Und ich frage mich: Warum? Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommen wir nach vier Rednern der Irrungen und Wirrungen zum Thema zurück und reden über das Bundesverfassungsgericht, das Sie hier und nicht etwa wir angreifen! Sie wollen jahrzehntelang bewährte Strukturen, die Sie freilich pervertiert haben, zerschlagen. Hans Herbert von Arnim hat 1993, vor einigen Jahren also, ein Buch geschrieben, dass Sie sich den Staat zur Beute gemacht haben. Sie, die Altparteien, haben sich den Staat zur Beute gemacht. Und nach und nach haben Sie sich auch das Bundesverfassungsgericht zur Beute gemacht. Und das treiben Sie heute hier voran. Schamlos nutzen Sie vom Altparteienkartell die Richterwahl aus. Akribisch haben Sie aufgeteilt, wer welchen Richter auf welchem Parteiticket zugeteilt bekommt: meistens CDU/CSU und SPD, ab und zu fallen auch für FDP und Grüne Brosamen ab. Jeder ist dabei. Nie gibt es eine Wahl im Sinne von Auswahl, weil stets nur ein Kandidat, der von Ihnen hinter verschlossenen Türen ausbaldowert worden ist, vorgeschlagen wird – das erfährt man dann aus der Zeitung –, und der wird dann durchgewunken. Exzesse wie beispielsweise der jetzige Bundesverfassungsgerichtspräsident Harbarth, der vorher noch nicht eine Sekunde in seinem Leben Richter war, dafür aber viele Jahre ein Politspezl von Frau Merkel, werden nicht mal problematisiert. Herr Harbarth übrigens – ich habe es im Ausschuss angedeutet – war so ein Sündenfall, dass sich sogar aus Ihrer CDU/CSU-Fraktion ein führendes Mitglied aus dem Rechtsausschuss an mich gewandt und gesagt hat: Herr Brandner, tun Sie was dagegen! Der Harbarth kann doch nicht zum Bundesverfassungsgericht gehen. Ich kann mich in meiner Fraktion nicht durchsetzen. – Ihr Treiben ging also sogar Ihren eigenen Leuten zu weit, und jetzt treiben Sie es hier noch auf die Spitze. Das ist schäbig. Sie wollen angeblich das Bundesverfassungsgericht vor Manipulationen schützen, habe ich im Rechtsausschuss gehört und konnte es kaum glauben. Sie manipulieren doch seit Jahren am Bundesverfassungsgericht herum. Denken wir an die Coronazeiten! Intransparente rauschende Feste der Bundesregierung mit sämtlichen Bundesverfassungsrichtern, leckere Mehrgangmenüs vom Sternekoch mit edlen Weinen. So tafelten Sie im Bundeskanzleramt und besprachen laufende Probleme. Danach war es natürlich kein Wunder, dass das Bundesverfassungsgericht ein Totalausfall war, als es um die wahren Probleme der Coronazeit ging. Und dann stellt sich Jens Spahn vor die Presse und droht unverhohlen dem Bundesverfassungsgericht. Dem Verfassungsgericht, sagte er, müsse hin und wieder die Chance eingeräumt werden, sich zu korrigieren. Mit Unschuldsmine sagte er das. Die meisten Urteile seien vor Jahren gesprochen worden. Das Bundesverfassungsgericht solle das Primat der Politik anerkennen. – Ob das Gegenstand dieser Sausen im Kanzleramt war, weiß ich nicht. Aber ganz klar ist: Sie wollen das Bundesverfassungsgericht einnorden. Ihnen geht es nicht um Gewaltenteilung oder Resilienz. Sie wollen Ihren uneingeschränkten, undemokratischen Durchgriff auf das Personal des Bundesverfassungsgerichts jetzt auch noch in die Gesetze reinschreiben: Grundgesetz und Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Angeblich konkurrieren Sie alle miteinander, aber heute wird klar: Sie treiben es alle miteinander, im politischen Sinne natürlich und auf widerlichste Art und Weise. Das jahrzehntelang bewährte Prinzip der Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat räumen Sie einfach beiseite. Sie führen einen Notfallmechanismus ein und wollen damit neue, starke politische Kräfte ausschalten. Warum? Um Ihre politische Allmacht noch ein paar Jahre zu genießen. Das ist schäbig. Das machen wir nicht mit. Was wir mitmachen würden, ist tatsächlich eine – – Entpolitisierung des Bundesverfassungsgerichts, eine transparentere Arbeit des Bundesverfassungsgerichts. Daher auch unsere Änderungsanträge, denen Sie im Sinne unserer Bürger zustimmen sollten. Vielen Dank.