Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der die Wirtschaft händeringend nach Arbeitskräften, Fachkräften ruft, wünscht sich die Union ein Land ohne Einwanderung. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sagt: Der Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse Nummer eins und führt zu Wohlstandsverlust. Währenddessen fordern Sie Begrenzung und Abschottung statt der notwendigen Steuerung von Migration, meine Damen und Herren. Sie wollen Geflüchteten den Zugang zum Asylrecht in Deutschland verwehren, die Grenzen schließen, statt Fluchtursachen zu bekämpfen. Sie kriminalisieren Geflüchtete, statt sie als Arbeitskräfte von morgen zu sehen, als Menschen ausgestattet mit besonderen Rechten – Rechten, die als Konsequenz der Verbrechen der Shoah entstanden, nämlich die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention; die vergessen Sie im Übrigen immer. Diese Grundsätze infrage zu stellen, ist nicht nur geschichtsvergessen, Herr Throm, sondern brandgefährlich. Es liegt im ureigensten Interesse Deutschlands, grundsätzlich offen für Einwanderung zu bleiben. Dazu gehört ein modernes Einwanderungsgesetz – wir haben es geschaffen –, ein Chancen-Aufenthaltsrecht für Geflüchtete – wir haben es auf den Weg gebracht – und nicht zuletzt ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht – wir haben es geschaffen. Ihre innenpolitische Irrfahrt, liebe CDU/CSU, hat auch außenpolitisch fatale Folgen. Nehmen wir das Beispiel Syrien. Noch vor wenigen Wochen hat die Union lautstark gefordert, mit dem Diktator und Kriegsverbrecher Assad zusammenzuarbeiten, um Syrer/-innen abzuschieben. Lassen Sie mich das in Erinnerung rufen. Der neue Ministerpräsident in Thüringen, Ihr Präsidiumsmitglied Mario Voigt, forderte – ich zitiere –, „in einen Dialog mit dem Assad Regime“ zu treten. Ihr damaliger Brandenburger Innenminister forderte sogar, wir sollten auch mit Regierungen verhandeln – ich zitiere –, „die die Menschenrechte nicht ernst nehmen“. An dieser Stelle kann man nur sagen: Gut, dass die Union keine Regierungsverantwortung in diesem Land trägt! Zu Recht hat unsere Außenministerin Annalena Baerbock immer wieder davor gewarnt, die Beziehungen zu dem Mörder Assad durch Annäherungspolitik zu normalisieren und damit auch Iran und Russland zu stärken. Jetzt ist Assad Geschichte – Gott sei Dank! Dass Sie von der Union nur wenige Stunden nach dem Sturz von Assad mit Charterflügen und einer Hau-ab-Prämie die zu uns geflüchteten Syrerinnen und Syrer loswerden wollten, ist an Herzlosigkeit nicht zu überbieten. Das hat das Vertrauen vieler Syrer/-innen bei uns schwer erschüttert und unsere Kolleginnen und Kollegen und Freunde entsetzt und verletzt. Das zeigt, was für ein Menschenbild Sie haben und was Ihre Perspektive auf geflüchtete Menschen in diesem Land ist, Menschen, die seit dem Krieg, seit 2011, nicht nur hier angekommen sind, sondern die im Hinblick auf ihre soziale Integration eine der erfolgreichsten Einwanderergruppen in diesem Land sind. Hierfür steht beispielhaft die Meldung des Chefs der Deutschen Krankenhausgesellschaft der vergangenen Woche, der Ihre Forderung umgehend zurückgewiesen hat und vor den möglichen Folgen gewarnt hat. Mehr als 80 000 Syrerinnen und Syrer arbeiten in Engpassberufen. Tausende Ärztinnen und Ärzte, Zahnmediziner/-innen, Pfleger/-innen, Kfz-Mechatroniker/-innen und Erzieher/-innen könnten wir niemals ersetzen – so auch das Institut der deutschen Wirtschaft diese Woche. Unter all diesen Menschen haben Sie mit Ihren Abschiebefantasien riesige Sorgen und gewaltige Verunsicherung ausgelöst und damit dem Standort Deutschland schwer geschadet. Nein, mit uns ist eine so herzlose, rückwärtsgewandte und populistische Politik nicht zu machen, meine Damen und Herren! Der Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, trägt nichts, aber auch gar nichts zur Lösung der Herausforderungen bei. Im Gegenteil, er vergiftet die Atmosphäre und behindert damit die Integration. Wir werden diesen Antrag ablehnen.