Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie zufällig Hase Felix, den Kinderbuchhasen? Meine Söhne haben einen schönen blauen Kinderreisekoffer, auf dem dieser Hase aufgedruckt ist. Als ich neulich vor dem Berliner Hauptbahnhof beim Ankunftszelt für die Kriegsflüchtlinge über die Straße gegangen bin, kam mir eine ukrainische Mutter mit ihrem kleinen Sohn entgegen und lief auf dieses Zelt zu. Und der Junge zog genau den gleichen blauen Hasenkoffer hinter sich her. Diese kleine Begegnung hat mich unglaublich gerührt: Kinder, die ihrem Zuhause entrissen sind, ihr Liebgehabtes zurücklassen müssen und mit ein paar Habseligkeiten an der Hand ihrer Mütter ins Ungewisse gehen. Menschen, die auf der Flucht sind, kommen jetzt wieder in unsere Städte und Gemeinden. Sie brauchen als Allererstes Aufnahme, Schutz und Unterbringung, dann Lebensunterhalt, gesundheitliche Fürsorge, Bildung und weitere Integration in unsere Gesellschaft. Alle diese Aufgaben werden letztlich auf lokaler Ebene gelöst, von den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kommunen. Diese Menschen leisten im Moment Großes und haben auch in den letzten Jahren immer Großes geleistet. Ich danke ihnen sehr, sehr herzlich für ihr großes persönliches Engagement. Wir brauchen jetzt kluge Lösungen, um die Akteure in den Kommunen zu entlasten und zu stärken. Der zentrale Punkt ist, dass wir es jetzt schaffen müssen, auch noch weitere Menschen aus der Ukraine möglichst unbürokratisch bei uns in ganz Europa aufzunehmen und zu integrieren. Es ist ein humanitärer und auch ein sicherheitspolitischer Imperativ. Wir brauchen deshalb jetzt kluge Lösungen, um die Akteure bei uns in den Kommunen zu entlasten. Dabei geht es meiner Meinung nach – auch der Kollege Kindler hat es angesprochen – nicht in erster Linie um Geld vom Bund. Ich möchte dazu kurz anmerken: Die Kommunen haben 2021 einen Überschuss von 4,6 Milliarden Euro erzielt. Ich bin als Liberale und überzeugte Europäerin sehr stolz darauf, dass es der EU mit der unglaublich schnellen Aktivierung der Richtlinie zur schnellen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen gelungen ist, eine sehr unbürokratische Erteilung eines Aufenthaltsrechts zu ermöglichen. Ich würde mir aber wünschen, dass es eine echte gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik gibt; daran arbeite ich, daran arbeiten wir Freie Demokraten zusammen mit unseren Partnern von der SPD und den Grünen. Eine noch geschlossenere europäische Migrationspolitik würde es uns in der jetzigen Situation erlauben, die zweite Komponente der EU-Richtlinie zu aktivieren, nämlich einen europaweiten Verteilschlüssel, den sogenannten Solidaritätsmechanismus. Ohne diesen Solidaritätsmechanismus gilt im Moment das Prinzip der Selbstverteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas mit allen damit verbundenen administrativen und praktischen Herausforderungen, die auch in Deutschland der Königsteiner Schlüssel nicht vollständig zu lösen vermag. Das zweite große Thema ist die Unterbringung der geflüchteten Menschen. Auch hier begrüße ich es sehr, wie unbürokratisch und Hand in Hand mit der Zivilgesellschaft an Lösungen gearbeitet wird. Über die Kooperation der Initiative „Unterkunft Ukraine“ mit dem BMI werden erfolgreich Geflüchtete mit aufnahmebereiten Familien in Deutschland zusammengebracht. Ich mache mich dafür stark, dass dieses Programm zum Wohle aller zukunftsfest gemacht wird und möglichst viele langfristige Wohnangebote anziehen kann. Ein drittes Thema, für das ich mich als Liberale mit besonderer Leidenschaft engagiere, ist eine gelungene und auch längerfristige Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt; denn Arbeit gibt Halt, Struktur, und gerade in einer Fluchtsituation stärkt sie auch den Selbstwert. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass wir geflüchteten Menschen, die bei uns arbeiten wollen, eine echte Bleibeperspektive verschaffen. Stichworte dabei sind ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild und der Chancenaufenthalt. An diesem Projekt, das auch in unserem Koalitionsvertrag steht, sollten wir jetzt mit aller Kraft und mit Geschwindigkeit arbeiten. Wir brauchen vielfältige und kluge Lösungen, um die Akteure in unseren Kommunen zu entlasten. Erstens: praktische Lösungen dafür, dass wir im Moment leider noch keinen europäischen Solidaritätsmechanismus haben. Zweitens: die Stärkung des Ehrenamts und die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilgesellschaft, einer Zusammenarbeit, die respektvoll und auf Augenhöhe ist. Und drittens schließlich: eine vorausschauende Gesetzgebungsarbeit. Es müssen jetzt die Weichen für das Thema Arbeitskräftemigration gestellt werden. Ich danke Ihnen.