Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss dieses Jahres und auch dieser Legislaturperiode beraten wir heute einen von der Unionsfraktion eingebrachten Antrag zur Digitalpolitik. Es ist unser 18. Antrag, den wir als Union einbringen. Und Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, können jetzt mal raten, wie viele Anträge in dieser Zeit von den Koalitionsfraktionen eingebracht wurden. Ich kann es Ihnen sagen: Es waren null. Aus den Reihen der Koalitionsfraktionen kam im Laufe der letzten drei Jahre kein einziger Vorschlag, keine Idee, wie man die Digitalpolitik der Bundesregierung voranbringen kann. Und wenn die Kollegin Tabea Rößner jetzt sagt, das sei nicht üblich in den Koalitionsfraktionen, kann ich sagen, dass wir als Fraktion in unserer Regierungszeit immer Anträge eingebracht haben, mit eigenen Vorschlägen, um unsere Regierung zu treiben. Und ehrlicherweise hätte gerade diese Bundesregierung bei der Digitalpolitik mal ordentlich Feuer unterm Hintern gebraucht. Denn außer bunten Homepages und großen Worten ist in den letzten drei Jahren leider ziemlich wenig passiert. Von den über 300 Maßnahmen der Digitalstrategie wurde gerade mal ein Drittel umgesetzt – ein Drittel dessen, was Sie sich selbst vorgenommen haben. Dazu gehören so bahnbrechende Ideen wie das Portal „umwelt.info“ vom Umweltministerium und zahlreiche Stufen- und Maßnahmenpläne, aber wenig Konkretes. Wir legen heute mit unserem Antrag erneut konkrete Vorschläge zu einem der wichtigsten Themen vor, das Sie selbst zum Hebelprojekt der Digitalstrategie erklärt haben, nämlich für das Ökosystem digitaler Identitäten und die Umsetzung der eIDAS-Verordnung der Europäischen Union. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Denn es geht um Vertrauen und darum, wie Bürger, aber auch künftig die Wirtschaft interoperabel agieren und wie wir ein Ökosystem schaffen können, das einen Ausgleich findet zwischen freiem Wettbewerb, Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Datenschutz. Es wäre eine tolle Initiative der Koalitionsfraktionen gewesen, sich hier mit eigenen Ideen einzubringen. Schade, dass Sie das nicht gemacht haben. Sie hätten ja wenigstens das, was die Bundesregierung gemacht hat, kritisieren können, um ihr Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Beispielsweise wurde im letzten Jahr einfach über Nacht der PIN-Rücksetzungsdienst für den E-Personalausweis ausgesetzt, sodass die Menschen wieder aufs Amt laufen müssen, um ihren PIN zu aktualisieren. Eine entsprechende Kampagne wurde ewig angekündigt und ist dann einfach nicht gekommen. Dieses Beispiel reiht sich ein in eine ganze Reihe von Projekten, die angeblich Hebelprojekte der Digitalstrategie sein sollen, bei denen aber über Monate und Jahre nichts passiert ist. Ich erinnere nur an die Registermodernisierung. Noch in unserer Regierungszeit wurden dafür die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Aber Sie diskutierten dann über Monate und Jahre, ob man das nicht doch vielleicht anders machen müsste. Und Geld zur Umsetzung haben Sie auch nicht zur Verfügung gestellt. Also: Die Bilanz der Bundesregierung ist wirklich erschreckend. Das attestieren Ihnen nicht nur wir als Opposition, sondern das belegen auch die Zahlen, die ich eben genannt habe, und sogar Ihr eigenes Begleitgremium, der Beirat Digitalstrategie, sagt das. Der Abschlussbericht des von Ihnen eingesetzten Begleitgremiums ist voll mit Empfehlungen für die nächste Bundesregierung, da man sich, glaube ich, nicht getraut hat, zu schreiben, was man wirklich über die einzelnen Projekte denkt. Ich zitiere nur mal einen Satz aus diesem Bericht: Herr Wissing, das ist die Bilanz Ihres eigenen Begleitgremiums zu Ihrer Digitalstrategie und deren Umsetzung. Das ist wirklich peinlich. Das Gremium macht darin aber auch brauchbare Vorschläge, wie es die nächste Bundesregierung besser machen kann. Es besser zu machen, ist mein Wunsch an die nächste Bundesregierung, und ich hoffe sehr, dass wir an der kommenden Regierung beteiligt sind. Ich bin auch happy, dass wir erneut die Errichtung eines Digitalministeriums in unser Regierungsprogramm aufgenommen haben; denn genau das braucht man für eine gute Governance. Das ist, wie bei einigen von Ihnen und euch auch, heute möglicherweise meine letzte Rede als Digitalpolitikerin hier am Rednerpult des Deutschen Bundestages. Deshalb möchte ich bei aller Kritik, die wir als Opposition an dieser Bundesregierung haben – ich sehe viele Kolleginnen und Kollegen, die über Jahre mit mir Digitalpolitik gemacht haben –, auch noch ein Wort des Dankes sagen. Wir haben gemeinsam das Thema Digitalpolitik in den Bundestag gebracht. Es gab damals keinen Digitalausschuss. Wir mussten erst für eine Enquete-Kommission kämpfen, dann für den Digitalausschuss, für Federführungen und Zuständigkeiten. Wir haben die Themen in unseren Fraktionen immer parteiübergreifend vorangetrieben. Ich wünsche mir, dass die Themen Digitalisierung und Staatsmodernisierung – denn ich glaube, dass das entscheidend dafür ist, ob wir in der Digitalpolitik und in allen anderen Politikbereichen schneller und wirksamer werden können – weiterhin vorangetrieben werden. Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Digitalpolitikerinnen und Digitalpolitikern für die gemeinsame und fraktionsübergreifende Arbeit. An dieser Stelle geht mein Dank vor allem an meine Familie, an meine Teams in Berlin und im Wahlkreis, an die Wählerinnen und Wähler, an meine Partei und alle, mit denen ich in den letzten Jahren Politik gestalten konnte. Vielen Dank.