Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da die Gesetzentwürfe, die wir hier abschließend beraten, unverändert sind gegenüber der Einbringung und der ersten Lesung, gibt es eigentlich nicht viel Neues zu sagen. Ich kann vollinhaltlich auf das verweisen, was ich hier in der ersten Beratung gesagt habe. Viel Neues gibt es nicht dazu zu sagen. Zwei Dinge fallen mir doch noch dazu ein, und das sind „Maultaschen“ und „Hans Christian Andersen“. Warum „Maultaschen“? Sie kennen alle die marketingwirksame Legende von dem schlauen Mönch, der in der Fastenzeit ein Fleischgericht verzehren wollte und – damit der Herrgott es nicht sehe – das Ganze in Teigmasse einwickelte, und – voilà! – die Maultaschen waren geboren. So ähnlich verhält es sich auch mit diesen Gesetzentwürfen. Sie haben hier schon wieder umfänglich viele Einzelpunkte vorgetragen, die vermeintlich aus dem einfachen Recht, aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz, in das Grundgesetz, in die Verfassung, hineingehoben werden müssten. Das kann man so sehen. Das ist nicht zwingend. Das kann man so machen. Das ist alles wenig aufregend. – Und das ist die Teigmasse, in die Sie das einhüllen, worum es eigentlich geht. In unserem Grundgesetz steht bisher, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden. Worin unterscheiden sich diese beiden Parlamentskammern? Nun ja, ganz einfach darin: Im Bundesrat ist die Opposition in Gestalt der AfD bisher – und wahrscheinlich leider auch morgen noch – gar nicht vertreten. Im Bundestag ist sie vertreten, und zwar mit zunehmender Stärke. Wir werden das hoffentlich im Februar erleben. Nun besorgt Sie, dass Sie möglicherweise bei der Wahl der Verfassungsrichter im Deutschen Bundestag genötigt sein könnten, in der Zukunft rein hypothetisch mit der Opposition in Gestalt der AfD zu reden. Und weil Sie schon dazu nicht bereit sind – da Sie, wie in jahrzehntelanger Übung eingespielt, das Verfassungsgericht weiter unter sich aufgeteilt halten wollen –, wollen Sie jetzt eine Regelung einführen, wonach Sie die Wahl der Verfassungsrichter aus dem Deutschen Bundestag in den Bundesrat verschieben können, wenn Sie hier mit uns nicht reden wollen. Das ist der Kern, der in der Teigmasse steckt und den Sie vor den Blicken des Publikums verstecken wollen. Hans Christian Andersen hat im 19. Jahrhundert ein Kunstmärchen geschrieben: „Des Kaisers neue Kleider“ – kennt auch jeder. Und auch das ist etwas, was man hier leider assoziieren muss: Das Mäntelchen, das Sie sich hier umlegen, das bei meinen Vorrednern zum Ausdruck gekommen ist – die wackeren Verteidiger des Rechtsstaats gegen die böse AfD –, existiert nicht. Es ist wie im Märchen: Der Kaiser ist nackt. Die Selbsternannten Exklusiv-Demokraten, kurz: SED, sind nackt. Man sieht das unbedeckte Genital der herrschenden Parteien, wie es hier paradiert wird im Deutschen Bundestag, und es ist kein schöner Anblick. Man muss das leider so sagen. Was Sie mit dem, was Sie hier tun, nach außen projizieren, ist ein Bild unseres Verfassungsgerichts von einem Herrschaftsinstrument, das Sie als Parteienkartell nicht bereit sind aus der Hand zu geben. Sie delegitimieren das Verfassungsgericht. Sie desavouieren unsere Demokratie. Sie erklären einer immer größeren Zahl von Wählern, von Bürgern unserer Republik, dass dies nicht ihr Staat sei, dass das nicht ihr Verfassungsgericht sei. Das ist das, was Sie nach außen projizieren. Das ist das, was Sie hier paradieren unter dem nicht existenten Mäntelchen. Und Sie wissen es – Sie wissen es!