Vielen Dank für den Hinweis. Das, was Sie heute hier vorgestellt haben, ist kein Haushalt zum Beraten, sondern ein Haushaltsrätsel, das es zu erraten gilt. Aber das ist zu wenig für den Deutschen Bundestag! Zu drei großen Bereichen haben Sie, Herr Bundesfinanzminister, heute nichts vorgelegt: zur Finanzierung der Verteidigung – Fehlanzeige! –, zur Reduzierung der Energiepreise – Fehlanzeige! –, zu den Herausforderungen der Flüchtlingssituation – Fehlanzeige! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sie haben des Todes von Boris Romantschenko gedacht. Ich möchte mich ausdrücklich für diesen würdigen Akt bedanken. Sein Tod steht stellvertretend für das Leid und den Terror, die die Menschen in der Ukraine gerade erfahren, verursacht durch Putin. Aber sein Name steht auch für die Verantwortung Deutschlands. Meine Damen und Herren, letzte Woche hat Präsident Selenskyj hier im Deutschen Bundestag an die Verantwortung des Deutschen Bundestages und dieser Regierung appelliert. Ich danke dem Bundesminister Christian Lindner, dass er auch dies hier angesprochen hat. Aber letzte Woche hat die Ampel ganz offensichtlich nicht die Kraft zur Debatte im Deutschen Bundestag gehabt. Das hat dem Deutschen Bundestag in der Summe geschadet. Deswegen: Sprachlosigkeit darf hier nie wieder einen Platz haben. Sie haben zu Recht angesprochen, dass unser Mitgefühl und unsere Solidarität dem Volk der Ukraine gelten. Präsident Selenskyj hat letzte Woche von einer „neuen Mauer“ gesprochen. Diese neue Mauer ist durch den Zivilisationsbruch Putins hochgezogen worden. Es ist eine Mauer zwischen Freiheit und Unfreiheit. Wir stehen auf der Seite der Freiheit, und die Ukraine braucht die Chance, auf der Seite der Freiheit stehen bleiben zu dürfen. Dazu braucht es aber nicht nur Solidarität, sondern auch die Chance zur Verteidigung. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es steht im Raum, dass die Bundesregierung die zugesagten Waffenlieferungen nicht einhält. Das Bundesverteidigungsministerium und das Bundeskanzleramt scheinen sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Herr Bundeskanzler, die Bundesrepublik Deutschland liefert zu wenig, sie liefert zu langsam, und die Bundesregierung will nicht darüber reden. Klären Sie, was real möglich ist, und führen Sie das aus, was wir gemeinsam vereinbart haben, nämlich die Ukraine zur Verteidigung mit Waffen zu versorgen! Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, wir erleben heute den zweiten Haushalt, den Sie dem Deutschen Bundestag vorstellen. Einen dritten kündigen Sie bereits an in Form Ihres Ergänzungshaushalts, dessen Inhalte Sie heute allerdings nicht vorstellen können. Und Sie kündigen eine Grundgesetzänderung an, über die Sie nicht selber entscheiden können. In Anbetracht dieser Lage hätte ich mir von Ihnen etwas mehr Demut und Bescheidenheit gewünscht. Ihre bisherige Bilanz lautet: Einen verfassungswidrigen Haushalt vorgelegt, heute einen unvollständigen Haushalt nachliefern und eine Grundgesetzänderung ankündigen, mit der Rekordschulden in Deutschland gemacht werden sollen. – Dafür braucht es mehr Bescheidenheit. – Entschuldigung, aber weil Sie dauernd dazwischenrufen: Ich habe dem Bundesfinanzminister bei seiner Rede sehr genau zugehört. Der Ergänzungshaushalt, der hier angekündigt wird, hat bisher noch überhaupt keinen Inhalt, bedeutet aber möglicherweise eine weitere Rekordverschuldung. Erstens: zur Verteidigung. Wir haben sehr