- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grundsatz sind wir uns, glaube ich, einig:
Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)
Wir wollen die Pandemie besiegen. Jetzt geht es darum, was der richtige Weg ist. Wir haben heute die Möglichkeit, ein Vorsorgegesetz zu beschließen, das uns die Chance gibt, diesen Weg rechtlich und handwerklich gut vorzubereiten.
Das ist kein Gesetz, was Sie vorlegen!)
Ich mag es nicht, wenn man hier in die Glaskugel schaut. Keiner von uns hat die Gewissheit und weiß wirklich, was im kommenden Herbst und Winter geschehen wird. Unser Vorschlag bietet die Möglichkeit – das ist hier ein bisschen zu kurz gekommen – einer Evaluierung der Lage. Das ist fester Bestandteil unseres Vorschlags.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir ständig über die Situation in den Krankenhäusern und über die Infektionslage informiert werden, dass wir ständig wissen, was Sache ist, um dann ordentlich entscheiden zu können.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte hier schon noch einmal auf Herrn Dr. Dahmen und auf Frau Dr. Piechotta eingehen. Sie werfen uns hier vor, wir wollten irgendjemandem eins mitgeben oder würden parteipolitisch handeln,
Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
obwohl es eine Gewissensentscheidung ist.
Ich möchte Sie fragen: Wenn Sie diese Form der Gruppenanträge für richtig halten, warum machen Sie dann Gruppenanträge nicht auch bei anderen Sachen? Aus der Not heraus machen Sie Gruppenanträge, weil Sie sich nicht einig sind. Das ist doch die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])
Wenn wir dann noch über „Focus Online“ erfahren, dass Bundeskanzler Scholz Frau Baerbock auffordert, sie solle doch das NATO-Treffen früher verlassen, um zur Abstimmung über die Impfpflicht zu kommen, spricht das doch Bände, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Kollege Irlstorfer, ich habe aus der Fraktion der Grünen, aber auch aus der Fraktion Die Linke den Wunsch nach einer Zwischenbemerkung oder Zwischenfrage gesehen.
Gut, wenn Frau Baerbock gleich kommt!)
Lassen Sie sie beide zu?
Selbstverständlich.
Das ist ja eine wichtige Abstimmung! Was haben Sie denn da zu kritisieren?)
Dann würde ich zuerst dem Kollegen aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort geben.
Eine Ministerin, die das Parlament ernst nimmt, ist doch immer besser als eine Ministerin, die das Parlament nicht ernst nimmt!)
Vielen Dank. – Wir haben viel gemeinsam. Wir teilen uns einen Wahlkreis und auch die kommunalpolitische Erfahrung vor Ort. Was lernen wir daraus? Dass das Ziel im Fokus steht und dass wir gemeinsam an einer Sache arbeiten.
Wie bewerten Sie, dass der Impuls, den jeder Politiker und jede Politikerin hat, das Ziel über die Sache zu stellen, jetzt durch Ihre parlamentarische Geschäftsführung ausgebremst wird, indem gesagt wurde: „Auf keinen Fall dürft ihr euch konstruktiv am Prozess beteiligen und an einer Lösung dieser Dinge mitarbeiten“?
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD
Wir haben den Brief ja alle gelesen! Wie kann man nur so doof sein!)
Herr Kollege Eckert, ich möchte hier ganz klarstellen – mein Vorredner, Herr Sorge, hat es auch noch einmal betont –, dass die Union jederzeit gesprächsbereit ist.
Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber dies muss natürlich schon von dem Willen getragen sein, das Richtige zu tun. Das ist notwendig, und das leitet uns.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die zweite Zwischenfrage stellt die Kollegin Vogler aus der Fraktion Die Linke.
Lieber Kollege Irlstorfer, Sie haben hier die Regierungskoalition dafür kritisiert, dass sie dieses Anliegen in Gruppenanträgen behandelt. Das habe ich auch getan, weil ich der Ansicht bin, dass ein Gesetzentwurf für eine allgemeine Impfpflicht durchaus von der Bundesregierung hätte vorbereitet und vorgelegt werden können.
Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der CDU/CSU)
Aber das aus Ihrem Mund zu hören, kommt mir doch ein bisschen seltsam vor, war es doch gute gelebte Praxis der CDU/CSU-Fraktion in den letzten 16 Jahren, immer dann, wenn Sie sich selber nicht einig waren – zwischen der CSU und der CDU zum Beispiel – oder wenn Sie in der Fraktion unterschiedlicher Auffassung waren,
Hä?)
auch Gruppenantragsverfahren vorzusehen, zum Beispiel bei der Organspende. Daran kann ich mich noch gut erinnern; daran war ich auch beteiligt.
