Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während wir heute über die sich verschärfende Dürre und den ausbleibenden Regen in Deutschland diskutieren, leiden die Menschen in großen Teilen Indiens, Bangladeschs und Pakistans aktuell unter einer extremen Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 50 Grad. Eine solche Hitzewelle im Frühjahr ist sehr ungewöhnlich; sie ist lebensbedrohlich für Menschen, besonders für Schwangere, für kleine Kinder und für alte Menschen. Verstärkte Hitzewellen, wie sie jetzt in Indien und Pakistan auftreten, werden schon bald zur neuen, grausamen Realität gehören. Meist betreffen sie die Gemeinden, die am wenigsten bis gar nichts zur Klimakrise beigetragen haben. Deshalb liegt die historische Verantwortung, ernsthaft zu handeln, immer noch und immer dringender bei uns. Es gibt keine Entschuldigung für unterlassene Maßnahmen gegen die Klimakrise! In Deutschland werden wir mit den Auswirkungen der Klimakrise sowohl auf unsere Ökosysteme als auch auf unser Leben immer heftiger konfrontiert. Aktuell haben wir zu wenig Niederschlag, leiden große Teile Deutschlands unter einer Dürre, mit besonders harten Auswirkungen auf unsere Waldökosysteme und auf unsere Landwirtschaft. Im letzten Sommer mussten wir Starkniederschläge und eine Jahrhundertflut erleben, die dritte in den letzten 20 Jahren. Wetterextreme werden immer häufiger. Wir sind es den Menschen schuldig, sie zu schützen, sie darauf vorzubereiten und sie mit Finanzmitteln für Klimakatastrophenschutz zu unterstützen. Um die Klimakrise aufzuhalten, müssen wir global denken, global handeln. Abkommen, die den Klimaschutz global ausbremsen, dürfen nicht mehr existieren. Damit meine ich natürlich den Energiecharta-Vertrag, ein Schutzabkommen für die fossile Industrie, für fossile Investitionen. Auch im letzten Bericht des UN-Weltklimarates, des IPCC, wurde der Energiecharta-Vertrag als ein Hindernis für eine klimagerechte Transformation genannt. Zum Beispiel hat der Kohlekonzern RWE auf Grundlage des Energiecharta-Vertrages die Niederlande wegen ihres Kohleausstiegs verklagt. Deswegen hat ein Klimaschutzbremser wie der Energiecharta-Vertrag keine Existenzberechtigung mehr. Als Zweites müssen wir aber auch einen sehr kritischen Blick auf die internationale Finanzierung von zukünftigen fossilen Projekten werfen. Aktuell möchte der Energiekonzern Total eine neue Pipeline von Uganda über Tansania bis zum Indischen Ozean bauen, die East African Crude Oil Pipeline, „EACOP“ genannt. Diese würde auch am Victoriasee entlangführen, von dem Millionen von Menschen abhängig sind. Die Förderung und der Transport des Erdöls riskiert die Wasserversorgung der Region. Klima- und Menschenrechtsaktivistinnen und ‑aktivisten, die dort versuchen, gegen das Projekt aktiv zu sein, müssen Repressionen fürchten. Wir sollten ihnen aber sehr genau zuhören. Ihre Forderungen sind: Die EACOP darf nicht gebaut werden. Deutsche und europäische Banken dürfen für den Bau der Erdölpipeline kein Geld zur Verfügung stellen. Diese koloniale Ausbeutung muss enden. Die Förderung von Öl, Gas und Kohle schürt in vielen Regionen dieser Welt bereits massive Konflikte, genauso wie es die Auswirkungen der Klimakrise tun. Die Klimakrise aufzuhalten und von den Fossilen unabhängig zu werden, bedeutet die Grundlage für Friedenssicherung unserer Zukunft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich geboren wurde, lag die Konzentration von CO2 noch knapp unter 350 ppm. Im vergangenen Jahr wurde die Marke von 415 ppm überschritten. Die Ursache der Klimakrise ist zweifellos die Nutzung der fossilen Energien. Deshalb führt kein Weg daran vorbei: Gas, Öl und Kohle gehören der Vergangenheit an. Unsere Maßnahmen, um die Klimakrise aufzuhalten, müssen die Wirkung haben, dass es allen Menschen auf der Erde gut geht, dass alle eine gute Zukunft haben werden. Wir werden in dieser Legislaturperiode in allen Sektoren Notbremsen dafür ziehen und die Grundlagen für eine klimagerechte Zukunft schaffen. Egal ob Bergrecht oder Verkehrswegeplan: Alles gehört auf den Klimaprüfstand. Unsere Gesetze müssen reformiert werden, aktualisiert für das Zeitalter der Klimakrise, in dem wir jetzt leben. Zu bequem wäre die Annahme, dass technologische Wunder uns in 5, 10 oder 20 Jahren davor retten, in die Klimakatastrophe reinzurasen. Ob die Kipppunkte unseres globalen Klimasystems überschritten werden, entscheidet sich heute. Es ist unsere Entscheidung, wie wir jetzt handeln, welche Maßnahmen wir ergreifen. Am Ende möchte ich einen Dank aussprechen an die Klimagerechtigkeitsbewegung, besonders an die Menschenrechts-, Umwelt- und Klimaaktivistinnen und ‑aktivisten – – das mache ich, danke – in anderen Regionen der Welt, die trotz der Drohung tödlicher Repressionen sich gegen die Nutzung fossiler Ressourcen wehren. Vielen Dank euch!