Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der Union für den Antrag; denn für die Verwaltungsdigitalisierung sind digitale Identitäten eine Grundvoraussetzung. Leider hat die unionsgeführte Bundesregierung auch das lange verschlafen. In dieser Legislatur konnten wir immerhin die Nutzungszahlen bei der eID mehr als verdoppeln. Es muss aber mehr passieren. Deshalb hat die Bundesregierung die Wallet auf EU-Ebene forciert – mit den Prinzipien der Interoperabilität, Unbeobachtbarkeit und Pseudonymität. Und bei zunehmender Vernetzung muss überall auch die Cybersicherheit höchste Priorität haben. Schön, dass die Union hier ihr Herz für Bürgerrechte entdeckt. Nur zeigt Ihr Wahlprogramm genau das Gegenteil. Da müssen Sie sich schon mal entscheiden, damit die Bürgerinnen und Bürger auch wissen, woran sie bei Ihnen sind. Demokratie lebt von Vielfalt und vom Wechsel. Ich werde nicht erneut für den Bundestag kandidieren. Erlauben Sie mir daher ein paar grundsätzliche Anmerkungen. Nadine Schön hat es eben angesprochen: Als wir 2009 in den Bundestag kamen, war Digitalpolitik ein Randthema, und Regulierung im Netz wurde äußerst skeptisch gesehen. Heute, vier Legislaturperioden und zwei Enquete-Kommissionen später, bin ich Vorsitzende eines vollwertigen Digitalausschusses, und ich bin froh, dass dieses Thema in der Gesellschaft angekommen ist. Seit meiner ersten Legislatur habe ich für den Glasfaserausbau als nachhaltigste Technologie geworben, wie auch für das Recht auf einen schnellen Internetzugang, der so selbstverständlich sein muss wie der Wasser- oder Stromanschluss. Damals wurde ich belächelt, heute ist es umgesetzt. Eine zentrale Herausforderung bleibt das Machtgefälle im Netz, vor allem zwischen den großen Tech-Konzernen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das hat auch die EU-Kommission erkannt. Daher meine Bitte: Unterstützen Sie in der nächsten Legislaturperiode den geplanten Digital Fairness Act – für mehr Fairness und digitale Verbraucherrechte! Eines meiner Herzensthemen treibt gerade demokratische Gesellschaften sehr um: die Frage, wie Digitalisierung den demokratischen Diskurs verändert. Von Anfang an war ich davon überzeugt: Plattformen, die mit Algorithmen völlig intransparent Nutzerinnen und Nutzern individuell zugeschnittene Inhalte zuspielen und so in den freien Meinungsbildungsprozess eingreifen, müssen reguliert werden. Regulierung haben wir endlich: DMA, DSA, KI-Verordnung. Sie müssen jetzt endlich auch um- und vor allem konsequent durchgesetzt werden. Es stellen sich aber weitere Fragen. Wie kann der demokratische Diskurs angesichts fragmentierter Debattenräume ohne eine gemeinsame Wissensbasis überhaupt gelingen? Wie kann Medienvielfalt erhalten werden, wenn selbst große Medienhäuser unter Druck geraten und Journalismus sich im Netz nicht finanziert? Der Einsatz von künstlicher Intelligenz verschärft die Lage noch. Mit gezielter Desinformation und Deep Fakes wird zunehmend versucht, den Meinungsbildungsprozess zu manipulieren und Demokratien zu destabilisieren. Darauf braucht es Antworten. Es bleibt aber immer, Frau von Storch, ein schmaler Grat, nämlich zwischen der Rechtsdurchsetzung und der Bekämpfung illegaler Inhalte auf der einen und dem verfassungsrechtlich gesicherten Recht der freien Meinungsäußerung auf der anderen Seite. Besonders schwierig ist es, wenn es um Desinformation geht. Ein starkes Gegengewicht dazu ist unabhängiger, vielfältiger Journalismus. Ohne eine lebendige Medienlandschaft droht der Verlust der Meinungsvielfalt. Diese zu erhalten, ist eine dringliche Aufgabe. Demokratie lebt aber davon, dass Menschen ihre Argumente und Gedanken austauschen, sich gegenseitig herausfordern und hinterfragen. Nur so entwickeln wir uns als Gesellschaft weiter, und nur so entstehen auch echte Debatten. Das ist in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft wichtiger denn je. Nein, ich werde meine Rede jetzt einfach zu Ende führen. Vielen Dank. Als Gesellschaft und als Abgeordnete im Besonderen müssen wir im Ringen um die richtigen Lösungen den Diskurs rational führen und nicht populistisch. Das sollte unser aller Ziel sein – im Sinne unserer Demokratie. Dialogbereit müssen wir auch in Krisenzeiten bleiben, gerade dann, wenn Fehler gemacht werden, und das passiert nun mal in solchen Zeiten. Ich finde, es ist keine Schwäche, Fehler auch einzugestehen. Ganz im Gegenteil: Nur so können wir aus ihnen lernen. Daher halte ich es für dringend erforderlich, den Umgang mit der Coronapandemie umfassend aufzuarbeiten. Denn in dieser Zeit ist viel Vertrauen in staatliche Institutionen und in unsere Demokratie verloren gegangen. Das gilt es zurückzugewinnen. Zum Abschluss möchte ich einfach Danke sagen – den Kolleginnen und Kollegen meiner, aber auch der anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit. Mit einigen sind richtige Freundschaften entstanden, auch mit Vertreter/-innen der Zivilgesellschaft, die unsere Arbeit sehr eng und immer konstruktiv begleitet haben. Ich danke allen, die unsere parlamentarische Arbeit unterstützen – vom Plenardienst über die Verwaltung, das Ausschusssekretariat und natürlich bis hin zu meinem großartigen Team. Danken möchte ich auch meiner Familie, meinen über 90-jährigen Eltern, die mich stets unterstützt haben und heute erstmals seit 15 Jahren bei einer Rede von mir dabei sein können. Ich danke auch meinen beiden Töchtern, die häufig auf ihre Mutter verzichten mussten. Und ich danke meinem Mann, den ich im gemeinsamen Einsatz für mehr Staatsferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kennengelernt habe und der mir immer ein wichtiger Sparringpartner ist. Ich wünsche diesem Haus, dass es auch zukünftig die Kraft findet, gemeinsam Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu erarbeiten – in einem Geist der Debatte, der Vielfalt und des gegenseitigen Respekts. Vielen Dank an Sie alle. Alles Gute. Schöne Weihnachten. Es war mir eine Ehre.