- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich ja mit dem Kollegen Brandl anfangen, aber zu ihm komme ich gleich.
Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)
Als vor gut 30 Jahren ein alter Mann, mein Großvater, und ein anderer alter Mann, der früher als Zwangsarbeiter auf dem Hof arbeiten musste, sich in den Armen lagen und sagten: „Jetzt ist Frieden in diesem Land, jetzt ist Frieden in Europa“, war auch ich dieser Meinung. Ich war es auch seitdem, weil ich es vor mir sah. Ich hörte die beiden alten Männer und später Willy Brandt sagen, was Frieden in Europa bedeutet. Seit wenigen Tagen ist diese meine Illusion zerstoben; sie ist nämlich zerstört worden. Diese systematische Zerstörung meiner Illusion und die des ganzen Landes Ukraine ist spätestens seit 2014 vorbereitet worden. Viele haben diesen Prozess beobachtet und gesehen.
Ich sehe mich noch, nachdem ich in den Bundestag kam, beim damaligen russischen Botschafter sitzen, der mir sagte: In Sotschi ist unsere nationale Identität vom Westen zerstört worden. – Da habe ich ihm gesagt: Das ist eine gefährliche Aussage. – Sie hat nämlich die Konsequenz in dem, was Russland gerade in der Ukraine anrichtet. Mit einem neonationalistischen, völkischen Ansatz versucht es, ein Brudervolk zu vernichten, ohne Rücksicht auf Verluste und auch ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung. Russische Soldatinnen und Soldaten werden da verheizt und von Putin ohne Rücksicht auf Verluste in den Tod geschickt. Mit einem solchen Menschen kann man keine Verträge machen. Mit einem solchen Menschen, einem solchen System kann man auch keine Strukturen und keine Zukunft gestalten, sondern wir werden uns darauf vorbereiten und dafür wappnen müssen, dass das, was dort passiert, auch noch auf andere Länder in Europa überschwappt. Ich denke an die Georgier, die große Sorgen haben und mir sagen: Wenn im Jahre 2008 im Mittelmeer nicht ein Trägerverband der USA gelegen hätte, hätten die Russen Tiflis überrannt.
Wir haben es heute mit keiner neuen Erkenntnis zu tun. Unsere Soldatinnen und Soldaten, die in Rukla, in der Slowakei und an anderen Stellen gerade ihren Dienst für unser Land tun und ihren Eid erfüllen, in Treue dafür zu sorgen, dass wir in Freiheit leben können, wissen sehr genau, worum es da geht, und sie tragen diese Verantwortung in vollem Bewusstsein, was ihr Beruf für sie bedeutet. Sie erwarten von uns hier eine Debatte, die dem auch gerecht wird, und da habe ich ernsthafte Zweifel.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kollege Brandl, Sie fordern hier die Verteidigungsministerin auf, von vorne zu führen. Ich sehe noch Ihre Verteidigungsministerin Frau von der Leyen bei der Bildung eines Arbeitskreises für ein Weißbuch und höre, wie sie von Führung aus der Mitte spricht. Alle haben sich gefragt, was das bedeutet. Wir haben am Ende gesehen, was Führung aus der Mitte bedeutet, nämlich keine Verantwortung zu übernehmen und sie anderen zu überlassen,
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
um sich hinterher vom Hof machen zu können.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube, das brauchen wir uns nicht vorhalten zu lassen.
Die Konsequenz, mit der wir es heute zu tun haben, ist eine überlastete Beschaffungsorganisation, deren Mitarbeiter wirklich gute Arbeit leisten; dort fehlen aber tausend Stellen. Die Nutzung wurde ihnen übertragen, aber sie wissen gar nicht, wie. Am Ende werden sie dafür verantwortlich gemacht, dass das eine oder andere nicht fliegt, obwohl ihnen gar nicht geholfen worden ist. Die Schuld wurde ihnen zugeschoben. Das kann man hier so nicht stehen lassen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sind mit dem, was wir jetzt haben, endlich an dem Punkt – damit wird das umgesetzt, was Sie eingeklagt bzw. gefordert haben –, dass von vorne geführt wird, und zwar mit Verantwortung für das, was da geschieht. Deshalb bin ich dem Bundeskanzler sehr dankbar, dass er genau dies hier erklärt hat.
Lachen des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU]
Ganz neue Erkenntnis! Von welchem Kanzler reden Sie?)
Und nun machen wir uns ans Werk.
Die Ministerin sitzt im Maschinenraum, und zwar mit uns zusammen, um das umzusetzen, was alleine im Laufe der letzten Tage im Bereich der Beschaffung beschlossen worden ist, zum Beispiel die Beschleunigung. Man kann hier niemandem vorwerfen, es werde keine Verantwortung übernommen. Im Gegenteil: Führung und Verantwortung gehören zusammen und werden zusammen übernommen.
Zu dem billigen Spiel, das Sie zusammen mit den Medien im Laufe der letzten Tage getrieben haben: Die Soldatinnen und Soldaten sehen das ganz genau und sagen uns: Wer ein solch billiges Spiel in einer solchen Situation treibt, der schwächt die Bundesrepublik, der schwächt die politische Führung und der nimmt uns auch den Rückhalt, den wir an anderer Stelle brauchen. – Und das finde ich schäbig.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Das kann man doch nachlesen!)