Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Momentan nehmen wir von den Hungernden, um die Verhungernden vor dem Tod zu bewahren.“ Diese Aussage von Verantwortlichen des World Food Programme aus den letzten Tagen verdeutlicht, in welcher dramatischen Situation viele Länder, vor allem auch Entwicklungsländer, sind. Diese Aussage führt uns außerdem vor Augen, dass dieser brutale Angriffskrieg auf die Ukraine nicht nur unermessliches Leid für die Bürger in der Ukraine mit sich bringt, sondern auch in zahlreiche Entwicklungsländer den Hunger zurückbringt, in Länder, meine sehr geehrten Damen und Herren, die ohnehin oftmals zu den ärmsten Ländern der Welt gehören, in denen Mangelernährung auch zu normalen Zeiten keine Seltenheit ist, und auch in Länder, deren finanzielle Möglichkeiten begrenzt sind und aufgrund der Coronapandemie heute kaum noch vorhanden sind. Im Libanon ist seit ungefähr einer Woche das Brot rationiert. Die Preise sind um 20 Prozent gestiegen. 66 Prozent des Weizens kamen bisher aus der Ukraine. In Somalia sind die Preise für Weizen um 300 Prozent gestiegen. Tunesien, Libyen, Gambia, Mauretanien, Eritrea, Ägypten etc.: Die Liste der Länder, die von Hunger und Armut und auch von steigenden Preisen betroffen sind, ließe sich beliebig fortsetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ukraine wird aufgrund des Krieges in diesem Jahr größtenteils als Weizenlieferant ausfallen. Die Bilder aus den Kriegsgebieten haben wir alle vor Augen. Aber auch die Bilder der hungernden Menschen, der hungernden Kinder. Deswegen sage ich ganz deutlich: Krieg ist Mord. – Und um es mit Gerd Müller zu sagen: Auch Hunger ist Mord. Dieser Hunger führt zwangsläufig zu zunehmenden Konflikten. Konflikte bedeuten Instabilität. Aufstände und gewalttätige Auseinandersetzungen sind die Folge. Ich darf im Zusammenhang mit der heutigen Debatte an die Getreidepreissteigerungen vor rund zehn Jahren erinnern und daran, welche Folgen diese hatten. Viele dieser Folgen beschäftigen uns ja auch heute noch. Deswegen ist es ehrlicherweise unredlich, Frau Düring, wenn Sie hier den moralischen Zeigefinger heben und jetzt versuchen, den Klimawandel hier dagegen auszuspielen. Sie fliegen ja, soweit ich weiß, am Ostermontag nach Mali. Vielleicht fragen Sie dort die Mütter mit ihren hungernden Kindern, was sie davon halten, dass Sie der Klimawandel gerade mehr beschäftigt als die Ernährung der Kinder. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Deutschland und Europa müssen jetzt handeln. Sorgen Sie dafür, dass die Potenziale in der Landwirtschaft ausgeschöpft werden können. Sorgen Sie dafür, dass wir möglichst schnell auch den Ländern im Globalen Süden helfen können. Wir müssen Landwirtschaft, wir müssen Ernährung und Entwicklung zusammendenken. Es braucht eine langfristige Strategie, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels. Deswegen braucht es neben dem vernetzten Ansatz von Sicherheit und Entwicklung auch eine Vernetzung von Agrarpolitik und Entwicklungspolitik. Was ich überhaupt nicht verstehe – Frau Künast, Sie haben das World Food Programme auch angesprochen –, ist, dass Ihre Regierung im aktuellen Haushalt des Entwicklungsministeriums die Mittel für das World Food Programme um 50 Prozent kürzt, dass Ihre Regierung die Mittel für die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ um 60 Millionen Euro kürzt. Die aktuelle Situation gebietet etwas anderes, und Sie stellen sich hierhin mit moralisch erhobenem Zeigefinger und versuchen, die großen Reden zu halten. Ich sage Ihnen eines: Natürlich kann man vom Geld nichts abbeißen. Es braucht eben auch die Potenziale in der Landwirtschaft, und die müssen wir jetzt heben, und zwar schnell. – Natürlich auch in diesen Ländern. Es muss jetzt schnell gehen, Frau Künast. Deswegen müssen wir hier zügig handeln. Sie müssen handeln; Sie sind in der Regierung. Es reicht nicht, immer nur zu warnen. Ihre Minister warnen immer gerne. Ich sage Ihnen was: Handeln Sie!