Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich freue mich, dass Sie zu dieser späten Stunde noch zu uns gekommen sind. „Die Freiheit ist mir lieber als mein Leben“: So lautet der Titel der von Karin König geschriebenen Biografie des sächsischen Oberschülers Hermann Flade, der 1951 nach einer Flugblattaktion als 18-Jähriger zum Tode verurteilt wurde. Erst nach einem großen Proteststurm wurde die Todesstrafe in 15 Jahre Haft umgewandelt. Hermann Flade: ein Name unter vielen. Fast 3 000 Todesurteile verhängte das sowjetische Militärtribunal bis 1955 gegen Zivilisten in der DDR. Erst mit dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs vor 32 Jahren war es in den Ostblockstaaten überhaupt möglich, über Leid und Verfolgung zu sprechen und Opferverbände zu gründen. In fast allen osteuropäischen Staaten gibt es bereits Denkmale für die Opfer des Kommunismus, so zum Beispiel in Bulgarien, Rumänien oder Albanien und sogar in der Ukraine. In Kiew erinnert das Mahnmal für die Opfer des Holodomor an die bis zu 7 Millionen Menschen, die der großen Hungersnot durch Stalins Zwangskollektivierung zum Opfer fielen. Vor zwei Jahren haben wir hier im Deutschen Bundestag endlich beschlossen, auch in Deutschland ein Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft zu errichten; damit konnten wir eine langjährige Forderung der Opferverbände erfüllen. Die Konzeption dafür steht, doch leider gibt es immer noch keine Entscheidung zum Standort; die Prüfung durch das Land Berlin ist nicht abgeschlossen. Wir präferieren als Ort ganz klar die Scheidemannstraße. Die DDR war eine kommunistische Diktatur, in der viele Menschen unter Willkür und Verfolgung gelitten haben und die viele unschuldige Opfer gefordert hat. In meinem Wahlkreis liegt der frühere Jugendwerkhof Torgau, welcher der direkten Leitung von Margot Honecker unterstand. Fast 500 000 Minderjährige mussten in der DDR in Spezialheimen menschenunwürdige Bedingungen und militärischen Drill ertragen. Über 250 000 Menschen saßen unschuldig, aus politischen Gründen, in DDR-Gefängnissen, darunter 35 000 Frauen. Es ist höchste Zeit, dass auch in Deutschland mit einem nationalen Denkmal an diese Opfer erinnert wird. Wir können das Leid nicht ungeschehen machen; aber wir wollen es lindern und vor allen Dingen daran erinnern. Das Mahnmal soll Betroffenen und Hinterbliebenen einen Ort für ihre Trauer geben, den Widerstand gegen die Diktatur würdigen und zugleich an die nachfolgenden Generationen appellieren, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen. Wir freuen uns, dass unser Antrag dazu geführt hat, dass auch die Ampel einen eigenen Antrag einbringt. Das unterstreicht noch einmal: Es gibt eine parteiübergreifende Unterstützung für dieses Mahnmal; am Parlament liegt es nicht. Also, sehr geehrte Frau Staatsministerin Roth, respektieren Sie dieses klare Votum, handeln Sie! Die Standortvorschläge liegen auf dem Tisch. Entscheiden Sie jetzt, und unterstützen Sie unser Anliegen, zum 70. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR, am 17. Juni 2023, den Grundstein für dieses Mahnmal zu legen. Vielen Dank.