Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Ich würde Sie gern zur Genese des Pflegebonus noch einmal in das Jahr 2020 mit zurücknehmen wollen. Es gab eine erste Viruswelle, und es gab eine zweite. In den Krankenhäusern haben die Menschen rund um die Uhr und unter massivsten Belastungen gearbeitet, damals teilweise ohne ausreichende persönliche Schutzausrüstung, weil es diese schlicht nicht mehr gab, und ohne die Möglichkeit der Impfung, um sich selbst zu schützen. Auch in Pflegeeinrichtungen und in den Diensten der ambulanten Pflege, in den Einrichtungen der Wiedereingliederungshilfe haben die Menschen extrem hart, extrem viel und unter hohen persönlichen Risiken gearbeitet. Auch der Rettungsdienst ist nach wie vor in jede Wohnung gegangen. Da wurde nicht gefragt, ob jemand Corona haben könnte, ob jemand ansteckend ist und ob man sich einem persönlichen eigenen Risiko aussetzt, sondern das wurde gemacht, einfach weil es selbstverständlich war. Es war und ist für die Fachkräfte im Gesundheitssystem eine enorme doppelte Belastung; denn zu den beruflichen Belastungen kommen die gleichen persönlichen Herausforderungen hinzu, die wir alle in unserem Alltag in den letzten Jahren gespürt haben: die Sorgen, die Ängste, die Herausforderungen, auch im Privatleben, in der Familie, wenn zum Beispiel die Kitas und die Schulen geschlossen hatten. Viele Firmen haben in den letzten beiden Jahren die Möglichkeit genutzt, ihren Mitarbeitenden Boni zu zahlen; auch der öffentliche Dienst hat von Coronaprämien profitiert. Für diese Zahlungen gab es Steuerfreibeträge. Die hohen Belastungen im Arbeitsalltag sollten damit wertgeschätzt werden. Aber ausgerechnet in den sozialen Bereichen war es nicht immer möglich, diese Anerkennung finanziell auszudrücken. Und ausgerechnet für die Pflege war es zunächst nicht möglich, diese Anerkennung finanziell zum Ausdruck zu bringen. Im Jahr 2021 gab es dadurch bereits zwei staatliche Coronaprämien: für die Alten- und für die Krankenpflege. Sie hatten damals schon ein Volumen von 800 Millionen Euro. Einige Berufsgruppen haben damals die Verteilung als nicht ganz glücklich empfunden. Es war auch so, dass nicht alle Pflegekräfte davon profitiert haben und dass die Höhe der Prämie sehr unterschiedlich gestaltet war. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag deswegen jetzt noch einmal einen Pflegebonus angelegt, er ist diesmal mit 1 Milliarde Euro, den 1 000 Millionen Euro, unterlegt. Er soll dazu dienen, die kontinuierliche Belastung und die außerordentliche Leistung, die auch im dritten Jahr der Pandemie stattfindet, zu honorieren. Das ist ein großer Betrag. Es könnte auch wieder so sein – das legen erste Stellungnahmen tatsächlich nah –, dass damit nicht allen Wünschen entsprochen und Rechnung getragen wird, was den Bezugskreis angeht, und dass sich auch andere Berufsgruppen wünschen, einbezogen zu werden. Das kann ich nur allzu gut verstehen, und das parlamentarische Verfahren wird zeigen, was hier noch möglich ist. Man muss aber betonen, dass wir hier einen Pflegebonus diskutieren, für den die Regierung einen großen finanziellen Rahmen zur Verfügung stellt. Damit setzen wir ein wichtiges Signal der Anerkennung und wissen gleichzeitig, dass es nicht bei einzelnen Signalen bleiben darf; denn wir haben ein strukturelles Problem. Uns fehlen die Pflegekräfte. Uns fehlt dort der Nachwuchs. Soziale Berufe, vor allem die Pflege, müssen endlich aufgewertet werden. Dazu gehören eine gute Bezahlung und wesentliche Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen. Das ist dann die wirkliche und nachhaltige Entlastung und die tatsächliche Anerkennung für all das, was die Menschen in den letzten Jahren für uns geleistet haben und auch weiterhin leisten, und dem sind wir in diesem Haus verpflichtet. In Zukunft darf es in der Pflege nicht mehr darum gehen, ein viel zu kurzes Tischtuch hin- und herzuschieben. Wir müssen dafür sorgen, dass auf diesem Tisch etwas Substanzielles liegt: angemessene Personalbemessungsinstrumente – die PPR 2.0 steht im Koalitionsvertrag, und sie muss kommen –, angemessene Bezahlung, kein finanzielles Ausspielen der Altenpflege gegen die Krankenpflege, gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen, Entlastungsmöglichkeiten bei der Arbeitszeit und eine generelle Stärkung der Profession Pflege mit ganz konkreten Dingen, zum Beispiel durch ein Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Pflegebonus, meine Damen und Herren, ist nicht das Ende, keine singuläre Anerkennung, sondern der Pflegebonus ist unser Anfang. Ich wünsche uns gute weitere Beratungen. Wir schauen, was möglich ist. Ich danke Ihnen.