- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Erlauben sie mir zu Beginn meiner Rede eine Anmerkung zu der Aussage des Herrn Bundesfinanzministers bezogen auf die Aussage von Herrn Dr. Meister von heute Morgen. Sie verweisen auf einen vermeintlichen Widerspruch zwischen der Forderung des Kollegen Meister, mehr für das Wirtschaftswachstum zu tun, und der Tatsache, dass wir gegen den Nachtragshaushalt 2021 klagen. Darüber will ich mit Ihnen gar nicht diskutieren; das werden wir an anderer Stelle bestimmt noch tun. Wie erklären Sie persönlich sich eigentlich den Widerspruch, dass Sie in Karlsruhe für die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags streiten, während gleichzeitig diese Abschaffung überhaupt nicht im Koalitionsvertrag steht?
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich finde den Widerspruch, dass Sie sich in Ihrem eigenen Handeln nicht davon leiten lassen, was Sie selber eigentlich wollen, viel eklatanter.
Das ist aber wirklich ganz schlecht!)
Wir haben heute zwei Gesetze beraten, bei denen es um Entlastung geht – das Steuerentlastungsgesetz und das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz – und bei denen wir uns – da wiederhole ich mich von heute Morgen; andere Kollegen haben das auch schon gesagt – in der Zielsetzung einig sind: Es geht um die Stabilisierung der Wirtschaft, wir wollen die Eigenkapitalbasis der Unternehmen stärken, wir wollen mehr Liquidität in die Unternehmen bringen. Von daher: Einigkeit im Ziel. Jetzt müssen wir uns gegenseitig überprüfen, ob die Lösungen, die wir für diese Zielsetzungen haben, ausreichend sind. Da haben wir erhebliche Bedenken, und die haben wir auch schon dargelegt; ich werde sie gleich noch mal darlegen. Von daher: Lassen Sie uns in den Wettstreit eintreten, die beste Lösung zu finden, damit wir gemeinsam das Ziel erreichen können, das wir erreichen wollen.
Ich will noch eines erwähnen – weil oft von den Linken kommt, wir würden Unternehmer entlasten –: Wir entlasten Unternehmen. Jede volkswirtschaftliche Studie beweist Ihnen, dass die Entlastung von Unternehmen letztendlich zur Sicherung von Beschäftigung führt, also zu mehr Beschäftigung, letztendlich auch zu höheren Löhnen und zu mehr Wachstum. Das dient allen. Von daher ist es eine ganz konkrete Leistung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn wir Unternehmen entlasten. Deshalb sind dazu auch im Vierten Corona-Steuerhilfegesetz Entlastungen vorgesehen.
Der Finanzminister hat vorangestellt, dass das noch nicht der Entwurf für eine Unternehmensteuerreform ist; das werfe ich ihm auch gar nicht vor. Wir haben lange genug mit unserem Koalitionspartner versucht, da einiges zu erreichen. Wir als CDU/CSU-Fraktion haben bereits im November 2019 ein Papier zur Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts beschlossen – Markus Herbrand wird sich erinnern –, das sehr inhaltsgleich mit einem FDP-Antrag war, den ich leider lange nicht mehr gesehen habe.
Abgeschrieben hattet ihr das! Abgeschrieben!)
Aber wir sind uns auch da eigentlich einig.
Von daher ist das Thema Verluste adressiert, und das ist gut. Auch da wollten wir mehr, aber der damalige SPD-Finanzminister Scholz hat das verhindert. Von daher ist es richtig, dass die Beträge noch mal erhöht werden. Von daher ist es richtig, den Rücktragzeitraum dauerhaft auf zwei Jahre zu verlängern. Wir müssen nur zur Kenntnis nehmen, dass, wenn wir das für die Veranlagungsjahre 2022 bzw. 2023 machen, wir die Verluste genau in die Jahre zurücktragen, in denen wir die coronabedingten Verluste in den Gesellschaften hatten, nämlich in den Jahren 2020 und 2021. Und das ist das Problem.
Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/CSU])
Zwei Jahre sind grundsätzlich gut, aber es verpufft völlig. Von daher ist es eine Scheinlösung. Deshalb ist unser Vorschlag, dass wir auf jeden Fall temporär auf drei Jahre gehen, um genau das zu erreichen, was Sie ja eigentlich erreichen wollen.
Was im Rahmen der Verlustverrechnung völlig unter den Tisch gefallen ist – Verluste sind ja latente Steueransprüche an den Staat; von daher ist es klug, wenn man diese Liquidität für die Unternehmen fließend macht –, ist die sogenannte Mindestbesteuerung. Das ist sehr technisch. Aber es ist bei uns so, dass man Verluste nicht unbegrenzt vortragen kann, also nicht vollständig mit Gewinnen verrechnen kann, die hoffentlich nach der Coronapandemie und der jetzigen Ukrainekrise entstehen werden. Man kann nur 1 Million Euro unbegrenzt verrechnen und oberhalb dieses Betrags nur 60 Prozent. Ich würde vorschlagen, dass wir die coronabedingten Verluste, die entstanden sind, dafür nutzen, die Mindestbesteuerung für diese Zeiten auszusetzen. Ich glaube, es wäre ein großer Beitrag für die Unternehmen, wenn wir hier bei der Verlustverrechnung nach vorne kommen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu gehört natürlich auch die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen. Wir sind sehr für die degressive Abschreibung. Ich begrüße ausdrücklich, dass diese kommt, wenn schon die Super- oder Turboabschreibungen nicht kommen. Aber einen Unterschied will ich doch herausarbeiten. Die Kollegin Beck hat sehr darauf abgehoben, dass es bei den Superabschreibungen um gewisse Investitionen geht: in Klimaschutz bzw. in Digitalisierung. Die Abgrenzungsfrage ist sehr schwer.
Zuruf des Bundesministers Christian Lindner)
Herr Minister, die Spitzenverbände werden Ihnen auch gesagt haben, dass sie sich eigentlich wünschen, dass ähnlich oder genauso wie bei der degressiven Abschreibung alle Investitionen, also alle Wirtschaftsgüter, besser abgeschrieben werden können. Von daher sollten wir das auch noch mal gemeinsam diskutieren.
Letzter Punkt – die Zeit läuft auch mir weg –: Fristverlängerung. Herr Kollege Herbrand, ich bin Ihnen ja sehr dankbar. Der Bundesrat hat heute in all seiner Weisheit, glaube ich, einstimmig entschieden, dass es nicht ausreichend ist, was hier gemacht wird. Die Länder sind ja für den Steuervollzug zuständig. Von daher ist die Ampelkoalition, glaube ich, gut beraten, diese Vorschläge zu übernehmen.
Nur noch ein Hinweis zum Bundesamt für Justiz, das die Frist nicht verlängert hat, aber die Offenlegungsfrist bis zum 7. März verlängert hat. Ich finde, es ist den Unternehmen, die offenlegen müssen, nicht fair gegenüber, dass, wenn am 7. März die Frist abläuft, auf den Knopf gedrückt wird und dann die Androhung von Zwangsgeldern herausgeht. In dieser Situation kann man auch anders damit umgehen. Ich habe auch die Erwartung an das Bundesamt für Justiz, in Zukunft anders damit umzugehen.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächste Rednerin erhält das Wort für die SPD-Fraktion die Kollegin Nadine Heselhaus.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)