Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Ralph Brinkhaus, eigentlich haben Sie ganz viel von meiner Rede vorweggenommen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir zum Ende des Jahres tatsächlich noch mal über das Thema Nachhaltigkeit sprechen, auch weil es gerade in Zeiten, wo wir im Wahlkampf sind, gut ist, sich an das zu erinnern, was wir eigentlich gemeinsam haben. Und da ist die Nachhaltigkeitsstrategie wirklich ein verbindendes Element. Es ist hier tatsächlich eine gewachsene Erkenntnis, dass das „leave no one behind“ der Agenda 2030 besagt: Eine Gesellschaft kann nur dann echten Fortschritt erreichen, wenn wir dafür sorgen, dass jeder in dieser Gesellschaft die Möglichkeit hat, sein Potenzial zu entfalten und auch gut zu leben – und das tatsächlich als globale Gesellschaft. Ich glaube, wir sollten uns als demokratische Parteien noch mal stärker vor Augen führen, dass das ein wirklich großer zivilisatorischer Fortschritt ist. Das gilt, auch wenn es – das wissen wir – in diesem Raum leider auch Leute gibt, die das infrage stellen, beispielsweise weil sie der Meinung sind, wir sollten das mit der internationalen Dimension lieber weglassen, weil es uns egal sein könne, was in anderen Teilen der Welt passiert. Das sehen die übrigen Fraktionen in diesem Haus tatsächlich ganz anders, und das ist gut so. Für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist das schon immer eine gewisse Selbstverständlichkeit gewesen. Das ist der Gründungsmythos der Sozialdemokratie: Solidarität ist im Grunde die Übersetzung dessen, was die Agenda 2030 besagt. Andere Parteien leiten das aus anderen Traditionen her. Es ist aber gut, dass wir diese Verbindung haben. Das Ganze drückt sich auch darin aus, dass wir die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie seit 2002 immer wieder upgedatet haben; sie ist eine Fortschreibung, und das unabhängig davon, welche Koalition auf der Regierungsbank saß. Das ist gut und richtig, und so haben wir es in dieser Legislaturperiode ebenfalls gehandhabt. Es ist auch gut, dass wir zum Update der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur mit der Zivilgesellschaft, sondern auch mit den Parlamentarierinnen und Parlamentariern hier im Deutschen Bundestag einen super Austausch hatten. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden uns sehr darum bemühen, diese Arbeiten zumindest zu einem solchen Abschluss zu bringen, dass die nächste Bundesregierung auch die Möglichkeit hat, weiter daran zu arbeiten. Das Verfahren hat sich also grundsätzlich bewährt. Es gibt eine hohe Selbstbindung innerhalb der Bundesregierung. Wir haben weitere Maßnahmen umgesetzt, um diese Selbstbindung zu erhöhen: indem wir eine Ex-ante-Prüfung eingeführt haben, aber auch, indem wir beispielsweise das Amt, das ich jetzt verkörpere, eingerichtet haben. Aber – und da teile ich die Position des Kollegen Ralph Brinkhaus – ich glaube, wir müssen jetzt weitere Schritte gehen. Ich habe jetzt inhaltlich gar nicht so viel zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie gesagt; weil wir das breit miteinander diskutiert haben. Aber wir haben uns sehr genau angeschaut: Wie sieht es mit den Indikatoren aus? Da haben wir festgestellt – auch in dem Dialog mit Ihnen hier im Raum –, dass wir stärker darauf schauen müssen, dass wir Indikatoren und Ziele miteinander verbinden. Wahrscheinlich müssen wir in diesem Raum auch deutlicher darüber streiten, was denn die konkreten Ziele sind, damit die Menschen damit auch etwas verbinden können und erkennen können: Was heißt es, wenn man Nachhaltigkeit mit Leben füllt, was steckt programmatisch dahinter? Das wollten wir – so hatten wir uns das zumindest vorgenommen – eigentlich anders abschließen. Da werden wir nicht so weit kommen, wie wir uns das gewünscht hatten; das kann ich jetzt schon ankündigen. Aber ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, der in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden muss. Der zweite Punkt ist, dass wir die Weiterentwicklung der Governance der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in der Bundesregierung aufwerten müssen; das ist ganz klar. Wir müssen hier ein stärkeres Controlling hinbekommen. Wir müssen den Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung aufwerten. Wir müssen auch dafür sorgen, dass hier stärker fokussiert wird. Das ist etwas, was wir in der verbleibenden Zeit dieser Legislaturperiode weiterentwickelt hätten. