Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Braun, die Hausdurchsuchung, die Sie angesprochen haben, geht nachweislich nicht auf Herrn Habeck zurück, sondern darauf, dass die Person mutmaßlich Grafiken hochgeladen haben soll, auf denen unter anderem „Kauft nicht bei Juden“ stand. Wollen Sie das verteidigen? Wenn ja, verlassen Sie bitte diesen Saal! Und erklären Sie uns doch mal, wie das zusammenpasst: Es kann in Ihren Augen der Rechtsstaat, wenn sich in diesem Land eine Person mit Migrationshintergrund irgendwas Straffälliges zuschulden kommen lässt, nicht brutal genug vorgehen, aber sobald Ihnen Straftaten ins politische Kalkül passen, dann wollen Sie nach dem Motto vorgehen: Hände hoch, es wird gar nichts mehr getan. Meine Damen und Herren, die AfD will es ernsthaft leichter machen, Politikerinnen und Politiker zu beleidigen; es soll weniger Strafen geben. Wissen Sie, mein Sohn ist jetzt eineinhalb Jahre alt und lernt gerade sprechen. Als Vater aus Oberschwaben muss ich aufpassen, dass ich mit den Schimpfwörtern jetzt ein bisschen spare, weil ich nicht will, dass seine ersten Worte Beleidigungen sind. Und jetzt kommen Sie und schlagen vor, dass es leichter sein soll, seinen Vater zu beleidigen. Ihr Antrag hat ganz viele Schwächen. Ich fände es gut, wenn wir uns als Abgeordnete als Erstes fragen: Was vermitteln wir hier eigentlich unseren Kindern? – Das sollte es nicht sein. Mein Sohn und ich teilen denselben Nachnamen. Ich finde ihn schön und bin auf ihn stolz. Aber als ich 1994 in den Kindergarten gekommen bin – so wie mein Sohn jetzt in den Kindergarten gekommen ist –, war das kein Nachname, mit dem man da sonderlich viel Spaß hatte. „Mesarosch, Megafrosch!“ – da kann man was mit anfangen und brutal kreativ sein. Das finden manche witzig; aber Kindern tut das weh. Was hat das mit Ihrem Antrag zu tun? Wir müssen verstehen, dass es nicht die Schuld der Kinder war, die mich damals beleidigt haben – das betrifft viele Millionen weitere Kinder in Deutschland –; das haben sie von zu Hause mitgebracht. Und auch zu Hause hat sich das niemand ausgedacht, sondern dieser Hass und diese Diskriminierung sind eine gesellschaftliche Krankheit, die es schon immer gab und leider immer geben wird, aber die sich mal weiter ausbreitet und mal weniger. Sie mit Ihrem Vorgehen hier in diesem Haus tragen dazu bei, dass sich das ausbreitet. Sie geben hier das Vorbild, dass es okay ist, Leute zu beleidigen, dass es nicht so schlimm ist, Politikerinnen und Politiker zu beleidigen, dass es immer irgendwelche Gründe gibt, beleidigend gegenüber Leuten zu sein, deren Nachnamen man komisch findet, die vielleicht woanders herkommen, die ein anderes Geschlecht haben, die anders aussehen oder die einfach nicht ins Weltbild passen. Das nimmt hier seinen Ausgang, und deswegen werden wir das genau hier stoppen. Ich glaube, jeder, der einen Funken Anstand im Leib hat, erkennt, wie falsch dieser Antrag ist, wie albern. Aber er ist eben nicht nur albern, sondern dahinter steht eine faschistische Strategie, die auch Ihre Vorgängerorganisationen vor 100 Jahren genutzt haben, um eine Demokratie zu zerstören, und damals ist das leider gelungen. Wie Sie andeuten, gibt es diesen Paragrafen nicht, weil Politiker mehr wert wären oder weil da das Strafmaß einfach besonders hoch sein muss. Ihn gibt es, weil, wenn wir Politikerinnen und Politiker bei ihrer Amtsausübung, bei ihrer Arbeit beleidigen, wir nicht nur ihr persönliches Ansehen in den Dreck ziehen, sondern auch das Amt. Das wollen Sie strategisch ausnutzen; denn Menschen sind Ihnen sowieso egal. Aber es ist Ihr Kalkül, diese Demokratie und alle, die sie verteidigen, in den Dreck zu ziehen, weil dann diejenigen aus dem Weg geräumt sind, die für Substanz stehen, die sich Leuten in den Weg stellen, die eben andere beleidigen. Und wenn die Substanz weg ist, dann hat die Stunde der Substanzlosen endlich geschlagen, und dann können Sie Ihren Hass ungezügelt verbreiten. Und bevor dieser Eindruck entsteht: Es geht hier nicht nur um meinen Sohn, es geht hier nicht nur um mich, und es geht nicht nur um uns Bundestagsabgeordnete. Es geht auch um jede Gemeinderätin, jeden Gemeinderat, um jede Bürgermeisterin, jeden Bürgermeister. Zu viele von ihnen haben heute Angst, ihr Amt auszuüben oder es überhaupt noch anzutreten. Verursacher sind Menschen wie Sie, die nicht durch Zufall beleidigen, sondern aus Kalkül, weil Sie die Leute draußen haben wollen. Und das lassen wir nicht zu. Wissen Sie, ich bin kein Ethikprofessor, und ich habe jetzt hier sehr analytisch argumentiert. Wenn ich mir anschaue, wie Sie hier sitzen, mit Ihrer Verächtlichkeit, der Arroganz und dem Hass, den Sie hier hineinbringen, an einen Ort, der mir heilig ist, muss ich sagen: Ich würde Sie beleidigen wollen. Aber ich tue es nicht, weil ich es für einen Fortschritt halte, dass wir uns heute nicht mit Gewalt, nicht mit Worten, sondern mit Argumenten bekämpfen. Und wenn Sie keine Argumente haben, dann verlassen Sie diesen Saal, und kommen Sie nicht mehr zurück!