Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst meinem Kollegen Gero Hocker, der hier eigentlich stehen sollte, gute Genesung wünschen. Alles Gute, Gero! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, wir alle wissen, die Kornkammer in Europa brennt und der Ukrainekrieg hat nicht nur schwere Folgen für die Energieversorgung, sondern auch für die Lebensmittelversorgung. Die Getreidepreise steigen ins Unermessliche – das haben wir gehört –, und wo in Zukunft das Sonnenblumenöl herkommen soll, ist fraglich; derweil ist auch der heimische Anbau von Ölsaaten stark rückläufig. Da haben wir noch einiges zu klären. Schon heute ist klar, dass die Strategie in der Landwirtschaft und in der Ernährungspolitik – da sind wir uns alle einig – überdacht werden muss. Ein Verzicht auf ungefähr 13 Prozent der Produktion – das wäre die Auswirkung der Farm-to-Fork-Strategie, die kommen soll – können wir uns im Moment nicht erlauben. Ich bin froh, dass Frankreichs Präsident Macron die Herausforderung erkannt hat und damit in der Europäischen Union vorangeht. Dem Beispiel sollte Deutschland folgen. Flächenstilllegungen können wir uns jetzt weniger denn je erlauben. Es ist ein guter und wichtiger Schritt, dass der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angekündigt hat, ökologische Vorrangflächen für die Lebensmittelproduktion freizugeben. Aber damit die Maßnahme nicht wirkungslos bleibt, muss auf diesen Flächen unbedingt auch Pflanzenschutz zur Anwendung kommen dürfen. Es handelt sich hier nicht – das muss ich ausdrücklich sagen – um Pflanzengift, es handelt sich um Pflanzenschutz. Ich bin mir sicher: Der Druck, Flächen zu bewirtschaften, statt sie stillzulegen, wird mit jedem Tag des Krieges größer. Die Preise für Lebensmittel steigen massiv. Während wir in Deutschland nur etwas tiefer in die Tasche greifen müssen, sind die Menschen in ärmeren Ländern akut von einer Hungersnot bedroht; die Entwicklungsministerin Frau Schulze hat bereits eindringlich darauf hingewiesen. Herr Minister, Sie haben vorhin selbst gesagt, was da auf uns zukommt. Die Knappheit von Lebensmitteln dürfen wir durch das Festhalten an überholten, vermeintlich nachhaltigen Strategien nicht noch weiter befördern. Auch beim Dünger zeigt sich, wie abhängig wir von den Märkten der Ukraine und Russlands sind. Deshalb brauchen wir mehr denn je die Tierhaltung, die uns wertvollen Dünger im Sinne der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft liefert. Die Bundesregierung wird mehr für die Investitionssicherheit der Betriebe tun, mehr für die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, und wir werden mehr für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit von Betrieben, vor allem auch in der Tierhaltung in Deutschland, tun. Meine Damen und Herren, Herausforderungen gibt es nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in der Forstwirtschaft. In Deutschland wird vor allem schnell wachsendes Nadelholz gebraucht; angepflanzt wird aber überwiegend langsam wachsendes Laubholz. Gleichzeitig werden Nadelhölzer aus Russland importiert, was im Moment, aber sicher auch in der Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Die heimische Industrie spürt bereits jetzt, dass die Nachfrage nach sibirischer Lärche tot und diese nicht mehr zu bekommen ist. Auch diese Praxis müssen wir überdenken. Nadelholz muss in unseren Wäldern mindestens 60 Prozent ausmachen; zum Bauen wird nun mal Nadelholz gebraucht. Das Thünen-Institut hat errechnet, dass bei der Fortführung des Waldumbaus bis 2100 der Nadelholzanteil von heute ungefähr 70 Prozent auf weniger als 30 Prozent zurückgeht. Es wäre auch ein fatales Signal, Importe weiter auszuweiten, erst recht aus Ländern, die den Regenwald demontieren. In Deutschland dürfen weitere Waldflächen auch nicht stillgelegt werden. Wir brauchen für einen klimaresilienten Wald ebenso klimarobuste und nichtheimische Baumarten. – Na ja, der Koalitionsvertrag ist auch nur ein Papier, das aufgrund einer anderen Weltlage überarbeitet werden kann. Die Zeitenwende, die wir erleben, muss die notwendigen Schritte in der Land- und Forstwirtschaft nach sich ziehen, und wir, die Bundesregierung, werden daran arbeiten. Vielen Dank.