Oder man kann Pech haben und jemanden wie Miguel López als Chef haben. – Hören Sie weiter zu! Ein Mitglied des Aufsichtsrats von thyssenkrupp hat das ganz treffend zum Ausdruck gebracht. Er hat nämlich gesagt: Die Mitarbeiter können doch nichts dafür, dass sie von solchen Leuten regiert werden. Frau Präsidentin! Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Unternehmen! Thyssenkrupp ist jetzt schon länger in der Krise. Vor allem die Stahlsparte schreibt seit Längerem rote Zahlen. Es hat verschiedene Versuche der Umstrukturierung, der Reform gegeben. Zuletzt hat thyssenkrupp eine Förderung aus Steuergeldern in Höhe von rund 2 Milliarden Euro bekommen, um die Produktion auf grünen Stahl umzustellen. Kurz danach hat das Unternehmen bekannt gegeben, dass 11 000 der 27 000 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Was für eine Respektlosigkeit gegenüber den Beschäftigten, und was für eine Respektlosigkeit gegenüber all denen, die diese Fördergelder mit ihren Steuergeldern bezahlt haben! Und das alles hat ein Ziel: Thyssenkrupp soll wieder eine ordentliche Rendite für die Aktionärinnen und Aktionäre abwerfen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Aktionärinnen und Aktionäre Miguel López vor einem guten Jahr zum Vorstandsvorsitzenden ernannt. Man liest und hört jetzt aus den Medien, dass Miguel López sich seitdem im Unternehmen wie ein kleiner König aufführt, Launen hat, rumbrüllt, sogar den Aufsichtsrat während einer Sitzung zusammengebrüllt hat, weil dort Kritik an ihm geäußert wurde. Jetzt frage ich mich: Ist das eigentlich richtig so? Ist es richtig so, dass Leute wie Miguel López das Schicksal der rund 100 000 Beschäftigten bei thyssenkrupp in der Hand haben? Ist es wirklich besser für uns, dass die Verantwortung dafür, wie und ob grüner Stahl hier produziert wird, in der Hand von solchen Leuten liegt? Und ist es wirklich gerecht, dass der Vorstand rund um Miguel López darüber entscheidet, ob 11 000 Beschäftigte und ihre Familien noch einen Arbeitsplatz haben und ihren Lebensunterhalt verdienen oder womöglich bald von Sozialleistungen abhängig sind? Ich finde nicht, dass das gerecht ist. Und es ist vor allem auch nicht demokratisch. Dieses Parlament, der Bundestag, steht wie viele andere Parlamente weltweit dafür, dass wir die Zeit von Alleinherrschern hinter uns gelassen haben. Demokratische, gesellschaftliche Entscheidungen treffen wir, weil sie uns alle betreffen, zusammen und demokratisch. Das ist gerechter. Es ist besser für uns alle. Aber in der Wirtschaft, in der Arbeitswelt ist das nicht so. Da treffen immer noch Einzelne – weil sie Glück gehabt haben, weil sie geerbt haben, weil sie sich etwas gekauft haben oder aus anderen Gründen – die Entscheidungen. Das hat für uns alle enorme Auswirkungen. Davon hängt unheimlich viel ab, zum Beispiel der Lebensunterhalt der Beschäftigten und ihrer Familien. Davon hängt aber auch ab, ob es uns gelingt, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren, ob wir bezahlbare Lebensmittel, bezahlbaren Wohnraum haben. All das hängt davon ab. Ob wir gute Lösungen dafür finden, hängt an den Entscheidungen dieser Einzelnen. Dabei kann man Glück haben. Man kann dort gute Menschen haben, Chefinnen und Chefs, die weitsichtige Entscheidungen treffen, die die Interessen ihrer Beschäftigten ernst nehmen, die Klimaschutz und soziale Fragen als wichtig ansehen, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. – Ja, aber da gibt es einen entscheidenden Unterschied. – Es stimmt, die Beschäftigten können nichts dafür, weil sie die nicht gewählt haben. Aber was wäre eigentlich, wenn sie was dafür könnten? Was wäre, wenn die Beschäftigten über solche Fragen mitbestimmen könnten? Was wäre, wenn die Beschäftigten bei thyssenkrupp darüber hätten mitentscheiden dürfen, ob und wie grüner Stahl produziert wird, ob und wie es Entlassungen gibt, Standorte und Werke geschlossen werden sollen? Wäre das wirklich schlechter gewesen? Ich glaube nicht. Ich will – erschrecken Sie nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen – aus dem Wahlprogramm der FDP zitieren: „Alles lässt sich ändern.“ Jetzt würde ich das nicht ganz so ernst nehmen. Lassen sich die Naturgesetze ändern? Aber eines lässt sich ganz sicher ändern, nämlich das Mitbestimmungsrecht. Und wir wollen das ändern. Wir wollen dafür sorgen, dass zum Beispiel Entscheidungen über Entlassungen und Werksschließungen nicht mehr über die Köpfe der Beschäftigten hinweg getroffen werden. Wir wollen dafür sorgen, dass diejenigen, die den Laden am Laufen halten, auch darüber mitbestimmen können, wohin es geht. Wir wollen, dass die arbeitenden Menschen über ihre Zukunft selbst bestimmen können. Wir wollen deshalb mehr Demokratie in der Arbeitswelt wagen. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ist der Unterschied: Bei demokratischen Wahlen kann man das wählen. Deshalb können Sie alle das bei der nächsten Bundestagswahl wählen. Vielen Dank.