Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist heute die dritte Debatte zur Wirtschaftspolitik, und das zeigt, wie wichtig das Thema ist. Es ist wichtig für die Menschen im Land; denn die Wirtschaft ist das Fundament für Arbeitsplätze, für unsere Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, für unseren Wohlstand und auch für unsere Demokratie. Sie muss aber auch klimaneutral sein und darf unsere Lebensgrundlagen nicht zerstören. Das sagen übrigens auch Wirtschaftsweise. Das zweite Mal in Folge wurde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Klimakrise als das größte Risiko für die Weltwirtschaft dargestellt. Herr Mattfeldt, Sie sagten, seitdem diese Regierung im Amt ist, sei die Industrie im freien Fall. Vielleicht gucken Sie sich mal die Zahlen an. Die Industrieproduktion in Deutschland geht seit 2017 kontinuierlich zurück. Und keiner von Ihnen – keiner von Ihnen! – hat den Mumm gehabt, zu sagen, was die eigentliche Ursache ist für die große Energie- und Inflationskrise in den letzten zwei Jahren. Der Überfall Putins auf die Ukraine war die Ursache. Während Sie hier Allgemeinplätze verbreiten, haben wir als Grüne mit der SPD zusammen Regierungsverantwortung übernommen und diese Energiekrise gelöst. Wir haben heute Energiepreise, die unter denen am Ende der Merkel-Zeit liegen. Wir haben uns um die Rohstoffversorgung gekümmert, um verlässliche Lieferketten, um sauber arbeitende Unternehmen. Denn das Lieferkettengesetz schützt vor allem auch die Unternehmen hier in Deutschland und in Europa, die sauber arbeiten, die eben nicht auf Kosten der Umwelt und der Menschen im Globalen Süden unsaubere Profite erwirtschaften. Jetzt kommen wir mal zu den Lösungen, die nötig sind. Der Sachverständigenrat hat uns aufgeschrieben: Es geht um strukturelle Probleme. Wir müssen investieren. – Genau das Gleiche hat er übrigens auch schon 2019 gesagt. Und was tun Sie? Sie legen hier Vorschläge vor für ein Strohfeuer. Mit Steuersenkungen wollen Sie dem Ganzen entgegenwirken, mit 100 Milliarden Euro Steuersenkungen gerade für Gut- und Besserverdienende ohne jede Gegenfinanzierung. Wie soll das denn funktionieren? Ich habe in der Debatte heute Mittag Herrn Wiener gefragt, wie er sich das vorstellt, mit Steuersenkungen strukturelle Probleme zu lösen. Da hat er doch tatsächlich geantwortet, damit werde Wachstum generiert, und mit den Erlösen könne man dann ja die strukturellen Probleme angehen. Nein, man muss es andersherum machen: Erst die strukturellen Probleme lösen, dann gibt es auch wieder Wachstum. Am 6. November haben Sie sich, liebe Freunde von der FDP, wieder mal der Verantwortung entzogen. Aber das Parlament ist weiter beschlussfähig. Wir können ja hier weiter arbeiten. Die Regierung hat eine Wachstumsinitiative mit 49 geeinten Vorschlägen vorgelegt, die ein prognostiziertes Wachstum von 0,5 Prozentpunkten brächten, wenn wir sie denn verabschieden würden. Aber Sie verweigern sich. Herr Spahn, vor der Vertrauensfrage war Ihre Aussage: Bis zur Vertrauensfrage verhandeln wir nichts mehr. – Und jetzt, nach der Vertrauensfrage, sagen Sie: Na ja, jetzt haben Sie ja genug Zeit gehabt. – Das ist nun wirklich wieder einmal Voodoo-Ökonomie. Sie reden immer von Bürokratieabbau. Wir haben hier mit den FDP-Kollegen einen geeinten Vorschlag für das Außenhandelsstatistikgesetz vorgelegt. Da kann man mit einem Federstrich ganz einfach 10 Millionen Euro Entlastung schaffen, indem man einfach die Grenze für die Berichtspflichten anhebt, sodass weniger Unternehmen, vor allen Dingen kleinere Unternehmen, von den Berichtspflichten betroffen wären. Das liegt fertig in der Tasche. Die FDP-Berichterstatter haben dem zugestimmt. Warum stimmen Sie dem nicht zu? Weder die Union noch die FDP sind bereit dazu. Wir könnten sofort Entlastung schaffen. Bürokratieabbau ist Kärrnerarbeit. Man muss wirklich auf die Details gucken. Das BMWK hat das gemacht mit den Praxischecks. Wir haben Praxischecks durchgeführt zu den Themen „Einfach(er) gründen“ und „Unternehmensnachfolge“. Am Montag wurden die Ergebnisse präsentiert: 44 konkrete Handlungsempfehlungen, die einfach nur umgesetzt werden müssen. Ich will mal ein Beispiel nennen, das mich als Unternehmer, als ich meine Firma gegründet habe, auch betroffen hat. Es klingt so banal, wenn man sagt: Optimierung des Prozesses zur Vergabe der Steuernummer. – Wenn man ein Unternehmen gründet und noch keine Steuernummer hat, dann darf man keine Rechnungen stellen. Das heißt, das ist ein wirklich elementarer Punkt, um Unternehmen, die sich gründen, schneller ins Geschäft zu bringen. – Das ist eine von 44 Empfehlungen, die wir jetzt einfach umsetzen könnten. Legen wir doch einfach mal los! Noch in die Zukunft geschaut – auch das hat uns ja der Sachverständigenrat mitgegeben –: Wir brauchen Investitionen, um die strukturellen Defizite zu beheben. Wenn wir uns den OECD-Vergleich mal angucken, müssen wir feststellen: Wir sind Primus bei der Schuldenquote, wir sind Schlusslicht beim Wachstum, und wir sind Schlusslicht bei den Investitionen. – Da liegt es auf der Hand, die Schuldenbremse so weiterzuentwickeln, dass sie eben keine Investitionsbremse mehr ist, dass sie keine Wachstumsbremse mehr ist, sondern dass wir investieren können aus der Krise heraus in die Zukunft – für einen sicheren Standort, für ein Land, das funktioniert, mit uns als Führungskraft.