genau in Erinnerung, wie der Bundeskanzler in seiner Rede am 27. Februar dieses Haus positiv überrascht hat, weil er sich klar zu Erfüllung und Übererfüllung des 2-Prozent-Ziels der NATO bekannt hat. Herr Bundeskanzler, ich habe Ihnen damals gesagt – das gilt auch heute –: Bei diesem Ziel haben Sie uns an Ihrer Seite. Aber wir wurden heute negativ überrascht. In diesem Haushalt findet sich zur Erfüllung des 2-Prozent-Ziels rein gar nichts. Im Gegenteil: Der Haushaltstitel des Bundesministeriums der Verteidigung wächst nicht mal auf; er bleibt auf Jahre gleich. Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie glauben, Sie könnten das Versprechen des Bundeskanzlers gegenüber dem Deutschen Bundestag, ab sofort das 2-Prozent-Ziel einzuhalten, nur damit einlösen, dass Sie 100 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen und ansonsten den Verteidigungshaushalt inflationsbereinigt reduzieren, dann haben Sie uns nicht an Ihrer Seite; um dies klar zu sagen. Die 100 Milliarden Euro Sondervermögen, von denen Sie sprechen, sind nichts anderes als 100 Milliarden Euro Sonderschulden – um dies mal sehr klar zu benennen –, Sonderschulden, die Sie über eine Grundgesetzänderung erreichen wollen. Dafür brauchen Sie unsere Zustimmung. Es ist schön, dass wir bereits diese Woche mit ersten Gesprächen darüber beginnen. Aber ich kann Ihnen an der Stelle nur sagen: 100 Milliarden Euro neue Sonderschulden, ohne festzuschreiben, wie Sie diese zurückzahlen wollen – dafür werden Sie unsere Zustimmung nicht bekommen. Schuldentilgung ist ein Teil von solider Haushaltspolitik! Lassen Sie sich das an dieser Stelle sagen. Ich rate Ihnen auch dringend, Herr Bundesfinanzminister, die Ausgabendebatte in der Ampelkoalition unter Kontrolle zu bringen. Es war sehr interessant, festzustellen, wie der Applaus für Ihre sehr klaren Sätzen – Wohlstand erst erwirtschaften, dann verteilen; Gratulation zu dieser Erkenntnis – hier im Plenum verteilt war: keine Zustimmung bei SPD, keine Zustimmung bei Grünen, magerer Applaus bei der FDP. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie an der Stelle deutlich stärker zum Ausdruck bringen: Diese 100 Milliarden Euro neue Schulden müssen ausdrücklich für die Landesverteidigung und die Bündnisverteidigung zur Verfügung stehen, ausdrücklich für Ausrüstung und Bewaffnung der Bundeswehr zur Verfügung stehen, ausdrücklich für nukleare Teilhabe und atomare Abschreckung zur Verfügung stehen. Für nichts anderes steht dieses Vermögen zur Verfügung! – Für nichts anderes werden wir die Hand reichen. Ich rate Ihnen dazu, dafür zu sorgen, dass die ganzen Ausgabenwünsche in Ihrer Ampelkoalition nicht über diese 100 Milliarden Euro finanziert werden, egal ob feministische Außenpolitik oder welche anderen Ideen Sie haben. Dieses Geld steht für Verteidigung und Bündnisverteidigung und für die Bundeswehr zur Verfügung und für nichts anderes. Zweitens. Sie haben über die Energiepreise gesprochen. Herr Bundesfinanzminister, Sie hätten heute die Gelegenheit gehabt, Ihr Konzept vorzustellen, wie Sie auf die explodierenden Energiepreise reagieren möchten. Es reicht einfach nicht, zu erklären, dass die Energiepreise zu einer neuen sozialen Frage werden. Die Situation ist ganz konkret: Pendler, Familien im ländlichen Raum bezahlen an der Tankstelle 200 bis 400 Euro mehr pro Monat. Dafür hat die Ampel offensichtlich keine Lösung. Ich kann Ihnen sagen: Die Menschen können es sich schlichtweg nicht leisten, dass Sie sich innerhalb der Ampel gerade streiten. Es ist auch vollkommen egal, ob das der FDP-Tankrabatt oder das grüne Tempolimit ist. Beides ist falsch! Setzen Sie doch an der Zapfsäule auf die Marktwirtschaft und nicht auf die Zettelwirtschaft! Wir können es uns nicht weiter leisten, hier nicht zu handeln. Sie verweigern sogar die Erkenntnis, dass Sie an der Zapfsäule kräftig mitverdienen. Ich rate Ihnen: Geben Sie den Menschen ihr Geld zurück. