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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute genau vor zwei Monaten war es, als der Bundeskanzler hier im Deutschen Bundestag angesichts des Ukrainekrieges eine Zeitenwende angekündigt hat, ein Sondervermögen angekündigt hat, mehr Investitionen in die Bundeswehr angekündigt und daran appelliert hat, dass wir gemeinsam den Auftrag annehmen, in dieser schwierigen Situation zusammenzustehen und dem Angriffskrieg Russlands, dem Angriffskrieg Putins die Stirn zu bieten.
Seitdem hat sich die Lage in der Ukraine dramatisch verschlechtert: Kriegsverbrechen werden begangen, Zivilisten gezielt getötet, Vernichtungsdrohungen ausgesprochen. Genau deswegen ist es richtig, dass wir uns auch in diesen Tagen – morgen in einer Debatte, aber auch heute am Rande des Plenums – darüber unterhalten, ob Deutschland zukünftig noch mehr unternehmen kann und auch bereit ist, im Bereich der Waffenlieferungen mehr zu unternehmen und schwere Waffen in die Ukraine zu liefern.
Meine Damen und Herren, ich hätte es mir nicht vorstellen können, dass es diese Generation von Abgeordneten des Deutschen Bundestages ist, die über eine so schwere Frage wie die Lieferung von schweren Waffen und über die Frage von Krieg und Frieden mitten in Europa mitentscheiden muss. Aber es ist unser gemeinsamer Auftrag, die Selbstverteidigung der Ukraine zu stärken.
Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Deswegen will ich an der Stelle auch sagen: Wir wollen gemeinsam mit den Ampelfraktionen die Entscheidung mittragen, dass schwere Waffen an die Ukraine geliefert werden. Das ist unser gemeinsamer Auftrag, um für Frieden in Europa zu sorgen, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich verstehe übrigens jeden – ich sage auch das ausdrücklich –, der dies mit großer Skepsis begleitet, und ich verstehe auch jeden, der auf die Frage „Will man schwere Waffen liefern?“ eher mit Nein antworten würde. Aber ich sage auch sehr deutlich: In dieser Phase ist es notwendig, diese schweren Waffen zu liefern, und deswegen muss unsere gemeinsame Antwort darauf sein: Ja, wir sind als Deutschland bereit, mehr zu helfen als bisher, mehr zu tun und die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung zu stärken.
Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich darf erinnern, dass der Bundeskanzler uns in seiner Rede am 27. Februar mit seiner Zeitenwende positiv überrascht hat. Damit war auch eine Reihe von Erwartungen verbunden, die mit Regierungshandeln zu tun haben. Leider müssen wir feststellen, dass Sie, Herr Finanzminister, auch heute hinter diesen Erwartungen zurückgeblieben sind. Die Tatsache und der Hinweis darauf, dass wir über viele Punkte gemeinsam in Verhandlungen stehen, dürfen doch nicht als Argument zählen, dass sich in dem Gesetz, das Sie hier vorstellen, wesentliche Teile der Ankündigung des Kanzlers, die wir unterstützen, nicht wiederfinden lassen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen Klarheit, ob Sie bereit sind, diese Ankündigungen auch umzusetzen.
Herr Bundeskanzler, Sie haben vom „Sondervermögen Bundeswehr“ gesprochen, Sie haben von Rüstungsvorhaben gesprochen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite. Dann erwarten wir aber auch, dass genau diese Rüstungsvorhaben im Grundgesetz die nötige Antwort finden. 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, das heißt doch nichts anderes als 100 Milliarden Sonderschulden für die Streitkräfte, und zwar 100 Milliarden für Aufrüstung der Streitkräfte und für nichts anderes, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Wolfgang Hellmich [SPD])
Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Rede auch davon gesprochen, dass wir zukünftig nun Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in unsere Verteidigung investieren werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist denn an diesem Satz eigentlich so missverständlich, dass es der Bundesfinanzminister in seinen Haushaltsplanungen schlichtweg nicht berücksichtigen kann?
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben heute im Bundeskabinett einen sogenannten Ergänzungshaushalt vorgelegt: 40 Milliarden zusätzliche Schulden. Auch in diesem Haushalt findet sich kein Aufwuchs des Verteidigungsministeriums. Es profitiert nicht von Ihren Milliarden, die Sie heute vorgestellt haben.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das 2-Prozent-Ziel findet sich auch in diesem Haushaltsentwurf nicht.
Zuruf des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie glauben, Sie könnten das Versprechen des Bundeskanzlers gegenüber der Öffentlichkeit, ab sofort das 2‑Prozent-Ziel überzuerfüllen, ausschließlich damit einlösen, dass Sie 100 Milliarden neue Schulden aufnehmen und ansonsten den Verteidigungshaushalt inflationsbereinigt reduzieren, dann werden Sie uns nicht an Ihrer Seite haben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage das hier auch in Richtung der Verteidigungsministerin und der SPD. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat hier vor Kurzem in seiner Haushaltsrede davon gesprochen, dass man nachfolgenden Generationen nicht vorschreiben will, wie hoch die Rüstungsausgaben sein sollen. Das wurde öffentlich als eine klare Absage an das 2‑Prozent-Ziel interpretiert.
Ich will Sie alle daran erinnern: Zeitenwende bedeutet keine Einmalzahlung an die Bundeswehr, sondern einen Dauerauftrag an unsere Verteidigungsfähigkeit.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Da spricht die richtige Partei!)
Und ich gebe auch diesen Hinweis, weil wir in der Tat – ich kann das bestätigen – in guten Gesprächen darüber sind, ob man eine Einigung erzielen kann – aber das Ergebnis, ob es zu einer Einigung kommt, ist offen –: Wir haben die Punkte, die angesprochen worden sind, bisher noch nicht gelöst. Wir haben weitere Gespräche an dieser Stelle vereinbart, und zu diesen Gesprächen gehört auch, dass wir uns über eine solide Haushaltspolitik unterhalten. Schuldenmachen alleine ist noch keine solide Haushaltspolitik.
Herr Bundesfinanzminister, Sie können mit uns weiter über die Frage verhandeln, ob 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, für die Streitkräfte aufgenommen werden. Aber Sie müssen auch mit uns darüber reden, wie wir diese 100 Milliarden wieder tilgen. Schuldentilgung ist ein Grundprinzip solider Haushaltspolitik, und auch daran erinnern wir Sie.
Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die Bundesregierung die Bundesministerin der Verteidigung, Christine Lambrecht.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)