Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Botschafter! Wir denken heute an die ukrainischen Familien, die vor dem dritten Kriegswinter stehen und sich auf die deutsche Solidarität verlassen müssen und können. Zu Recht hat Bundeskanzler Scholz daran vor ein paar Tagen in Kyjiw keine Zweifel gelassen: „Wir haben einen langen Atem. Und wir werden an der Seite der Ukraine stehen, so lange, wie das nötig ist.“ Mit Blick auf die FDP-Fraktion, Herr Kollege Dürr, sind wir am heutigen Nikolaustag eher bei Knecht Ruprecht. Ihr Antrag erweckt den Eindruck, dass Sie jetzt endlich Ihr Ziel erreicht haben, nämlich gar nicht zu regieren. Die Art, wie Sie das demonstrieren, ist geradezu eine Bewerbung für die außerparlamentarische Opposition. Wie sieht sie aus, die neue Freiheit, die Sie meinen? Frei von lästigen Fesseln der Verantwortung für einen handlungsfähigen Staat, frei von Zwängen der Teamarbeit unterschiedlicher Partner mit vermeintlich gemeinsamen Zielen, frei von der Verpflichtung, Verträge und Vereinbarungen auch einzuhalten, und wenn Herr Lindner mehr Musk und Milei wagen will, dann kann man sagen: auch offenbar frei von Verstand. Seit Jahren versuchen manche hier im Hause und jetzt auch die FDP in Antragsform, die beeindruckende Hilfe Deutschlands für die bedrohte Ukraine kleinzureden, teilweise sogar lächerlich zu machen. Kann es einen besseren Kronzeugen für die Absurdität Ihrer Haltung geben als den ukrainischen Präsidenten Selenskyj? Dieser hat beim Besuch des Bundeskanzlers in Kyjiw am Montag Folgendes gesagt – ich zitiere wörtlich –: Nach den USA ist Deutschland mit rund 28 Milliarden Euro der größte militärische Unterstützer der Ukraine. Der schwarz-gelbe Dauermeckersound gegenüber dem Bundeskanzler in dieser Frage hat mit der Realität offenkundig nichts zu tun. Und das von einer FDP – das muss ich Ihnen so sagen –, die mitten in internationalen Krisen aus parteitaktischen Gründen systematisch einen Koalitionsbruch vorbereitet hat! Dass Sie das noch mit geschmacklosem Vokabular betiteln – „D-Day“ stand für die Befreiung von den Nazis, nicht für die Befreiung von Rot-Grün, verehrter Herr Dürr –, dass Sie von „offene Feldschlacht“ reden, dass Sie mit dieser Sabotage die eigene Regierung zu Fall bringen, dass Sie die Verantwortung auf Mitarbeiter schieben und nichts davon gewusst haben wollen, das zeigt: Das eigentliche Sicherheitsrisiko in diesem Haus heißt FDP! Wer will mit einer solchen Partei eigentlich noch Vereinbarungen schließen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen? Sie verspotten die Besonnenheit des Bundeskanzlers Olaf Scholz, weil er neben der tatkräftigen Hilfe für die Ukraine auch auf mehr diplomatische Anstrengungen setzt, um diesen schrecklichen Krieg endlich zu beenden. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt unseren Kanzler darin, keine Waffen zu liefern, die weit in das russische Staatsgebiet hineinreichen oder für deren Zielplanung wie beim Taurus-Marschflugkörper deutsche Soldaten benötigt würden, weil wir keine Eskalation des Krieges wollen. Und was tun Sie? Als eine ukrainische Abwehrrakete versehentlich auf polnischem Boden landete, forderte Frau Strack-Zimmermann, noch bevor das aufgeklärt war, eine massive Reaktion der NATO gegen Russland. Und der Kollege Roderich Kiesewetter sagte gegenüber der Deutschen Welle – ich zitiere ihn wörtlich –: Und Friedrich Merz, der Oppositionsführer, der noch auf keiner Ebene exekutive Erfahrungen gesammelt hat, stellte am 16. Oktober im Deutschen Bundestag der Nuklearmacht Russland mal eben ein Ultimatum – auch wenn er davon heute nichts mehr wissen will. Das ist die Lage, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es falsch ist, soziale und äußere Sicherheit gegeneinander auszuspielen und Wasser auf die Mühlen von Populisten und Rechtsradikalen zu leiten, nur weil Sie das Goldene Kalb der Schuldenbremse nicht antasten wollen. Da wundert es nicht, dass Sie über solche Themen im Wahlkampf nicht reden wollen. Ich sage Ihnen: Das wird nichts. Unser Fraktionsvorsitzender hat in seiner Willy-Brandt-Lecture zu Recht gesagt, dass der Souverän, die Menschen in Deutschland, wissen müssen, dass sie einen Anspruch darauf haben, zu erfahren, was die Parteien wollen, wenn es um Krieg und Frieden geht. Bei uns ist es so: Wir unterstützen die Ukraine tatkräftig. Die haben einen eigenständigen Kurs. Wir sorgen aber auch dafür, dass der Krieg nicht eskaliert, dass Deutschland und die NATO nicht Kriegsteilnehmer werden und dass die Menschen sich darauf verlassen können, dass wir solche unbedachten Äußerungen nicht machen, wie das von Ihrem Herrn Oppositionsführer kommt. – Ihr heftiger Protest zeigt doch nur, dass Sie wissen, dass die Bevölkerung genauso denkt; das ist es nämlich. Und darüber werden wir im Wahlkampf natürlich auch zu reden haben. Die entschiedene Unterstützung der Ukraine ohne Eskalation des Krieges und maximale diplomatische Anstrengungen für eine Friedenslösung, die nicht über den Kopf der Ukraine hinweggeht und nicht mit einem Deal zwischen Trump und Putin endet – das wäre nämlich schlecht für die Ukraine –, das ist unser Kurs. Und ich sage noch mal: Wenn Sie glauben, dass Sie das besser wissen als der ukrainische Präsident selbst, den ich hier wörtlich zitiert habe, dann zeigt das eigentlich nur Ihren Hochmut bei diesem Thema. Sie wissen, wie die Menschen in diesem Land denken. Sie glauben, indem man über Waffen nur redet, kommt der Frieden. Das tut er nicht. Es bedarf der Erfahrung eines guten Bundeskanzlers, der internationale Erfahrung hat und der sich der Unterstützung nicht nur der SPD-Fraktion, sondern der Bevölkerung gewiss sein kann. Vielen herzlichen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.