Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik sollte mit dem Betrachten der Realität beginnen. Wenn wir also heute über den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Verbesserung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge debattieren, so lohnt sich ein Blick in den aktuellen Alterssicherungsbericht, der die Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge in Deutschland zum Ende letzten Jahres darstellt. Auf über 280 Seiten beschreibt der Bericht die aktuelle Versorgungssituation und die Anwartschaften auf zusätzliche Altersvorsorge der Menschen in unserem Lande. Dabei kommt der Bericht zu folgenden zentralen Aussagen: Erstens. Die Hauptsäule der Altersvorsorge ist und bleibt die gesetzliche Rentenversicherung. Und das ist auch gut so. Zweitens. Lediglich die Hälfte der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten verfügen über eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge, und deren Verbreitung steigt mit der Betriebsgröße an. Drittens – und das ist geradezu eine triviale Erkenntnis –: Mit steigendem Einkommen steigt auch die Verbreitung der privaten Altersvorsorge. Viertens. Der Bestand der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, also Riester, nimmt seit 2018 stetig ab, und die Gründe dafür sind zu hohe Bürokratie, Komplexität und ein mangelndes Angebot attraktiver Anlageformen. Fünftens. Im Endergebnis verfügen 62,1 Prozent der Arbeitnehmer über mindestens eine zusätzliche Altersvorsorge. Und das ist das Bedenkliche, weil das im Umkehrschluss bedeutet, dass demnach rund 38 Prozent keine zusätzliche Altersvorsorge neben der gesetzlichen Rentenversicherung besitzen. Bei Arbeitnehmern mit geringem Einkommen sieht es noch düsterer aus; denn hier haben mit 54,7 Prozent mehr als die Hälfte keine zusätzliche Altersvorsorge. Wenn wir uns also als Politik an der Realität orientieren, dann sollten wir uns insbesondere die Frage stellen, ob gerade Menschen mit geringem Einkommen in kleineren Betrieben von den gemachten Vorschlägen profitieren. Als CDU/CSU-Fraktion war es uns schon in der letzten großen Koalition besonders wichtig, die Riester-Rente zu reformieren. Die Weiterentwicklung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge über einen renditeträchtiges Riester-Standardprodukt hatten wir sogar ausdrücklich im Koalitionsvertrag fest vereinbart. Es wurde eigens eine Rentenkommission eingesetzt und flankierende Fraktionsarbeitsgruppen, die alle zu der Empfehlung kamen, die Riester-Rente leistungsfähiger, bürokratieärmer und damit zukunftssicherer zu machen. Alle Vorschläge wurden an den damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz adressiert. Doch der reagierte mit Vertrösten, mit Bremsen und letztendlich mit Verweigern. Ich selbst sprach ihn damals auf die notwendigen Reformschritte an, und er versicherte mir im Dezember 2020, dass er nach Weihnachten wirklich gute Reformvorschläge unterbreiten wolle. Ich frage mich noch heute, welches Weihnachten er wohl gemeint hat. Insofern hat es uns gefreut, dass das BMF in jüngster Vergangenheit den gerissenen Faden wieder aufgenommen hat und über die „Fokusgruppe zur privaten Altersvorsorge“ eine Reihe von wichtigen Reformschritten entwickelt hat, die von meiner Fraktion konstruktiv begleitet und weitestgehend auch unterstützt werden. So unterstützen wir die optionale Absenkung der Bruttobeitragsgarantie und die Erweiterung des Förderberechtigtenkreises um die selbstständig Tätigen. Gerade diese Gruppe benötigt ein attraktives Instrument, um gezielt vorzusorgen. Wir begrüßen ebenfalls die Anpassung des Förderhöchstbetrages, schlagen aber hier die Anlehnung in Höhe von 3 Prozent an die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung vor. Dadurch würde eine haushaltsschonendere und gleichzeitig dynamisierte Förderhöchstgrenze geschaffen. Die Einführung einer beitragsproportionalen Zulagenförderung, bei der für jeden gesparten Euro ein fester Prozentsatz an Grund- und Kinderzulage gewährt wird, geht ebenfalls in die richtige Richtung. Hierbei dürfen sich aber besonders Familien mit Kindern nicht schlechter stellen als vor der Reform. Die Einführung eines Altersvorsorgedepots deckt sich ebenfalls mit den aktuellen Verhaltensweisen vieler Sparer. Die ratierliche Ansparung von Eigenbeiträgen in Fonds ohne Beitragsgarantie nutzt die Chancen des Kapitalmarktes und streut gleichzeitig das Anlagerisiko. Die Anlage in Einzelaktien hingegen lehnen wir ab, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Bei alledem muss auch der Bestand der bestehenden Riester-Verträge mitgedacht werden. Sie sollten, nein, sie müssen von den verbesserten Bedingungen profitieren. Insofern muss ihnen auch ein Wechsel auf die verbesserte Förderkulisse ermöglicht werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Ihr Gesetzentwurf adressiert eine ganze Menge wichtiger und richtiger Punkte, die zu einer stärkeren Verbreitung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge beitragen dürften. Es fehlt aber ein ganz entscheidender Baustein in Ihrem Konzept. Hier mögen die Kolleginnen und Kollegen der SPD mal genau zuhören, die überall die Mär verbreiten, die Union kümmere sich mit ihren Konzepten nur um die „bösen“ Reichen. Denn uns geht es vor allem um jene Menschen in unserem Lande, denen es aus mangelnden Einkommen schlicht und einfach nicht möglich ist, eine zusätzliche Altersvorsorge anzusparen, Menschen, bei denen am Ende des Portemonnaies noch mehr oder minder viel Monat übrig bleibt, Menschen, die nicht in der Lage sind, selbst kleinste Sparbeiträge aufzubringen, um der Gefahr einer Altersarmut zu entgehen. Hier plädieren wir für ein zusätzliches Altersvorsorgerecht, das jedem Geringverdiener den Einstieg in eine zusätzliche Vorsorge ermöglicht, die bei steigenden Einkommen dann mit Eigenbeiträgen fortgeführt werden kann. Meine Fraktion wird das Thema weiterhin sehr konstruktiv verfolgen. Die Menschen in unserem Lande können sicher sein, dass die Union eine zusätzliche Altersvorsorge für alle Menschen ermöglichen möchte. Wenn auch nicht auf den letzten Metern dieser Legislaturperiode, dann aber unmittelbar in der neuen Legislaturperiode! Vielen Dank.