Das ist meine dringende Bitte. auch der Familie von Alan schulden wir eine kluge und humane Migrations- und Flüchtlingspolitik. Ich will Ihnen sagen: Die christlichen Kirchen, auf die ich mich berufe, Im März des vergangenen Jahres war ich auf dem Kinderfriedhof in Lampedusa. Lampedusa, diese kleine italienische Insel, ist Sinnbild sowohl von Hoffnung als auch von tiefer Tragödie. Und ja, wir sollten in Anbetracht dieser Kindergräber der Flüchtlings- und Migrationspolitik ein menschliches Antlitz geben. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe demokratischen Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vizepräsidentin der Parlamentarierversammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der OSZE PV, leite ich dort die Migrationskommission. Und ich weiß: Ob in Talkshows, auf Parteitagen oder in den sozialen Medien – das Thema Migration beherrscht nach wie vor die öffentlichen Debatten. Seit 2015 ist eine große Zahl an Geflüchteten nach Deutschland gekommen, und seitdem diskutieren die Deutschen leidenschaftlich darüber, wie sich die Gesellschaft zu Migration und Integration verhalten soll. Ja, nach den Anschlägen und Morden in Solingen, Mannheim, Magdeburg und Aschaffenburg umso mehr, weil uns alle berührt und anficht, wenn Menschen auf so brutale Weise aus dem Leben und damit aus unserer Mitte gerissen werden. Allen Familien und Freundinnen und Freunden der Opfer spreche ich im Namen meiner Fraktion, der SPD, mein Beileid aus. Allen Verletzten wünsche ich eine rasche Genesung. Der Tabubruch der CDU/CSU-Fraktion und das Anzünden der Brandmauer in dieser Woche trägt allerdings zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft bei. – Hören Sie mal zu. Sie können noch was lernen. Ich frage mich, was sich die Kolleginnen und Kollegen der Union, der FDP und des BSW dabei gedacht haben, sich bei Ihrem Entschließungsantrag und auch heute hier in diesem Hohen Hause durch die AfD tolerieren zu lassen. Die Antwort schulden Sie, meine Damen und Herren, nicht nur uns, sondern vor allem den Wählerinnen und Wählern, wenn Sie die Demokratie so waghalsig mit Füßen treten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Liebe Bürgerinnen und Bürger, es ist Ihre Entscheidung an den Wahlurnen, ob Sie dieses Verhalten honorieren oder uns bei der Rettung der Demokratie unterstützen. Umso mehr gilt mein Appell für diese historische Woche, in der wir – und das ärgert mich besonders – der Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren gedenken und uns mahnend, Herr Brandner, erinnern sollten – voll Trauer und Besorgnis – an die Opfer von Holocaust und Shoah. – Weil ich Sie übertönen will, Ihr Getöse. Heute will ich auch als Mutter von zwei Söhnen zu Ihnen sprechen, als bekennende Protestantin und als Mitglied der KAB, der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung. Ich bin stolz, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Appell und den Aufruf der christlichen Kirchen, die der Union zugerufen haben: Kehren Sie um! Seien Sie barmherzig! Lassen Sie ab von diesem Fünf-Punkte-Plan und Ihrem Entschließungsantrag; denn das ist der falsche Weg! Ja, wir trauern immer dann besonders, wenn es um Kinder geht. Ich trauere aber mit allen Opfern von Anschlägen, Terrorakten, Krieg und Krisen. Mit Rehanna, der Mutter des zweijährigen Alan Kurdi, kann ich nicht mehr weinen; denn sie lebt nicht mehr. Können Sie sich noch an diesen zweijährigen syrischen Jungen erinnern? Seine Leiche wurde an den Strand nahe Bodrum, dort, wo viele deutsche Touristinnen und Touristen Urlaub machen, gespült. Seine Mutter ertrank in den Fluten des Mittelmeers, weil sie wie viele Menschen geflüchtet ist, um in Europa eine bessere Heimat zu finden. Auch Menschen wie diesen, machen deutlich: Kehren Sie ab von einem falschen Weg! Ihr Fraktionsvorsitzender Merz sagte, er wolle weder rechts noch links schauen, er wolle sich nur geradeaus orientieren. Mich erinnert das an einen Film mit Robert De Niro; da ging es um einen Boxer. Der Film hieß „Wie ein wilder Stier“. Ich finde, ein wilder Stier sollte nicht Kanzler in diesem Hause werden. Lieber weniger Hass, weniger Hetze, mehr Herz! Vielen Dank.