- Bundestagsanalysen
Tagesordnungspunkt:
nicht gefunden
Zwischenrufe:
2
Beifall:
11
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute vor einer Woche hat Präsident Selenskyj hier zugeschaltet im Bundestag gesprochen. Er hat gesprochen von Bomben und Raketen auf Wohnungen, auf Krankenhäuser, auf Kindergärten, auf Schulen. Er hat gesprochen von Nord Stream 2; er hat in diesem Zusammenhang den Ausdruck gebraucht, das sei Zement für eine neue Mauer zwischen Freiheit und Unfreiheit in Europa. Er hat an unsere historische Verantwortung für die Ukraine appelliert. Diese Worte des frei gewählten Präsidenten der Ukraine, überfallen von Putin mit einem schrecklichen Krieg, wiegen schwer. Sie treffen unser Herz, unser Gewissen, und sie dürfen nicht folgenlos bleiben.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir alle müssen uns fragen: Was hätten wir früher mehr tun müssen? Wie müssen wir jetzt Konsequenz zeigen? Und: Was können wir mehr tun? Die Antworten sind nicht einfach.
Aber eines möchte ich mit Blick auf die Ankündigung Putins von gestern, mit Blick auf die Sanktionierung der russischen Zentralbank sagen – dabei habe ich das unermessliche Leid der Menschen in Mariupol und an vielen anderen Orten in der Ukraine vor Augen – : Wir dürfen in dieser Situation nicht hinter unsere eigenen Beschlüsse zurückgehen und unsere eigenen Sanktionen unterlaufen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In einer anderen Konstellation, aber auch schweren Lage hat Helmut Schmidt als Bundeskanzler gesagt: „Der Staat darf sich nicht erpressen lassen.“ Heute gilt: Das freie Europa darf sich nicht erpressen lassen. Deshalb, Herr Minister und sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung, braucht es hierauf jetzt eine klare, eine gemeinsame, eine europäische Antwort. Diese erwarten wir von den Beratungen der nächsten Tage.
Beifall bei der CDU/CSU)
Der richtige Weg ist, alles zu tun, um von russischen Importen bei der Energie unabhängig zu werden. Herr Minister, auf diesem Weg haben Sie unsere ausdrückliche Unterstützung. Das ist unser Weg. Es ist richtig, das jetzt genau so zu tun. Ja, dafür haben wir eine gemeinsame Grundlage, nämlich den Beschluss des Bundestages, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Dieser wurde nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von der Großen Koalition gefasst und nun von der Ampel übernommen. Jetzt geht es darum, Energiesicherheit und Klimaschutz zusammenzubringen. Deshalb ist es notwendig, den Weg, den wir eingeschlagen haben, weiterzugehen, nämlich Ausbau der erneuerbaren Energien – da darf es keinen Stillstand geben; dieser muss massiv beschleunigt werden –,
Zurufe von der AfD)
die Steigerung der Energieeffizienz, die Fortführung der Wasserstoffstrategie. Das ist die eigentliche Antwort, das muss beschleunigt werden.
In diesem Sinne unterstützen wir auch das Oster- und das Sommerpaket. Wir werden uns die Inhalte genau anschauen. Wir werden eigene Vorschläge machen. Aber dieses Ziel unterstützen wir. Wenn gute Vorschläge gemacht werden in dem Sinne, wie Sie es beschrieben haben, wenn die Kraft der Natur und die Stärke des Marktes zusammengebracht werden, dann werden wir das mit Überzeugung im Bundestag unterstützen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Neben Oster- und Sommerpaket brauchen wir jetzt aber auch ein Winterpaket. Wir brauchen ein Paket zur Vorsorge für den kommenden Winter. Dieses muss kurzfristig auf den Weg gebracht werden, und darin müssen wir Vorsorge treffen bzw. kurzfristig darauf eine Antwort geben: Wie könnten wir ohne russische Importe über den nächsten Winter kommen? Das muss jetzt passieren.
Erstens ist es richtig, dazu alles zu unternehmen, um zusätzliche Kapazitäten zu erschließen und bei anderen Ländern als Russland einzukaufen, in Europa und weltweit. Das ist der richtige Weg. Das unterstützen wir.
Zweitens. Es ist richtig, die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass unsere Gasspeicher zu Beginn dieses Winters nicht gefüllt, sondern zu guten Teilen leer waren. Der Markt hat es hier eben nicht gerichtet,
Wer war denn Wirtschaftsminister?)
und das wird so lange gelten, wie Gazprom 20 Prozent der deutschen Gasspeicher unter seinem Einfluss hat.
Genau!)
Deshalb werden wir als Union morgen im Bundestag den entsprechenden Gesetzentwurf unterstützen. Da gilt es jetzt, Konsequenzen zu ziehen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])
Drittens. Herr Minister Habeck, Sie haben angemahnt, es müsse auch über Einsparungen gesprochen werden. Ich sage Ihnen: Wir sind bereit, wenn Sie Vorschläge machen, ohne Vorfestlegungen mit Ihnen über die Dinge zu sprechen, die in dieser schweren Situation möglich und vertretbar sind. Das muss auch – ohne Vorfestlegung – zum Bestandteil des Winterpakets werden. Machen Sie Vorschläge; wir werden mit Ihnen darüber sprechen. Die Forderung, es dürfe keine Denkverbote geben, richtet sich nicht nur an Sie, sondern auch wir wollen sie beherzigen.
Aber – viertens – richtet sich die Forderung eben auch an Sie. Deshalb ist unsere Aufforderung, dass Sie das tun, was Sie angekündigt haben, nämlich dass Sie ergebnisoffen und ohne Vorfestlegung prüfen, und zwar auf Basis des gemeinsamen Bekenntnisses zum Kohlekompromiss und zum Ausstieg aus der Kernenergie, was in dieser Situation möglich ist und welche Optionen es gibt, also etwa eine Modifizierung des Stilllegungspfads bei der Kohle, aber auch ein möglicher Weiterbetrieb der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke über den 31. Dezember hinaus. Ergebnisoffen und wirklich ohne Vorfestlegung – das ist unsere Erwartung.
Beifall bei der CDU/CSU)
Fünftens. Sie haben über eine Einigung bei den Entlastungen berichtet. Zur Abfederung der gestiegenen Preise muss es mehr geben, als bisher vereinbart wurde. Sie haben jetzt über einige Dinge diskutiert. Wir werden sie bewerten. Es muss mehr gemacht werden, um die hohen Belastungen von Bürgern und Betrieben abzufedern. Wenn Sie gute Vorschläge machen, werden wir Sie dabei unterstützen. Wir haben unsere eigenen Vorschläge eingebracht. Diese sind nicht so bürokratisch wie das, was bei Ihnen diskutiert wird. Sie würden sofort und zielgenau wirken. Das wäre die Basis, um auch hier zusammenzukommen.
Letzte Bemerkung. Wenn Sie so vorgehen, dann kann gelingen, dass wir – so wie bei der Sondersitzung vor vier Wochen – über die Grenzen von Regierung und Opposition zu einem breiteren Konsens zusammenkommen. Mein fester Eindruck ist: In der Lage, in der wir sind, würde es unserem Land guttun.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Frank Junge.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)