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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitalisierung ist eine feine Sache. Daher fordern wir von der FDP den Staat beständig dazu auf, Papier hinter sich zu lassen und im Neuland anzukommen. Digital, einfach, schnell – Eigenschaften, die unserem Land auf die Sprünge helfen würden und die für die notwendige Wirtschaftswende unerlässlich sind.
„Einfacher und schneller“ hat im digitalen Raum wie alle fortschrittlichen Dinge aber auch eine Kehrseite. Die zunehmende Schnelligkeit im Umgang mit Medien stellt die Impulskontrolle der Menschen auf eine harte Probe. In einem Youtube-Video gefällt einem ein Satz nicht: Daumen runter. Auf einem Instagram-Bild gefällt die Krawatte nicht: flapsiger Kommentar. Bei Twitter postet jemand, wir sollten zur Rentensicherung über mehr Eigenvorsorge und vielleicht ein höheres Renteneintrittsalter diskutieren: schon kommen die Gegen-Tweets, die wahlweise mit einem Hitler-Vergleich enden oder mit der Feststellung „dümmster Mensch ever“.
Umgekehrt ist es genauso: Es gibt kaum einen Gedanken, der heutzutage nicht in Sekunden um die ganze Welt geschickt werden kann – und geschickt wird. Die Diskussionskultur hat gelitten, seitdem sich anscheinend kaum jemand mehr die Zeit nimmt, mal eine Nacht darüber zu schlafen.
Beleidigungen haben heute eine andere Dimension als früher. Schon immer wurden Politiker von ihrem Souverän als Deppen beschimpft. Was am Stammtisch aber unter fünf Leuten gesprochen wurde und flüchtig war, bleibt im Netz ewig und erreicht jeden. Daher versucht die EU wie zum Beispiel mit dem Digital Services Act, für alle Nutzer von Plattformen wie Facebook und Co Meldewege für echte oder bloß empfundene Beleidigungen zu schaffen. Einen freundlicheren Diskurs kann man mit solchen Maßnahmen aber nicht erzwingen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Eines ist völlig klar: Beleidigungen – wem gegenüber auch immer – sind strafbar! Es gibt also auch gegenüber Politikern keine Schutzlücke, die man mit § 188 StGB schließen müsste. Machtkritik genießt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen hohen Schutz, und das ist auch richtig so. Demokratie funktioniert nur, wenn wir uns ohne Ängste vor Repressionen offen über die Verhältnisse in unserem Land austauschen können. Auch vergiftet es die Meinungsfreiheit und unsere Diskussionskultur, wenn man fürchten muss, dass die Polizei demnächst bei einem klingelt. Wir brauchen kein Sonderstrafrecht zum Schutz von Politikern.
Beifall des Abg. Philipp Hartewig [FDP])
Eine Frage sollten wir uns aber stellen: Warum nehmen seit Jahren der Hass und die Hetze im Netz zu, ganz zu schweigen von viel ernsteren Entwicklungen wie der zunehmenden Anzahl von Angriffen auf Rettungskräfte? Der Ton in unserer Gesellschaft wird immer rauer. Die Verunsicherung und die Sorgen der Bürger wachsen. Die Menschen in unserem Land sind durch die vielen internationalen Konflikte und vor allem durch die wirtschaftliche Lage unseres Landes in Sorge. Wenn sich die Menschen um ihre Existenzgrundlage Sorge machen, wird es ruppig.
Wenn Politiker dabei zum Ziel werden, dann liegt das wohl daran, dass wir in den Augen der Bürger keinen guten Job machen. Trotz vieler wichtiger Reformen, die wir in den letzten drei Jahren auf den Weg gebracht haben, sind die wirklich grundlegenden Probleme nicht angegangen worden. Während sich viele andere europäische Länder nach Corona neu aufgestellt haben und über ein gesundes wirtschaftliches Wachstum verfügen, leidet Deutschland an Long Covid. Wir müssen unsere Wirtschaft endlich fit machen, indem wir sie von Steuern und Bürokratie entlasten. Nur so lässt sich der Arbeitsplatzabbau bei unseren Industrieunternehmen verhindern, und nur so erhalten Unternehmen die Spielräume, um neue Stellen zu schaffen.
Wir müssen jetzt die Richtung wechseln und unsere Wirtschaft auf Vordermann bringen. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen gut, und dann gehen sie auch gut miteinander um.
Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Jürgen Braun für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)