Also ich frage mich wirklich, welche Rolle die Union als größte Oppositionsfraktion hier in diesem Parlament einzunehmen gedenkt, wenn Sie die positiven Erfahrungen, die wir mit diesen Gruppenverfahren teilweise gemacht haben, jetzt, wo Sie in der Opposition sind und die Rolle der Oppositionsführerschaft annehmen, nun plötzlich nicht mehr ernst nehmen. Wenn ich dann lese, dass bei Ihnen in der Fraktion der Parlamentarische Geschäftsführer angeordnet hat: „Falls unser Antrag keine Mehrheit findet“ – jetzt zitiere ich –, „sollte dem Impuls widerstanden werden, anderen Vorlagen zuzustimmen, nur damit es irgendein Ergebnis gibt“, frage ich mich doch: Wo ist denn da das Recht und die Pflicht der Abgeordneten, sich aus eigener Gewissensentscheidung auch eine eigene Meinung und Position zu erarbeiten?
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Ich sage Ihnen ganz klar: In meiner Fraktion haben wir unterschiedliche Auffassungen. Wir haben diese unterschiedlichen Auffassungen zu den verschiedenen Vorlagen ausgetauscht, miteinander diskutiert, und wir werden hier heute frei entscheiden und frei abstimmen, jede und jeder nach ihrem Gewissen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das muss Ihnen doch körperliche Schmerzen bereiten, dass die Linksfraktion da demokratischer ist, als die CDU/CSU-Fraktion es jemals sein kann.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP, der AfD und der LINKEN
Lachen bei der CDU/CSU
Das ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten!)
Frau Kollegin Vogler, ich kann Ihnen nur sagen: Körperliche Schmerzen bereitet mir aktuell Long Covid und nicht ein Verfahren hier oder sonst irgendetwas.
Aber deshalb brauchen wir die Impfpflicht, Mensch!)
Ich kann Ihnen sagen, dass ich aufgrund dieser Tatsache weiterhin bestärkt werde, dass man richtig und vorsichtig handeln muss.
Ich kann Ihnen sagen: Was wir hier erleben, ist schon eine bizarre Situation. Sie werfen uns hier jetzt vor, dass wir uns abstimmen. Wir sind doch die einzige Fraktion gewesen, die in der Lage war, als Fraktion überhaupt einen Vorschlag zu erarbeiten.
Beifall bei der CDU/CSU
Lächerlich!)
Dass Sie uns das jetzt vorwerfen, finde ich seltsam; auf jeden Fall nehme ich es zur Kenntnis.
Ich kann Ihnen sagen: Ja, in der Vergangenheit haben auch wir von diesem Instrument Gebrauch gemacht.
Zuruf von der SPD: Aha!)
Aber wenn Sie jetzt sagen, dass dies eine Gewissensentscheidung ist, dann frage ich mich: Was ist mit § 219a? Da haben Sie eine Mehrheit und nutzen dieses Instrument nicht.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Scheinheilige Argumente!)
Da ist es auf einmal keine Gewissensentscheidung.
Ich bedanke mich für Ihre Zwischenfrage und möchte mit meiner Rede fortfahren.
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Das Thema liegt mir am Herzen. Die Situation ist so, dass wir diese Debatte heute führen. Wir führen sie zu spät, glaube ich.
Deshalb sind Sie weiter gesprächsbereit!)
Ich glaube auch, dass wir ein Impfregister benötigen; das ist wichtig, das ist notwendig. Wenn wir zu einem Ergebnis kommen würden, durch das eine Impfpflicht auf den Weg gebracht wird, dann würde ich mir wünschen, dass es dabei Ausfahrten gibt, Ausfahrten für Menschen, die körperliche Schäden haben. Wo ist denn hier eine Ausnahmeregelung? Wo sind denn hier die Ausnahmen für psychische Situationen?
Das hätten Sie doch mit uns verhandeln können!)
Wo sind die Ausnahmen auch für das Thema Angst, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir berücksichtigen hier verschiedene Gruppierungen von Menschen überhaupt gar nicht, zum Beispiel Menschen, die in der Familie jemanden mit einem Impfschaden haben und dadurch Angst haben, dass auch sie so etwas erleiden. Das wird nicht abgebildet. Das ist handwerklich nicht in Ordnung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass wir das Virus, das uns im Herbst und Winter vor eine neue Situation stellen könnte, noch nicht kennen,
Also keine Vorsorge!)
und dass wir auch noch keinen entsprechenden Impfstoff haben, eben weil wir das Virus noch nicht kennen. Deshalb lassen Sie uns hier wirklich mit Weitblick und mit Augenmaß handeln. Wir wollen die Menschen schützen. Wir wollen vor allem Leben schützen. Das ist das, was uns leitet.
Vielen herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin für die Gruppe „Baehrens, Janecek und andere“ ist die Kollegin Katrin Helling-Plahr.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])