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer an der Zapfsäule sind seit der Zeit vor Corona um 70 Prozent gestiegen. Früher wusste die FDP, was zu tun ist, wenn die Steuern zu hoch sind. Kommen Sie dem endlich nach! Senken Sie die Steuern an der Zapfsäule! Es geht um die Mehrwertsteuer, es geht um die Mineralölsteuer. Kommen Sie mir nicht mit dem Europarecht. Die Polen haben die Mehrwertsteuer an der Stelle gesenkt. Es hat sich in Europa niemand gerührt, und der Europäische Rat wird dem am Ende zustimmen. Wissen Sie, das, was viele Länder machen und was von Europa nicht gerügt wird, ist erkennbar im Sinne unserer Gemeinschaft. Ich rate Ihnen dringend: Es ist klüger, die Steuern an der Zapfsäule zu senken, als Umgehungstatbestände zu schaffen, die in der Sache wirkungslos sind und die Menschen nicht entlasten, meine Damen und Herren. Dritter Punkt. Sie haben über die Aufnahme der Flüchtlinge gesprochen. Eine historische Kraftanstrengung mit erheblichen Auswirkungen auf unseren Haushalt! Deswegen sagen Sie: Der Ergänzungshaushalt wird sich ausschließlich mit der Situation und dem Krieg in der Ukraine und den daraus resultierenden Herausforderungen beschäftigen. – Wir werden das sehr genau beobachten. Ich kann Ihnen aber auch sagen: Dazu gehört neben den Finanzen auch eine gute Organisation. Da fehlt es bisher an allen Stellen. Es funktioniert in Deutschland keine Registrierung der Menschen, die auf der Flucht sind. Wir haben uns die Situation in Polen ganz genau angesehen. Dort wird registriert, dort wird aufgenommen, dort wird dafür gesorgt, dass alle Daten in einem Datensatz zusammengeführt werden und man weiß, wo sich die Menschen befinden. In Deutschland scheint das nicht zu schaffen zu sein. Die Bundesinnenministerin sagt an der Stelle: „Niemand hat eine Glaskugel und weiß, was noch auf uns zukommt.“ Man braucht an dieser Stelle keine Glaskugel, sondern lediglich einen Blick auf die Grenzen: 100 000 Menschen kommen jeden Tag über die Grenze nach Polen. Da weiß man, was auf Deutschland zukommt. Deswegen: Engagieren Sie sich bitte! Sorgen Sie dafür, dass endlich registriert wird und wir darüber – auch zukünftig – in Europa einen Verteilungsmechanismus organisieren können. Ohne Verteilungsmechanismus, ohne Registrierung werden erheblich mehr finanzielle Lasten auf uns zukommen, als notwendig ist, weil wir die Solidargemeinschaft in Europa nicht nutzen können. Das ist die Realität! Herr Bundesfinanzminister, Sie haben von einem Signal nach Europa gesprochen. Genau dieses Signal nach Europa bereitet mir große Sorgen. Sie haben von einem Signal der Solidität gesprochen. Ich glaube, in Europa wird das Signal ankommen, wie man Sonderschulden machen kann. Deswegen rate ich Ihnen sehr dringend: Geben Sie darauf acht, dass nicht die wichtigste Ressource Deutschlands in Europa verloren geht, nämlich die Berechenbarkeit und die Solidität des finanziellen Handelns. Das steht auf dem Spiel und ist mit Ihrem Namen verbunden. Herzlichen Dank.