Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben den Afghanistan-Einsatz immer abgelehnt, seit er hier im Parlament zur Abstimmung stand und seitdem wir dabei sind. Es gibt auch viel Kritikwürdiges an den politischen Rahmenbedingungen. Aber die Männer und Frauen, die für Deutschland nach Afghanistan gegangen sind, als Soldaten und Polizisten, als Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder in anderen Bereichen hatten wirklich vor, den Afghanen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sie haben sich dort angestrengt und auch große Opfer gebracht. Für ihr Engagement möchten wir ihnen heute danken. Der Afghanistan-Einsatz war der verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es sind immense Kosten von bis zu 47 Milliarden Euro entstanden. Und am Ende steht die Erkenntnis: Der Einsatz ist gescheitert. Er ist absehbar gescheitert. Viele sagen, dass 2011 ein Kipppunkt gewesen sei, ab dem man das habe voraussehen können. Wir haben, seit es unsere Partei gibt, die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes immer abgelehnt. Fest steht auch: Je länger dieser Einsatz andauerte, desto deutlicher war sein Scheitern absehbar. Die Sicherheitslage ist immer schlechter geworden. Die Staatsführung in Afghanistan hat keine Fortschritte gemacht, und die Taliban gewannen immer weiter an Rückhalt. Der Hauptgrund dafür, dass der Einsatz Jahr um Jahr verlängert wurde von den verschiedenen Bundesregierungen, obwohl die im Mandat festgeschriebenen Ziele nicht erreicht wurden, besteht darin, dass er in erster Linie ein außenpolitisches Zeichen an Partnernationen sein sollte, allen voran an die USA. Deutschland wollte eben auch einen Beitrag leisten, wollte ein guter Bündnispartner sein. Das hat man aber so ehrlich nicht in das Mandat hineingeschrieben. Da hat man blumige Texte hineinformuliert, Ziele, die niemals erreicht wurden. Um dann Jahr um Jahr innenpolitisch die Zustimmung für die Verlängerung zu bekommen, hat man die Situation in Afghanistan deutlich positiver dargestellt, als sie in Wirklichkeit gewesen ist. Das geht so in Zukunft nicht mehr, meine Damen und Herren. Wir müssen hier ehrlich und realitätsnah über die Einsätze der Bundeswehr und eigentlich auch über alles andere debattieren; ansonsten werden sich die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Wir möchten, dass Auslandseinsätze der Ausnahmefall sind. Der Hauptauftrag der Bundeswehr muss die Landes- und Bündnisverteidigung sein. Gleichwohl ist eines unserer sicherheitspolitischen Ziele ein strategisch autonomes Europa, und dazu gehört natürlich auch die Fähigkeit, im Notfall an der eigenen Peripherie für Ordnung zu sorgen. Künftiges internationales Krisenmanagement muss aber auf realistischen Ambitionen aufbauen. Die Idee, mal eben von außen in einen kulturfremden Raum hineinzugehen und den Menschen dort innerhalb weniger Jahre eine neue Staatsform, neue Werte und Normen überzustülpen, das funktioniert nicht; das hat der Afghanistan-Einsatz noch einmal gezeigt. Von diesem Konzept müssen wir uns ein für alle Mal verabschieden, meine Damen und Herren. Wichtig ist auch, dass wir bei einem künftigen internationalen Krisenmanagement klar ausformulierte und messbare Ziele und Zwischenziele haben, damit der Erfolg des Einsatzes klar nachvollzogen werden kann. Wir brauchen zudem eine frühzeitig ausformulierte Exitstrategie. Sicherheit lässt sich auch nicht auf ein Ressort begrenzen. Äußere und innere Sicherheit sind immer stärker miteinander verwoben. Wer den sicherheitspolitischen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, wirksam begegnen möchte, der muss das auf Basis eines erweiterten Sicherheitsbegriffes tun. Das kriegen wir nur hin mit einem nationalen Sicherheitsrat, den wir 2022 hier schon einmal beantragt haben. Er ist damals leider abgelehnt worden. Die Arbeit in der Enquete-Kommission hat aber noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig er gewesen wäre; das haben ja heute schon mehrere Redner erwähnt. Ein solcher nationaler Sicherheitsrat muss vom Bundeskanzler geführt werden, er muss alle relevanten Kabinettsmitglieder umfassen, und ihm muss ein nationaler Sicherheitsberater mit Stab zur Seite stehen. Nur ein solches Gremium kann die sicherheitspolitischen Strategien formulieren, die wir für die Zukunft brauchen, und ist in der Lage, den Bundeskanzler in sicherheitspolitischen Fragen umfassend zu beraten. Ich möchte zum Schluss noch einmal die konstruktive Zusammenarbeit in der Enquete-Kommission hervorheben; auch dies ist heute schon mehrfach erwähnt worden. Das ist in diesen sehr polarisierten politischen Zeiten, die ja seit dieser Woche, seit heute noch viel polarisierter sind, keine Selbstverständlichkeit. Große Teile der Gesellschaft stehen sich mittlerweile regelrecht feindselig gegenüber, nur weil man politisch anderer Meinung ist. Ich fand es gut, dass wir in der Enquete-Kommission relativ fair, sachlich und auf jeden Fall immer respektvoll miteinander diskutieren konnten. Ich würde uns allen wünschen, dass wir das auch bei anderen politischen Themen in Zukunft hinbekommen. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Gesellschaft – bei allen parteipolitischen Unterschieden – nur so den vor uns liegenden Herausforderungen begegnen können. Man muss sich dafür auch gar nicht mögen; aber ich glaube, dass es gut für Deutschland und gut für die Demokratie wäre. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen für die gemeinsame Arbeit am Abschlussbericht.