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen. Aber ich glaube, die Vorarbeiten werden auch für künftige Regierungen fruchtbar sein. Ich glaube aber auch: Wenn wir wollen, dass die Nachhaltigkeitsstrategie eine größere Relevanz entfaltet – und das kann ich jetzt sagen als jemand, der einen Großteil seiner parlamentarischen Zeit mit auf der Regierungsbank verbracht hat –, wenn wir möchten, dass die Nachhaltigkeitsstrategie Verbindlichkeit bekommt, dann braucht es eine stärkere Kontrolle durch den Deutschen Bundestag, durch das Parlament. Deswegen bin ich dankbar dafür, dass es jetzt diesen Antrag gibt. Ich glaube, die Zeit reicht nicht, um das Ganze zu einem Abschluss zu bringen, der einem wirklichen Controlling durch den Deutschen Bundestag gerecht würde. Aber ich verleihe meiner optimistischen Hoffnung großen Ausdruck, dass auch eine künftige SPD-Fraktion dem zustimmen und daran mitwirken wird. Ich werde es nicht mehr tun. Das ist hier meine letzte Rede im Deutschen Bundestag. Ich freue mich sehr darüber, dass ich noch mal zu diesem Thema reden darf. Denn das Leitziel der Agenda 2030 war es, niemanden zurückzulassen, und ich bin der Überzeugung, dass wir als Gesellschaft dann stark sind, wenn jeder seine Chance bekommt und es ihm gut geht. Das ist das, was mich in die Politik getrieben hat, vielleicht auch deshalb, weil ich, ähnlich wie der Kollege Niels Annen, aus einem Elternhaus komme, wo es mir nicht schlecht gegangen ist, ich aber auch gelernt habe, dass Chancen teilweise von der Herkunft abhängen. Als Quartiermanagerin in meinem ersten Job in Bremen in zwei sogenannten benachteiligten Stadtteilen habe ich gelernt, sehr oft hautnah miterleben müssen, was soziale Ausgrenzung mit Menschen macht. Eine Sache, die mir wichtig ist, wenn ich jetzt Bilanz meiner Zeit als Abgeordnete ziehe, ist, dass ich tatsächlich ein bisschen stolz darauf bin, dass wir über die soziale Dimension der Nachhaltigkeit mittlerweile genauso viel reden wie über die ökologische und klimapolitische Dimension. Damit schließt sich für mich wirklich ein Kreis. Da das meine letzte Rede ist, möchte ich, auch wenn ich schon ein bisschen überzogen habe, ganz kurz danken – das bleibt nicht aus –: Ich möchte allen danken, mit denen ich in diesem Haus gut zusammengearbeitet habe. Das gilt für die Nachhaltigkeitspolitiker genauso wie für die Kolleginnen und Kollegen im Finanzausschuss. Ich möchte auch meinem Minister und dem Bundeskanzler danken, mit denen ich sehr gerne zusammengearbeitet habe. Ich möchte tatsächlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mich in den letzten zehn Jahren begleitet haben, danken, egal in welchem Büro. Es war teilweise eine Riesenherausforderung – jetzt ist ja noch ein Büro dazugekommen –, das alles zu koordinieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wirklich über das Maß hinausgegangen, das sie bezahlt bekommen, haben immer ihr ganzes Herzblut mit eingebracht. Auch den Menschen, die zum Bundestag gehören, möchte ich danken. Der Parlamentsdienst und die Stenografen sind ja schon gewürdigt worden. Aber es gibt so viele Menschen, die dazu beitragen, dass unser Alltag hier erträglich ist: die Menschen in der Gastronomie; die Menschen, die hier regelmäßig reinigen; die freundlichen Damen an der Garderobe; der Fahrdienst. Auch das muss einmal gesagt sein. Und natürlich danke ich meinen Freunden und meiner Familie, die mich unterstützt haben, die auch Verständnis dafür hatten, wenn ich mal nicht zurückgerufen habe und sie immer wieder vertrösten musste. Ich danke insbesondere meinen Eltern, die mich in die Politik gebracht haben, meinem Mann, der wirklich immer für mich da war, auch wenn es mal hart war. Und ich bin auch dankbar für alle Freundschaften, die ich hier im Bundestag geschlossen habe. Wenn ich noch einen Satz sagen darf: Eine Bitte habe ich für die nächste Legislaturperiode. Hier auf der Regierungsbank sitzen viele Menschen, die vor allem auch Kolleginnen und Kollegen sind. Wenn gesagt wird: „Die Regierungsbank ist wieder leer“, obwohl da lauter Parlamentarische Staatssekretäre sitzen, tut uns das weh. Wir sitzen da gerne, wir sind gerne die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die Abgeordneten. Und wir verstehen uns zuallererst auch als Abgeordnete; ich glaube, das gilt für alle. In diesem Sinne sage ich: Auf Wiedersehen! Herzlichen Dank.