Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Sehr viele hier im Haus zögern, ob eine Impfpflicht noch notwendig ist, weil die Omikron-Variante milder verläuft als frühere Varianten. Ich möchte dazu sagen: Omikron ist deshalb eine etwas mildere Variante, weil schon so viele Menschen geimpft sind. Wenn sich alle so verhalten hätten, wie es hier zum Teil vorgetragen wird, und sich niemand hätte impfen lassen, dann hätten wir jetzt eine lupenreine Katastrophe und wären im völligen Lockdown. Das muss man verstehen. Herr Kollege Kubicki, alle bisherigen Varianten sind von Experten nicht vorhergesagt worden. Sie haben uns aber eben vorgetragen, was im Herbst kommt. Seien Sie bescheidener. Ich schätze Sie. Ich gebe Ihnen Literatur, die zeigt: Es sind sehr gefährliche Varianten möglich. Wenn die Omikron-Variante zum Beispiel tiefer in die Lungenabschnitte vordringt – das sind nur fünf oder sechs Mutationen –, dann haben wir eine sehr ansteckende, sehr gefährliche Variante. Davor haben namhafte Kollegen Angst. Sie sollten nicht vortäuschen, Sie wüssten, dass das im Herbst nicht der Fall ist. Nein. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es im Oktober, selbst wenn die Omikron-Variante im Herbst zurückkäme – es käme keine andere, gefährlichere Variante; die Situation wäre genauso wie jetzt –, nach allem, was die Modelle hergeben, ungefähr 200 bis 300 Todesfälle pro Tag geben wird, wie jetzt. Wollen wir das als Gesellschaft wirklich akzeptieren? Wollen wir uns daran gewöhnen, dass jeden Tag 200 oder 300 Menschen sterben? Und wollen wir uns erzählen lassen, dass einzelne Glück gehabt haben, während andere auf der Intensivstation liegen und um ihr Leben kämpfen? Das kann keine humane Gesellschaft für uns sein. Wir haben es in der Hand. Ich appelliere noch einmal an die Kolleginnen und Kollegen in der Union: Von Ihnen wird heute sehr viel abhängen. Sie können der Verantwortung nicht ausweichen, indem Sie sagen, Sie seien gesprächsbereit. Die Gespräche haben über Monate stattgefunden. Heute ist der Tag der Entscheidung. Lassen Sie uns nicht im Stich, oder stehen Sie wenigstens zu dieser Verantwortung. Wenn Sie die Impfflicht nicht wollen, dann sagen Sie es. Es gibt Abgeordnete in diesem Parlament, von denen ich so gut wie nichts erwarte; sie sagen aber klar, was sie wollen. Seien Sie ehrlich: Wollen Sie die Impfflicht oder nicht? Wir brauchen heute Ihre staatstragende Unterstützung, um im Herbst anders dazustehen als jetzt. Ich möchte zum Schluss die wichtigste Zahl nennen. Der Abgeordnete Janosch Dahmen, er ist Arzt, hat es angedeutet; ich sage es noch einmal, wir sind da einer Meinung. Die wichtigste Zahl heute ist 90 Prozent. Wenn wir die Impfflicht ab 60 einführen, dann verhindern wir 90 Prozent der Todesfälle, die wir mit einer Impfflicht ab 18 verhindert hätten. Wir haben heute durch die Einführung einer Impfpflicht die Möglichkeit, 90 Prozent der Todesfälle zu vermeiden. Nutzen wir bitte diese Gelegenheit.