- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zweifelsohne müssen wir uns – als Bundestag und als Gesellschaft – angesichts Putins Angriffskrieges in der Ukraine eingestehen: Wir alle haben Fehler gemacht und waren blauäugig.
Ja! Selbstkritik!)
Ohne Wahrnehmung militärischer Bedrohung haben wir die Lehren von Adenauer, Brandt und Schmidt augenscheinlich vergessen. Verhandlungen sollten immer Vorrang haben. Aber – das sehen wir besonders jetzt – ohne eigene hinreichende militärische Stärke ist für ein Unrechtsregime wie in Russland das Nichtverhandeln weiterhin eine Option. Die eigene Schwäche wird von Diktatoren nicht als ausgestreckte Hand verstanden, sondern als Einladung.
Erst nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem russischen Eingreifen in der Ostukraine im Jahr 2014 haben wir wieder begonnen, über die Bedeutung der Landes- und Bündnisverteidigung zu sprechen. Die Sicherheitslage hat sich bereits damals grundlegend verändert. Die Ukraine ist nicht erst seit dem 24. Februar dieses Jahres ein aktiver Kriegsschauplatz.
Auf dem NATO-Gipfel 2014 wurde das kontrovers diskutierte 2‑Prozent-Ziel in den Vordergrund gerückt. Während SPD-Kabinettsmitglieder wie der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Gipfelergebnisse ausdrücklich lobten, bezeichnete der spätere Parteivorsitzende Martin Schulz das 2‑Prozent-Ziel als „falsch und unsinnig“. Bis Mitte Februar 2022 fand diese Aussage breite Zustimmung in der SPD.
Beifall bei der CDU/CSU
Jawoll!)
Wir als Union haben immer für eine deutliche Erhöhung des Verteidigungsetats plädiert und uns damit eindeutig zur Erfüllung des 2‑Prozent-Ziels bekannt.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber die dafür notwendige Steigerung des Verteidigungsetats wurde durch unseren damaligen Koalitionspartner gedeckelt.
Hört! Hört!)
Von der langjährigen Bremsklotzhaltung der SPD bei Themen wie der Fortsetzung der nuklearen Teilhabe und der Bewaffnung von Drohnen will ich gar nicht erst sprechen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Am 27. Februar bin ich zunächst der naiven Annahme erlegen, dass der Knoten bei der SPD endlich geplatzt sei. Der Bundeskanzler verkündete eine Zeitenwende in der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik. Fortan sollten jährlich mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investiert werden. Zudem sollte zusätzlich ein einmaliges „Sondervermögen Bundeswehr“ mit 100 Milliarden Euro eingerichtet werden.
Das hat er nicht gesagt!)
– Hat er wohl gesagt; das kann Ihnen Herr Merz gleich zeigen.
Hat er nicht gesagt!)
Aber es hat nur wenige Tage gedauert, bis die Bundesregierung zurückgerudert ist. Statt über 2 Prozent plus Sondervermögen reden wir jetzt über 2 Prozent durch Sondervermögen.
Nein, das ist ein Strohmann! Sie kämpfen gegen einen Strohmann, den Sie selber aufgebaut haben!)
– Schauen Sie doch mal in der Rede nach! – Somit bleibt es zwar ein wichtiges politisches Signal, aber mit scharfer Abrisskante. Eine bedrohungsgerechte und nachhaltige Ertüchtigung der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung wird so nicht erreicht.
Zusätzlich gibt es erkennbare Bestrebungen innerhalb der Ampel, die enge Zweckbindung des vorgesehenen Sondervermögens aufzuweichen. Dem ist entschieden entgegenzutreten. Diese 100 Milliarden Euro müssen ausschließlich der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn der Finanzminister sein Ziel, die Bundeswehr zur wirksamsten Armee Europas zu machen, ernst meint, dann darf sich die Bundesregierung keiner billigen Taschenspielertricks bedienen. Das Sondervermögen ist als Kompensation des Investitionsdeltas der Vergangenheit zu betrachten.
