Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der eventuell künftigen Koalition, nicht eine einzige vollständige Sitzungswoche haben Sie abgewartet, um das erste Steuererhöhungsgesetz dieser künftigen Koalition auf den Weg zu bringen. – Liebe Kollegen der FDP, ihr habt nicht eine Woche standgehalten! Noch bevor der Koalitionsvertrag unterschrieben wird, macht ihr die erste Steuererhöhung; das lässt manches ahnen. Ich will mal nicht davon ausgehen, dass Sie gedacht haben, dass es sich, weil der Durchschnittssatz von 10,7 auf 9,5 Prozent gesenkt wird, um eine Steuersenkung handelt. Denn Sie wissen ja sehr wohl, dass durch das System der Durchschnittsbesteuerung eine Senkung des Durchschnittssteuersatzes zu einer zusätzlichen Belastung der Landwirte führt. Es ist wahr, dass die Europäische Kommission die Senkung des Durchschnittssteuersatzes angemahnt hat; das ist so. Das wissen auch wir. Deshalb hatte ja auch das Finanzministerium im Sommer dieses Jahres eine Absenkung auf 9,6 Prozent vorgeschlagen. In der Zwischenzeit haben wir die Bemessungsgrundlage verändert, sodass eine erhebliche Zahl von landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr durch die Durchschnittsbesteuerung begünstigt wird. Seit dem Jahressteuergesetz 2020 dürfen Landwirte mit einem Umsatz über 600 000 Euro gar nicht pauschalieren. Warum dann aber der Steuersatz, den das BMF heute vorschlägt, mit 9,5 Prozent noch niedriger ist, obwohl wir weniger Begünstigte haben, das werden wir uns am Montag in der Anhörung sehr genau erklären lassen. Das konnte uns bisher nämlich niemand tatsächlich transparent machen. Man könnte meinen, 0,1 Prozentpunkte wären eine Kleinigkeit. Nein, das sind 8 Millionen Euro für die Landwirte und Landwirtinnen. Das wollen wir am Montag hinterfragen. Es war im Referentenentwurf aber noch schlimmer. Nicht nur, dass die Zahlen nicht transparent gemacht werden, es wurde zudem deutlich, dass das Finanzministerium auch in Zukunft das Parlament eher als lästig empfindet. Es war nämlich vorgesehen, dass künftig die Anpassungen des Pauschalsatzes allein durch das BMF erfolgen sollen, also durch Schreiben eines Ministers. Dass der Tarif auf Rädern, liebe Kollegen von der FDP, von Ihnen so gemeint war, dass er automatisch zu Steuererhöhungen führt, war mir bisher nicht klar, aber Sie werden es mir gleich bestimmt erklären können. Unsere Landwirtschaftsministerin Klöckner hat das abgewiesen. Wir werden jedes Mal wieder im Parlament darüber diskutieren müssen und werden uns die Zahlen jeweils vorrechnen lassen. Insgesamt ist dieser erste Gesetzentwurf aber natürlich ein schlechtes Omen für die Zukunft. Denn wenn ich mir die Sondierungspapiere ansehe und die Diskussionen von Ihnen anhöre, so zeigt sich: Es gibt weder Vorsorge hinsichtlich der reduzierten Besteuerung der Renten noch Maßnahmen, den Steuererstattungszinssatz zu reduzieren – beides Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes. Liebe FDP, Sie haben im Sondierungspapier auch keine Vorsorge hinsichtlich der kalten Progression getroffen. Obwohl die Progression in diesem Jahr wieder Auswirkungen haben wird, nämlich fast 4 Milliarden Euro für die Bürgerinnen und Bürger, haben Sie nicht sichergestellt, dass sie neutralisiert wird. Das wird die nächste Steuererhöhung, die Sie in diesem Haus beschließen werden. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Wir werden Sie ermahnen und Ihnen Ihre Wahlprogramme vorhalten. Da nützt es auch gar nichts, dass eventuell ein FDP-Minister diese Verordnung beschließt. Wir brauchen die parlamentarische Kontrolle. Diese werden Sie garantiert auch von uns in der Opposition bekommen.