- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all den Themen, die wir in den letzten beiden Tagen zu den aktuellen Krisen diskutiert haben, geht es hier um ein Thema, das gerade nicht so im Fokus steht, aber dennoch für die Bürgerinnen und Bürger im Land von großer Bedeutung ist, nämlich darum, wie wir unser Rentensystem weiterhin stabil und zukunftsfest aufstellen können. Gerade jetzt, angesichts so vieler Unsicherheiten, ist es wichtig, dass wir den Menschen Sicherheit geben, die sich fragen, ob sie morgen noch einen Job haben oder was aus ihrer Rente wird.
Es sind aber nicht nur die aktuellen Unsicherheiten, die mich beim Thema Rente umtreiben, sondern eben auch die vielen individuellen Schicksale, die ich durch meine vorherige Arbeit im rheinland-pfälzischen Landtag und vor allem auch durch die Tätigkeit meines Vaters als Versichertenältester für die Deutsche Rentenversicherung – im Übrigen ein sehr bedeutendes Ehrenamt –
Beifall bei der SPD und der LINKEN)
mitbekommen habe, wo er in vielen Fällen tatsächlich helfen konnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, ich bin Ihnen ja fast schon dankbar dafür, dass Sie das Thema der nachhaltigen Finanzierung der Rentenversicherung auf die Tagesordnung gesetzt haben –
Gern geschehen!)
auch zu so später Stunde –; denn das bietet mir die Gelegenheit, die Bedeutung stabiler Renten für uns als Ampelkoalition noch einmal herauszustellen.
In Ihrem Gesetzentwurf geht es darum, die Mindestrücklage in der gesetzlichen Rentenversicherung von 0,2 Monatsausgaben auf 0,4 Monatsausgaben zu erhöhen; das haben Sie eben beschrieben. Was ist die Mindestrücklage? Das ist der Anteil einer monatlichen Rentenausgabe, die die Rentenversicherung mindestens an Reserve haben muss, um auf unterjährige Schwankungen vorbereitet zu sein. Der Höchstsatz dieser Nachhaltigkeitsrücklage liegt bei 1,5 Monatsausgaben. Es geht also vor allem darum, zu verhindern, dass die Garantiefunktion über den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden muss. Mit dem, was die Rentenversicherung gemäß Rentenversicherungsbericht 2021 gerade an Rücklage hat, ist dies vorerst gesichert.
Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD]
„Vorerst!“)
– Ja.
Seit 1980 – auch das haben Sie beschrieben – hatte die Nachhaltigkeitsrücklage ihren Tiefpunkt 2005; da lag sie bei 0,1 Monatsausgaben. Seitdem ist die Rücklage der Rentenversicherung unter anderem durch die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt gestiegen und lag im Dezember 2021 bei 1,62 Monatsausgaben, also fast 39 Milliarden Euro.
Genau! Es geht aber um 2024 und 2026!)
Und Sie wissen auch: Von der Systematik her müssten wir eigentlich bei einem Wert über 1,5 die Rentenversicherungsbeiträge senken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit muss für alle Erwerbstätigen sicher sein. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die zentrale Grundlage dafür bleibt die gesetzliche Rentenversicherung mit ihren verlässlichen Leistungen und ihrer solidarischen Finanzierung.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist es gut, dass die Rentenversicherung eine so große Rücklage aufbauen konnte und eine Anhebung der Mindestrücklage aktuell noch nicht erforderlich ist. Dennoch ist natürlich für uns die nachhaltige Finanzierung der Rente eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre. Durch den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge – darüber diskutieren wir ja auch schon ziemlich lange – wird die Rentenversicherung in den kommenden Jahren besonders stark gefordert sein. Dafür braucht es jetzt die entsprechenden Maßnahmen.
Genau!)
– Genau. – Deshalb haben wir uns im Koalitionsvertrag eben auch einiges für die Rente vorgenommen.
Genau!)
Das wichtigste Ziel muss sein, das Mindestrentenniveau von 48 Prozent dauerhaft zu sichern. Wir werden Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentnerinnen und ‑rentner im Bestand umsetzen. Das ist eine Frage des Respekts; das haben wir versprochen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Pascal Kober [FDP])
Und das Renteneintrittsalter werden wir nicht weiter anheben. Auch das ist eine Frage des Respekts.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es bleibt dabei: Die gesetzliche Rente ist ein zentrales Versprechen des Sozialstaats. Dennoch bieten betriebliche und private Altersvorsorgen Möglichkeiten, zusätzlich für das Alter anzusparen.
Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP])
Wir werden die private Altersvorsorge stärken und die betriebliche selbstverständlich auch. Ziel dabei ist, vor allem Bezieherinnen und Bezieher niedriger Einkommen und kleine Unternehmen noch stärker einzubeziehen und zu fördern.
Für mich ist allerdings auch ein zentraler Baustein, wenn es um das Thema „Sicherung der Rente“ geht, die Prävention im Erwerbsleben. Menschen müssen die Chance haben, gesund und ohne langwierige krankheitsbedingte Ausfälle in ihrer Erwerbsbiografie das Rentenalter zu erreichen. Wir wollen und werden daher den Aktionsplan „Gesunde Arbeit“ ins Leben rufen und hierdurch darauf hinwirken, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger und gesünder im Arbeitsleben stehen und die Rentenversicherung hierdurch auch weniger belastet wird.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Um frühzeitig einer Erwerbsminderung entgegenzuwirken, werden wir den Ü-45-Gesundheitscheck – da bin ich dann jetzt auch dabei – gesetzlich verankern und flächendeckend ausrollen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, elementar zur Stärkung der umlagefinanzierten Rente ist und bleibt natürlich, mehr Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen. Wir müssen die Erwerbstätigkeit von Frauen ausbauen und stärken, und zwar so, dass sie auch für die Rente ausreichend vorsorgen können.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir werden die Absicherung von Selbstständigen stärken – auch ein ganz wesentlicher Punkt. Wir wollen dem bereits existierenden Fachkräftemangel mit dem Ausbau von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und einem modernen Fachkräfteeinwanderungsgesetz begegnen. Nur ein starker Arbeitsmarkt garantiert eine stabile und zuverlässige Rentenversicherung.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei – und alle anderen auch –: Wir haben uns wirklich viel vorgenommen. Ich freue mich jedenfalls auf viele weitere Rentendebatten in dieser Legislaturperiode, darin mit Sicherheit auch enthalten die weitere Entwicklung der Mindestrücklage.
Gut!)
– Ja.
Für heute bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen trotz allem, was sonst so passiert, ein schönes Wochenende.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ebenfalls zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag hat nun der Kollege Dr. Markus Reichel für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Michael Gerdes [SPD] und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])