Auch das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro wird nicht ausreichen, um alle vorhandenen Fähigkeitslücken für die Landes- und Bündnisverteidigung zu schließen. Hier bedarf es eines langfristigen Anstiegs der laufenden Verteidigungsausgaben, insbesondere der Rüstungsinvestitionsquote auf mindestens 20 Prozent. Die Rüstungsplanung muss über die kommenden zehn Jahre und damit über die Legislaturperiode hinaus einen verlässlichen Korridor erhalten.
Wo kommt das Geld her?)
Gemäß dem heute besprochenen Entwurf für den Einzelplan 14 wird der reguläre Verteidigungshaushalt jedoch bei rund 50 Milliarden Euro eingefroren. Warum?
Wie sähe Ihre Finanzplanung aus?
Wo kommt das Geld her?)
Dies begründet die Sorge, wie es wohl mit dem Verteidigungsetat aussehen wird, wenn im Jahr 2027 über die dann vergangenen Jahresscheiben diese 100 Milliarden Euro ausgegeben sein werden.
Mancher mag glauben: Kommt Zeit, kommt Rat. Vielleicht stellt sich die Bedrohungslage wieder als geringer dar. Vielleicht haben wir einen Boom mit höheren Steuereinnahmen. Vielleicht glauben Sie, dass fortgesetzt höhere Verteidigungsausgaben dann das Problem der nächsten Regierung seien.
Wir müssen jetzt die Weichen für eine langfristige Stärkung der Bundeswehr stellen. Die finanzielle Stagnation des Einzelplans 14 ist angesichts der stärker ansteigenden Inflation nicht hinnehmbar.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu kommen steigende Betriebskosten sowie die zusätzlich zu schaffenden Planstellen. Seriöse Planung erfordert langfristige Finanzierungssicherheit. Erst dann wird die Rüstungsindustrie auch die notwendigen Kapazitäten schaffen und einen Techniker mehr einstellen. Diese Entwicklung wird unserer Bundeswehr und unserer Wirtschaft – und damit insgesamt der Wehrfähigkeit unserer Gesellschaft – mit diesem Regierungsentwurf verweigert.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, entsprechend der Ankündigung des Bundeskanzlers zu handeln. Das würde die Übererfüllung des 2‑Prozent-Zieles bedeuten und ein zusätzliches, im Grundgesetz verankertes zweckgebundenes Sondervermögen für die Bundeswehr. Das sind wir nicht nur unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig, sondern auch unseren Verbündeten. Das wäre dann wirklich mal ein deutliches Signal.
Beifall bei der CDU/CSU)
Sehr geehrte Frau Ministerin, in Interviews kundzutun, dass es Sie überrascht habe, wie schlecht es um die Bundeswehr stehe, ist fadenscheinig. Man muss wirklich schon aktiv weggeschaut haben, um die Debatte über den Zustand der Bundeswehr nicht mitbekommen zu haben.
Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dass dies einem langjährigen Kabinettsmitglied so geht, überrascht mich wiederum wirklich.
Kollektive Amnesie!)
Nachdem bereits einige vorgeschobene Plattformentscheidungen getroffen wurden, unter anderem die Beschaffung der F‑35 und der EloKa-Eurofighter, muss aber zwingend sehr zeitnah ein dimensionsübergreifender, bedrohungsgerechter Gesamtansatz vorgelegt werden, der zeigt, wie die bestehenden Fähigkeitslücken in der LV/BV qualitativ sowie quantitativ geschlossen werden sollen.
Da haben Sie recht!)
Diese Krise erfordert entschlossenes und zielgerichtetes Handeln – ohne ideologische und parteipolitische Scheuklappen. Eine Bundeswehrstruktur zur LV/BV muss her. Die sauber herausgearbeiteten militärischen Handlungsempfehlungen liegen Ihnen bereits vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist zu befürchten, dass von der angekündigten Zeitenwende lediglich eine halbherzig umgesetzte, zeitlich begrenzte Erfüllung eines bereits 2014 beschlossenen Zieles übrig bleibt.
Zuruf von der SPD: Sie haben gar nichts gemacht!)
Danke schön.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Agnieszka Brugger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)