Dabei sollte es grundsätzlich auch bleiben. Und deshalb wäre es auch keine gute Idee gewesen, das Wahlquorum dann auch noch in die Verfassung zu schreiben. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst festhalten: Unser Bundesverfassungsgericht ist ein starkes Gericht, das sich seine starke Stellung selbst in über sieben Jahrzehnten hart erarbeitet hat, gerade weil der Verfassungstext hierzu ja etwas rudimentär geblieben ist. Die heutige Ergänzung des Grundgesetzes ist nicht weniger – aber auch nicht mehr – als eine Anpassung der Regelungsdichte zu diesem Verfassungsorgan an entsprechende Regelungen für andere Verfassungsorgane. Denn auch für diese werden Geschäftsordnungsautonomie, grundlegende Befugnisse oder Wahlmodalitäten gleich im Grundgesetz geregelt. Für diesen Entwurf auch von meiner Seite ein herzliches Dankschön an die noch amtierenden Regierungsfraktionen, aber auch an die ehemalige Regierungsfraktion FDP und insbesondere an den ehemaligen Bundesjustizminister, der das Ganze sehr erfolgreich moderiert hat. Mit diesen Ergänzungen sichern wir die Arbeit des Gerichts gegen denkbare künftige Manipulationen ab. Diese können vom Rand des politischen Spektrums kommen, aber sie können durchaus auch aus der Mitte kommen. Ich erinnere nur an das Vorhaben eines US-amerikanischen Präsidenten, den dortigen Supreme Court so zu vergrößern, dass er Einfluss auf die Mehrheitsverhältnisse nehmen konnte. Wohlgemerkt: kein aktueller Präsident oder „incoming president“. Das ist bereits 90 Jahre her. Wer sich gegen diesen Manipulationsschutz für das Verfassungsgericht stellt, der muss sich schon die Frage gefallen lassen, was er denn eigentlich im Schilde führt bezüglich dieses Verfassungsgerichts. Und die AfD gibt schon eine erste Antwort darauf, indem sie in einem Änderungsantrag fordert, dass alle Entscheidungen, auch Nichtannahmebeschlüsse des Verfassungsgerichts, zu begründen sind. Wenn das bei einem Jedermannsgericht mit Tausenden von Eingängen in jedem Jahr passiert, ist das ein Lahmlegen des Verfassungsgerichts. Hier nehmen Sie sozusagen die Maske ab und zeigen, was Sie wollen: Sie wollen dieses Gericht dysfunktional machen. Das ist der letzte Beweis für die Notwendigkeit dieses Gesetzes, das wir heute vorlegen. Wir haben uns bei diesen Reformvorschlägen von dem Gedanken leiten lassen, eine große, vielleicht denkbare, aber doch eher fernliegende Verfassungskrise nicht dadurch verhindern zu wollen, dass wir kleinere Verfassungskrisen wahrscheinlicher machen. Ich spreche hier in der Tat von der Möglichkeit einer Sperrminorität bei den Richterwahlen, die das Gericht eben nicht dauerhaft blockieren dürfen. Deshalb gibt es einen Notfallmechanismus. Aber der ist eben auch nur ein Notfallmechanismus; denn auch er kann natürlich – denkbar – taktisch genutzt werden. Wir sollten es daher ernst nehmen, wenn die Mütter und Väter des Grundgesetzes damals penibel darauf geachtet haben, dass das Verfassungsgericht jeweils exakt zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat zu besetzen ist. Meine Damen und Herren, um die Arbeitsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts dauerhaft zu erhalten, braucht es natürlich mehr als nur eine Grundgesetzänderung. Zunächst einmal sind die politischen Verfassungsorgane ihrerseits verpflichtet, im täglichen Tun auch ihren Beitrag zu leisten, beispielsweise wenn es um die Wahl von Verfassungsrichtern oder Verfassungsrichterinnen geht. Die nächste Gelegenheit dazu wird ja schon im Januar gegeben sein. Bei dem berechtigten Anliegen, unser Verfassungsgericht noch stärker zu schützen, dürfen wir aber auch nicht übersehen, dass nicht nur Gerichte, sondern natürlich auch Parlamente ins Visier der Extremisten geraten. Sie wollen demokratische Wahlen diskreditieren und sabotieren. Wir sind aufgefordert, solche Angriffe abzuwehren. Aber wir haben auch die Aufgabe, ein faires, stabiles und nachvollziehbares Wahlrecht zu schaffen. Auch da, finde ich, hat der nächste Deutsche Bundestag noch eine gewisse Aufgabe. Mit der tieferen Verankerung des Verfassungsgerichts im Grundgesetz stärken wir zunächst einmal das Gericht, und damit stärken wir unsere Verfassung. Vielen herzlichen Dank.