenz von 337, wir haben 65 000 Neuinfektionen. Das bedeutet, dass in wenigen Wochen über 500 Menschen gestorben sein werden; daran können wir nichts mehr ändern. Deswegen will ich, dass wir das ganze Instrumentarium zur Verfügung haben, das wir brauchen, um weitere Infektionen und damit Tote zu verhindern. Das ist der Punkt, um den es geht. Sehr gerne. Lieber Kollege Lauterbach, mir, ich glaube, uns allen wäre viel mehr damit gedient gewesen, wenn Sie nicht bei den Ministerpräsidenten der Union, der SPD, der Grünen Überzeugungsarbeit geleistet hätten, sondern in Ihrer eigenen Fraktion. Das ist doch der Punkt. Sie legen uns hier etwas vor, was unzureichend ist. Sie sagen doch selbst: Wir brauchen möglicherweise einen Lockdown. – Sie haben es gerade bestätigt. Mit dem, was Sie uns jetzt vorlegen, mit Ihrer Verweigerung, die epidemische Lage zu verlängern, schließen Sie genau das aus. Deswegen ist Ihre Argumentation in sich brüchig, sie ist widersprüchlich, und sie ist nicht glaubwürdig. Das muss ich Ihnen einfach sagen, Herr Kollege. Ich schätze Sie sonst; aber das ist nicht in Ordnung. Zum Schluss möchte ich noch eines sagen, weil die Bundesländer ja diverse Male angesprochen wurden. Wir wissen nicht, wie der Bundesrat morgen entscheiden wird. Aber ich kann Ihnen sagen: Wir als Union sind bereit, in der nächsten Woche sofort eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages durchzuführen und den Vermittlungsausschuss anzurufen, damit wir die Probleme bei dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf lösen können. Deswegen: Hören Sie auf mit Ihrer Parteipolitik. Werden Sie als Ampel Ihrer Verantwortung gerecht. Stimmen Sie der Verlängerung der epidemischen Lage zu. Vielen Dank.