Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ich will nicht auch noch meine Zukunft verlieren.“ Dieser Satz einer jungen ukrainischen Studentin hat mich ganz besonders berührt. Wir hören so viel über die Flüchtlinge, die zu uns kommen, führen Gespräche, treffen sie vor Ort. Darunter sind so viele Frauen, junge Mädchen und Kinder, die Hoffnungen haben, dass sie hier gut aufgenommen werden, dass sie ihre Zukunft hier fortsetzen können, dass sie gut integriert werden, dass sie die Chance auf Bildung haben und dass sie das, was sie sich an Bildung in der Ukraine aufgebaut haben, jetzt nicht auch noch verlieren wie so vieles, was sie zurücklassen mussten. Deshalb ist es unsere gemeinsame Verantwortung, ihnen diese Zukunft zu ermöglichen. Das, was ich heute teilweise an Vorwürfen – gerade von den letzten Rednern – gehört habe, macht mich wirklich sprachlos. Ich frage mich: Was tut die Bundesregierung dafür, dass diese jungen Menschen eine Zukunft haben? Was ich bisher wahrnehme, sind eine nach wie vor unklare Datenlage, wie viele Kinder und Jugendliche überhaupt hier sind, und auch eine teilweise Konzept- und sogar Sprachlosigkeit der Bundesregierung. Wir haben eine Bundesfamilienministerin – sie hat den Saal gerade schon verlassen –, die mehr mit ihrer Vergangenheit beschäftigt ist als mit den aktuellen Themen. Alle Punkte, die heute erwähnt worden sind, sind Programme und Initiativen der letzten Regierungen, die jetzt fortgeführt werden, was richtig ist. Aber alles, was jetzt genannt wurde, sind die Aktivitäten von Ehrenamtlichen, von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt und von Hilfsorganisationen. Wir bedanken uns zu Recht bei ihnen, aber das reicht nicht. Wir brauchen auch eigenes Engagement dieser Bundesfamilienministerin. Das Gleiche gilt für die Bundesministerin für Bildung und Forschung. Wir haben – Stand letzte Woche – 41 000 ukrainische Kinder und Jugendliche in den deutschen Schulen und viele auch in den Kindergärten, und es können auch noch Hunderttausende werden. Vor Ort fragt man sich: Wie bewältigen wir das? Die Schulen sind seit zwei Jahren wegen Corona im Ausnahmezustand. Die Kindergärten sind gut gefüllt. Das ist eine Riesenkraftanstrengung. Dann schaue ich in mein Bundesland, wo die SPD-Bildungsministerin sagt: Die integrieren wir alle in den Regelunterricht; die stecken wir einfach in die Klassen dazu. Ob das eine Lösung ist für die Kinder, die hier jetzt traumatisiert ankommen, und für die Kinder, die schon in den Schulen sind, dahinter würde ich einmal ein großes Fragezeichen setzen. Wenn sich dann unsere Bundesbildungsministerin zum großen Ziel gemacht hat, Bildungsgerechtigkeit in diesem Land zu fördern, dann kann sie genau an dieser Stelle zum ersten Mal damit anfangen: Bildungsgerechtigkeit für die Kinder, die zu uns kommen, und Bildungsgerechtigkeit für die, die schon da sind. Da erwarte ich konkrete Hilfe und konkrete Unterstützung und nicht einfach ein Abarbeiten des bisherigen Koalitionsvertrags. Das gilt im Übrigen auch für den Bundesgesundheitsminister. Es gibt auch eine Menge Gesundheitsfragen, die zu klären sind. Jetzt werden die Impfzentren geschlossen, und das, obwohl wir alle wissen: In unserem Land gibt es die Masernimpfpflicht für die Kinder in den Kindergärten und Schulen. Es sind Untersuchungen zu machen. Trotzdem schließen wir die Impfzentren, die auch in dieser Situation, die in den nächsten Wochen noch schlimmer werden wird, so eine wertvolle Unterstützung sein könnten. Ich habe mich gefragt: Frau Bünger von der Linken, warum beschimpfen Sie eigentlich hier die Union? Es ist mir sehr schnell klar geworden: weil die Situation in Ländern wie Berlin, wo Sie mitregieren, besonders prekär ist. Da stehen die Ehrenamtler am Bahnhof und sagen: Diese Regierung lässt uns allein. Wir können als Ehrenamtler nicht alles schultern. Wir brauchen mehr Unterstützung, gerade von dieser Regierung hier in Berlin. Deshalb sagen wir: Es braucht einen Masterplan für die Integration der Kinder und Jugendlichen. Wir unterstützen gerne auch mit konkreten Maßnahmen. Wir sind bereit, mitzumachen. Es muss eine gemeinsame Kraftanstrengung sein. Aber ich erwarte da auch mehr Engagement dieser Bundesregierung.